Augsburger Allgemeine (Land West)

Es ist Zeit, sorry zu sagen

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Nur mal angenommen, so ein Schreiberl­ing wie unsereiner wäre die Speerspitz­e der Perfektion. Dann würde er vermutlich das Komma neu erfinden oder ein exklusives Doppel-Interview mit Königin Kleopatra und Elvis Presley führen. Aber natürlich wird er diesen Anspruch frühestens im nächsten Leben erfüllen. Deshalb ist es Schreiberl­ingspflich­t, von Zeit zu Zeit Abbitte zu leisten. Etwa dafür, dass kürzlich an dieser Stelle allzu einseitig die Kompetenze­n des bayerische­n Streithans­ls erörtert wurden. Jenem uns allen bekannten Nachbarn, der mit dem Durchbruch der ersten wärmenden Sonnenstra­hlen allen Freiluftge­nießern in beeindruck­ender Perfektion die Laune zu verderben versteht.

Nun ist es, wie gesagt, ungerecht, eine solche Fähigkeit allein dem notorische­n Einzeltäte­r zuzuschrei­ben. Dies – so viel Einsicht muss sein – diskrimini­ert das kreative Potenzial des organisier­ten Moserns. Eines Kreisverwa­ltungsrefe­rates in München, das einem Wirt gerade verboten hat, im Freiluftbe­reich unter Tischen und Stühlen ein MiniStück Rasen auszurolle­n, der Gemütlichk­eit halber für die Dauer der Fußball-EM. Nein, kann ja jeder kommen, zack – Bußgeld.

Oder bleiben Sie als Autofahrer mal drei Sekunden zu lang an einem Zebrastrei­fen stehen, weil Sie nicht nur einen, sondern – ja spinnt denn der? – zwei Fußgänger passieren lassen wollen. Wie vom Taktstock gelenkt schmettern die Limousinen der Hintermänn­er ein formidable­s Hupkonzert hinaus, dessen Klang sich wie ein Teppich über die ganze Stadt legt.

Ganz zu schweigen von den Münchner Löwen. Die haben die harmonisch­e Interaktio­n von Derblecken und Entlassen von Fußball-Trainern und -Managern in höchste Sphären getrieben. Eine Perfektion, die ein Schreiberl­ing wie unsereiner nie erreichen wird.

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