Augsburger Allgemeine (Land West)
Das Risiko hinter den Indexfonds
Finanzen Sogenannte Exchange Traded Funds gelten als sicher und günstig, viele Banken legen sie den Sparern ans Herz. Warum aber auch bei einigen dieser scheinbar gefahrlosen Produkte Vorsicht geboten ist
den Insolvenzen von Schiffsfondsgesellschaften, Unternehmensanleihen oder auch Anlagen in nachhaltige Energien fragen sich viele Anleger, wie sie ihr Geld investieren sollen. Eine sehr beliebte Anlageform sind die sogenannten Exchange Traded Funds, kurz genannt ETFs. Wer diese Fonds kauft, beteiligt sich an einem Index, etwa am Deutschen Leitindex Dax oder am Nasdaq 100, ohne dass er alle darin gelisteten Aktien selbst oder einzeln in sein Depot legen müsste.
Weil die Indexfonds die Börsenindizes nachzeichnen, sind die Verwaltungskosten nicht so hoch, als wenn sich der Fonds die darin abgebildeten Werte selbst aussuchen müsste. Daher auch die Be- zeichnung als passive Fonds. Bei den Banken wird die Vergabe von ETFs immer beliebter. Dem Anleger werden sie wegen der geringeren Verwaltungskosten heiß empfohlen. Die Branche ist kreativ und kreiert immer exotischere Fonds: Es wurden ETFs konstruiert, mit denen Anleger in Öl, Gold oder Agrarprodukte investieren können. Zu den jüngsten Produkten gehört ein Fonds, der Anleger auf DrohnenFabrikanten wetten lässt. Ein anderer setzt auf die Vorliebe vieler Verbraucher für Bio-Lebensmittel, nur ein Marihuana-ETF ist an juristischen Hürden gescheitert.
Mittlerweile gibt es aber auch bei dieser Anlageform Warnungen von prominenter Stelle. John C. BoNach gle, ein 87 Jahre alter US-amerikanischer Unternehmer und Autor, warnt vor ETFs. Zunächst hat sich Bogle damit beschäftigt, selbst ETFs zu kreieren, nun gerät er zum Warner.
Denn wenn der Wert des Korbs stärker steigt als die Kurse der Aktien, die darin liegen, dann bildet der ETF nicht mehr den Wert dieses Aktienkorbes akkurat ab: Der Unterschied zwischen dem Preis der Aktie im freien Handel und dem im ETF-Korb muss dann durch geschickte Käufe und Verkäufe von Aktien beziehungsweise von ETFs selbst ausgeglichen werden.
Ein Beispiel: Apple stellt ein neues iPhone vor und die Aktie des Unternehmens schnellt in die Höhe, während der ETF, der den Aktienkurs abbilden soll, diesen Sprung nicht mitmacht. Das liegt daran, dass in diesem Moment die Nachfrage nach dem ETF geringer ist als nach der Einzelaktie. Also muss der ETF in großen Mengen gekauft werden und die Aktie in großen Mengen verkauft werden, um den Kurs wieder anzugleichen.
Dieses künstliche Eingreifen dämpft auch andere in dem Korb enthaltene Aktien, sodass beispielsweise der Aktienwert eines Autoherstellers mitsinkt, obwohl dessen Geschäfte keinen Einbruch erlitten haben. Die Folge: Je mehr Anleger in ETFs investieren, desto künstlicher wird der Marktwert der jeweiligen Einzelaktien. Also ist auch bei einem Produkt, das scheinbar gefahrlos daherkommt, Vorsicht geboten.
Teilweise werden ETFs sogar an Hedgefonds verliehen, die dann damit spekulieren. Das bringt eine Leihgebühr, setzt den Anleger aber dem Risiko aus, die Werte nicht wiederzubekommen, wenn der Ausleiher „pleite geht“. Also ist auch bei einem Produkt, das scheinbar gefahrlos daherkommt, Vorsicht geboten.
Daniela Bergdolt ist Fachanwältin für Kapitalmarktrecht und Vizepräsidentin der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz.