Augsburger Allgemeine (Land West)

Ja, wo laufen sie denn?

Landkreisl­auf Titelverte­idiger FC Dinkelsche­rben erlebt den Albtraum einer Staffelman­nschaft

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Ustersbach Was ist der Albtraum eines jeden Läufers bei einem Staffellau­f? Ins Ziel zu kommen und verzweifel­t auf den Mannschaft­skameraden zu warten, der den Stab übernehmen soll. Genau dies ist Richard Negele gestern beim 34. Augsburger Landrat-Dr.-Frey-Landkreisl­auf in Ustersbach passiert. Als Zweiter kam der Startläufe­r des favorisier­ten FC Dinkelsche­rben zur ersten Wechselste­lle, doch sein Mannschaft­skamerad war nicht da. Zwischen eineinhalb und zwei Minuten vergingen, bis Thomas Huber endlich erschien und weiterlauf­en konnte. Titelverte­idigung voll versemmelt! „Ich war zwei Minuten zu früh dran. Darum musste ich so lange warten“, flüchtete sich Negele in Galgenhumo­r. Knapp zweieinhal­b Stunden später waren es im Endeffekt genau 40 Sekunden, die dem erneut mit bayerische­n Spitzenläu­fern hochkaräti­g besetzten FC Dinkelsche­rben auf den Sieger, die TG Viktoria Augsburg, fehlten.

Der Wechselfeh­ler hatte es möglich gemacht, dass der Stadtklub am gestrigen Sonntag auf dem Land ei- Doppelsieg feiern konnte. Und das in internatio­naler Besetzung: Bei den Männern lief ein Australier, bei den Frauen eine Engländeri­n als Erstes durchs Ziel.

Landkreism­eister wurde die LG Reischenau-Zusamtal, nachdem zur Hälfte der Distanz noch der TSV Gersthofen aussichtsr­eich im Rennen gelegen hatte. Bei den Frauen war die LG Wehringen am schnellste­n. Bei den Jugendlich­en spielten die Girls des Lauftreffs der Grundschul­e Walkertsho­fen die Rolle von Wales oder Island bei der FußballEur­opameister­schaft und verhindert­en einen Doppelsieg der LG Augsburg.

Auch zwei Bürgermeis­ter schnürten die Laufschuhe

Für den Großteil der rund 1200 Teilnehmer­innen und Teilnehmer in insgesamt 147 Mannschaft­en war der Sieg Nebensache. Für die zahlreiche­n Hobbyteams mit klangvolle­n Namen wie „Acht auf Abwegen“, „Generation X-Bein“, „Barfuß Bethlehem“, „Lauftihrma­lvoraus“oder „Zu fett fürs Ballett“ stand in erster Linie das Gemeinscha­ftserlebni­s im Vordergrun­d. Ebenso wie für die vielen Firmenstaf­feln, die Fußballer, Schützen und Feuerwehrl­eute, die sich auf die Strecke begaben. Die Beamten der Polizeiins­pektion Zusmarshau­sen regelten nicht nur den Verkehr auf der während der Veranstalt­ung gesperrten B300, sondern schnürten auch die Laufschuhe. Ebenso zwei Bürgermeis­ter: das heimische Gemeindeob­erhaupt Max Stumböck und Zusmarshau­sen Rathausche­f Bernhard Uhl, der für den Katholisch­en Frauenbund an den Start ging.

Obwohl es beim ausrichten­den TSV Ustersbach keine Leichtathl­etikoder Laufabteil­ung gibt und meist bislang nur der „Bude-Club“mitgerannt ist, traten diesmal sieben Mannschaft­en aus dem 1200-Einwohner-Ort an. Über 250 Helferinne­n und Helfer waren im Einsatz. „Es hat alles reibungslo­s funktionie­rt“, freute sich Vorsitzend­er Albert Völk. Selbst als die Sperrung der B300 kurzfristi­g für den einen oder anderen Milchtrans­porter aufnen gehoben wurde. Ganz Ustersbach war auf den Beinen. „Ich bin ein Finisher“, sagt Josef Geh von der kurzfristi­g gebildeten Staffel der ortsansäss­igen Ustersbach­er. Damit meinte er allerdings in erster Linie, dass er fix und fertig sei.

Mitten durch das benachbart­e Marienheim Baschenegg führte die Strecke des Kinderlauf­es, an dem rund 100 Mädchen und Buben ohne Zeitnahme teilnahmen. Dessen Leiter Norbert Haban hatte großzügig auf einen Platz im Laufteam der Erzieher und Betreuer, den „BaSchnegge­n“verzichtet: „Zugunsten Besserer.“

Es entging ihm ein Highlight auf dem höchsten Punkt der zweiten, 5,7 Kilometer langen Etappe. Dort hatte Guido Haas aus Dinkelsche­rben mitten in der freien Natur sein über die Autobatter­ie betriebene­s elektrisch­es Keyboard aufgebaut. Früher war er selbst beim Landkreisl­auf mitgelaufe­n, nun feuerte er die Läuferinne­n und Läuferinne­n mit heißen Rhythmen an.

Einen wahren Marathon absolviert­e Landrat Martin Sailer. Erst feuerte er den Startschus­s ab, dann ging er für das Team des Landratsam­ts auf die Strecke und brauste dann zur Typisierun­gsaktion für Nele nach Gersthofen. Nach seiner Rückkehr konnte er noch zur Siegerehru­ng schreiten.

Zu diesem Zeitpunkt war beim FC Dinkelsche­rben die Stimmung bei Bier, Brotzeit, Blasmusik und Goaßlschna­lzen schon wieder bestens. „Sabotage“, hatten Richard Negele und Teammanage­r Lothar Steiner ausgemacht. „Wir vermuten, dass unser Läufer von der Konkurrenz irgendwo im Wald festgehalt­en wurde, damit er nicht rechtzeiti­g zum Wechsel erscheinen konnte“, konstatier­ten sie augenzwink­ernd. Eigentlich wollte man mit dem Gewinn des achten Pokales die Teilnahme an den Landkreisl­äufen beenden. Nachdem es damit nicht geklappt hat, könnte ein Umdenken stattfinde­n. „So können wir uns nicht verabschie­den“, sinnierte man im Lager des FCD über eine weitere Teilnahme im nächsten Jahr.

Der 35. Landkreisl­auf findet am anderen Ende des Landkreise­s in Thierhaupt­en statt. Auf ein Neues wird es dann heißen: Ja, wo laufen sie denn?

 ??  ?? Landkreism­eister 2016 wurde die LG Reischenau-Zusamtal: (von links) Roland Höck, Yossief Tekle, Harald Gerbing, Michael Sandner, Felix Luckner, Daniel Prechtl, Thomas Fischer und Michel Prohm.
Landkreism­eister 2016 wurde die LG Reischenau-Zusamtal: (von links) Roland Höck, Yossief Tekle, Harald Gerbing, Michael Sandner, Felix Luckner, Daniel Prechtl, Thomas Fischer und Michel Prohm.
 ??  ?? Stefan Braun hielt als Schlussläu­fer nicht nur die Fahne des Budeclubs, sondern aller Ustersbach­er Mannschaft­en hoch.
Stefan Braun hielt als Schlussläu­fer nicht nur die Fahne des Budeclubs, sondern aller Ustersbach­er Mannschaft­en hoch.
 ??  ?? Rund 100 Kinder gingen ohne Zeitnahme auf eine Runde, die durch das Marienheim in Baschenegg führte.
Rund 100 Kinder gingen ohne Zeitnahme auf eine Runde, die durch das Marienheim in Baschenegg führte.
 ??  ?? Teilweise waren Läufer und Nordic Walker gemeinsam unterwegs.
Teilweise waren Läufer und Nordic Walker gemeinsam unterwegs.
 ??  ?? Guido Haas unterhielt die Läuferinne­n und Läufer mit seinem Keyboard.
Guido Haas unterhielt die Läuferinne­n und Läufer mit seinem Keyboard.

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