Augsburger Allgemeine (Land West)
Eine Herztransplantation ermöglicht ihm ein zweites Leben
Gesundheit Stefan Gumpingers Herz hatte ohne Vorwarnung versagt. Nun möchte er einen Beitrag leisten, damit auch andere eine zweite Chance erhalten
Münsterhausen An jedem 27. des Monats zündet er für seinen Lebensretter eine Kerze an. Stefan Gumpinger aus Münsterhausen weiß von diesem nicht viel. Nur, dass er männlich war und bereit, sein Herz zu spenden, um einem anderen Menschen das Leben zu schenken, das er nicht mehr führen konnte. Nächsten Monat jährt sich die Herztransplantation, die dem jungen Stefan Gumpinger ein zweites Leben ermöglicht. Mit einem Informationsabend über die Deutsche Stiftung Organtransplantation hat er nun viele Menschen weit über die Staudenregion hinaus bewegt.
Mit 24 Jahren hatte sein Herz ohne Vorwarnung versagt. Ein Jahr lang lebte der gelernte Schreiner mit einem Rucksack, in dem eine Pumpe verstaut war, die ihn am Leben erhielt. Doch diese Technik ist nicht auf Dauer angelegt. Der kraftvolle junge Mann magerte ab auf 55 Kilo bei einer Körpergröße von 1,85 Metern. Dann, vor knapp einem Jahr – Stefan ist so ausgezehrt, dass ihm bereits das Laufen schwerfällt – der Gau: Am Morgen des Kontrolltags in Großhadern, dem 7. Juli 2015, erleidet Stefan einen Schlaganfall. Die Pumpe hat ein Blutgerinsel in sein Gehirn geschwemmt.
Stefan kommt auf die Dringlichkeitsliste für ein Spenderorgan. Und er darf nicht mehr nach Hause. Von der Großklinik im Münchner Westen wird er in das Wartekrankenhaus in Neuwittelsbach verlegt, in dem er auf einer speziellen Intensivstation warten muss, bis ein passendes Herz gefunden ist. Er teilt seinen Raum mit drei Männern, die wie er und rund 10000 andere in Deutschland nur noch eine Hoffnung haben: ein Spenderherz. Er ist mit Abstand der Jüngste. Drei bis fünf Monate, so erklärt man ihm, werde es wohl dauern, bis es so weit ist. In der Zwischenzeit: Hoffnung auf ein besseres Leben, aber auch unendliches Warten. Und immer auch die Besorgnis: Wird es gut gehen? Ein Bettnachbar wurde bereits fünfmal zur Operation vorbereitet, doch im letzten Moment zeigte sich, dass es Unvereinbarkeiten gab. Ein Kollege hatte schon eine Transplantation hinter sich, doch es kam zu Abstoßreaktionen. „Das sind die Themen in diesem Wartekrankenhaus.“Ein anderer, er hat die Blutgruppe 0, wartet und wartet. Doch Stefan Gumpinger ist die Ausnahme – nach nicht einmal drei Wochen ein passendes Herz zu finden. „Am 27. Juli, um 7 Uhr früh, kam ein Pfleger und teilte mir mit, dass ein Spenderherz gefunden sei. Ich musste ganz schnell alles zusammenpacken und hatte gerade noch Zeit, meine Eltern zu informieren, dann ging es schon nach Großhadern. Dort wurde ich auf die Operation vorbereitet.“Die Transplantation dauert die ganze Nacht. Um 19.30 Uhr wird begonnen, zwölf Stunden später hat Stefan Gumpinger ein neues Herz.
Eine Woche bleibt er auf der Intensivstation, seine Nieren machen Probleme, dann folgen fünf Wochen auf der Station und ein Rehaaufenthalt in Isny. Stefans neues Herz muss den fremden Körper erst kennenlernen. „Manchmal wache ich auf, weil mein Herz ganz stark pumpt. Aber es wird seltener. Mein Herz ist lernfähig.“Und sein Körper muss aufgebaut werden: „Ich habe schon sechs Kilo zugenommen“, verrät er. „Ich gehe spazieren und fahre Rad, mache leichtes Training und ich kann auch schon Rasen mähen.“
Stefan kommt in der Zwischenzeit mit acht Tabletten am Tag aus. Und er hat schon Zukunftspläne: „Noch bin ich verrentet, aber wenn die Rente ausläuft, will ich eine Umschulung machen. Als Schreiner kann ich ja nicht mehr arbeiten. Ich helfe derzeit ein paar Stunden auf einem Komposthof, wo ich Fahrzeuge bediene. Das macht mir Spaß. Ich will mich deshalb zum Kraftfahrer umschulen lassen.“
Das Schicksal hat es Stefan Gumpinger nicht leicht gemacht. Aber es hat ihn zu einem reifen, verantwortungsbewussten Mann gemacht, der Freude am Leben empfinden kann und den Wert des Lebens zu schätzen weiß. Einem Menschen, der nie vergisst, wem er sein Leben zu verdanken hat.
Und was wirklich zählt in einem Menschenleben. „Was sind schon Reichtum und Macht? Was wirklich zählt, ist die Gesundheit.“Und auch die Hilfsbereitschaft der Menschen. Deshalb dankt er jeden Monat seinem anonymen Spender. „Ich darf mir erst nach zwei Jahren einen Kontakt zu den Angehörigen des Spenders vermitteln lassen. Wenn die dann einverstanden sind, könnten wir uns auch treffen.“