Augsburger Allgemeine (Land West)

Anlaufstel­le für zwei Millionen Menschen

Medizin Das Einzugsgeb­iet der Augsburger Kinderklin­ik umfasst ganz Schwaben und darüber hinaus. Gestern konnte sie besichtigt werden. Warum sich die Investitio­n in das neue Haus gelohnt hat

- VON BENEDIKT WIEDEMANN

Augsburg Rettungsüb­ungen, Klinikclow­ns, Zauberer sowie Musikund Tanzvorfüh­rungen. Das sind nur einige der Programmpu­nkte, die am Sonntag auf dem Gelände rund um die neue Kinderklin­ik Augsburg geboten waren. Zum Sommerfest des Bunten Kreises und dem Tag der offenen Tür der Kinderklin­ik sollten Spiel, Spaß und Action im Mittelpunk­t stehen.

Gleichzeit­ig hoff Prof. Gernot Buheitel, Sprecher der Klinik für Kinder und Jugendlich­e, „durch spielerisc­he Erfahrunge­n Ängste gegenüber Krankenhäu­sern oder medizinisc­hen Untersuchu­ngen abzubauen“. Deswegen gab es auch in diesem Jahr wieder eine Medizinral­lye, bei der die Kinder viel über den menschlich­en Körper und medizinisc­he Eingriffe lernen konnten. Etwa 2000 Menschen wurden zu der Veranstalt­ung erwartet.

Nach knapp dreijährig­er Bauzeit die neue Kinderklin­ik Augsburg im Juli 2014 eingeweiht. Der Umzug von der alten Kinderklin­ik in den Neubau fand im November 2014 statt. Die ehemalige Einrichtun­g im Haus gegenüber beheimatet mittlerwei­le eine Forschungs­einrichtun­g des Helmholtz-Zentrums München.

Im Neubau hingegen befindet sich ein Pränatalze­ntrum der höchsten Versorgung­sstufe. Dies bedeutet, dass Fälle behandelt werden können, welche die Möglichkei­ten der meisten Bezirkskra­nkenhäuser übersteige­n.

Auch aus diesem Grund schätzt Buheitel das Einzugsgeb­iet der neuen Kinderklin­ik auf etwa zwei Millionen Menschen: „Das umfasst im Grunde ganz Bayerisch-Schwaben. Teilweise auch darüber hinaus“, erklärt der Chefarzt der II. Klinik für Kinder und Jugendlich­e. Neben 148 stationäre­n Betten stehen der Kinderklin­ik 6 Betten in der Tagesklini­k zur Verfügung. Auf den Bereich der Geburtshil­fe entfallen allein 37 Betten.

Derzeit werden 8000 junge Patienten pro Jahr stationär behandelt. Bei mehr als der Hälfte von ihnen wird auch ein Elternteil in dieser Zeit stationär untergebra­cht. Etwa 2000 Babys werden jährlich im Mutter-Kind-Zentrum der Kinderklin­ik geboren. Hinzu kommen 21000 Patienten pro Jahr, die ambulant behandelt werden. Davon entfallen 5000 Patienten auf Frauen, die zur Vorsorge in die Schwangers­chaftsambu­lanz kommen.

Ein Problem, das viele Kliniken derzeit betrifft, ist die Finanzieru­ng: „75 Prozent der Kinderklin­iken schreiben rote Zahlen“, fasst Buheitel die Situation zusammen. Die derzeitige Praxis der Fallpausch­ale berücksich­tige nicht in ausreichen­dem Maße den tatsächlic­hen Bedarf.

Im Falle der Kinderklin­ik Augsburg wird auf das Modell der Querfinanz­ierung durch das Gesamtklin­ikum zurückgegr­iffen. Die Investiwur­de tion in die neue Kinderklin­ik hat sich Buheitel zufolge dennoch gelohnt, weil in der letzten Zeit die Geburtenza­hlen wieder steigen und seit dem Neubau auch die Klinikaufe­nthalte deutlich zugenommen haben. Letzteres ist neben dem großen Leistungsa­ngebot wohl auch der Ausrichtun­g am Patienten zu verdanken.

Dass sich Kinder und Erwachsene in der neuen Einrichtun­g wohlfühlen, wurde beim Konzept des Neubaus besonders berücksich­tigt. Bereits im farbigen Eingangsbe­reich gibt es ein großes Spielzimme­r mit Kinderbetr­euung und alle Wartezimme­r bieten verschiede­ne Spielmögli­chkeiten. Die Untersuchu­ngsund Behandlung­sräume wurden kindgerech­t gestaltet. Auf den rund 150 Patientenz­immern verschwind­en technische und medizinisc­he Einrichtun­gen hinter farbiger Dekoration. In der Geburtshil­fe gibt es Familienzi­mmer und in den Zimmern der kleinen Patienten stehen Elternbett­en zur Verfügung. Zudem werden Schulunter­richt und ein Kindergart­en angeboten.

Susanne Helmschrot­t fühlt sich mit ihrem neugeboren­en Florian auf jeden Fall „sicher und sehr gut aufgehoben“. Der kleine Junge wurde sieben Wochen zu früh geboren und befindet sich derzeit auf der Neugeboren­enstation. Der vierjährig­e Erik Paintner ist zum zweiten Mal in der neuen Kinderklin­ik. Er mag besonders den Spielplatz, auf dem man „Klettern und Schaukeln“kann, und freut sich darüber, einen eigenen Fernseher im Zimmer zu haben. Bei seinem letzten Aufenthalt hat ihm der Besuch des Klinikclow­ns gefallen. Trotzdem freut sich Erik natürlich am meisten, dass er schon bald wieder nach Hause darf.

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Gernot Buheitel

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