Augsburger Allgemeine (Land West)
Sie ist stets die Erste
Porträt Vor Brigitta Brunner stand noch keine Frau an der Spitze einer bayerischen Bezirksregierung. Jetzt in Oberbayern, bis 2014 in der Oberpfalz. Warum ihr das gelingt
Es ist zweieinhalb Jahre her, da soll Brigitta Brunner das Wasser in den Augen gestanden haben. Wie das halt bei Abschieden manchmal ist, wenn man ein Tränchen verdrückt. Auf eigenen Wunsch hat sie nach rund sechs Jahren ihr Amt als Präsidentin der Regierung der Oberpfalz abgegeben, um nach München zu gehen. Die Spitzenbeamtin, die mindestens Verwaltungsgeschichte schrieb (erste Frau als Chefin einer Bezirksregierung in Bayern überhaupt), wurde damals Leiterin der Abteilung für Verfassungsschutz und Cybersicherheit im Innenministerium. Minister Joachim Herrmann (CSU) versicherte seinerzeit, dass es von ihm keine Abwerbeversuche gegeben habe, und erwähnte die „familienfreundliche Personalpolitik“seines Hauses, private Wünsche möglichst zu erfüllen. Denn die 53-Jährige wollte zurück in die Landeshauptstadt, wo ihr Mann lebt. Ihre permanente Pendelei war ebenso wenig eine Dauerlösung wie eine Fernbeziehung.
Leicht ist es der Juristin, 1962 im oberpfälzischen Oberviechtach geboren, dennoch nicht gefallen, Regensburg 2014 zu verlassen. Sie war geschätzt und beliebt bei Kommunalpolitikern und Mitarbeitern gleichermaßen. Das hat auch mit Brunners Fach- und Führungskompetenz zu tun, die sie sich im Laufe der vergangenen 25 Jahre angeeignet hat. Und mit ihrer herzlichen Art.
Ihr Wechsel nun an die Spitze der Regierung von Oberbayern, die 34 nachgeordnete staatli- che Behörden berät und beaufsichtigt, ist eine Rückkehr zu den Wurzeln. Denn 1990 war die Bauabteilung dort ihre erste Station nach der zweiten juristischen Staatsprüfung. Oberbayern ist etwa halb so groß wie Belgien und der größte der sieben bayerischen Regierungsbezirke. Das wird auch an der Zahl der Mitarbeiter deutlich. Brigitta Brunner hat letztlich Verantwortung für rund 1200 Beschäftigte – alles eine Nummer größer als in der Oberpfalz. Das Kabinett betrachtet sie als Ideallösung und berief sie vor einer Woche zur Nachfolgerin von Christoph Hillenbrand, der seit 1. Juli Präsident des Bayerischen Obersten Rechnungshofes ist. Brigitta Brunner wird ein heiteres Wesen nachgesagt. Ihren Humor verliert sie auch in schwierigen Situationen nicht. Wer Brunners Lachen hört, wird es so schnell nicht vergessen – es ist herzlich, kommt von innen heraus, wirkt nicht aufgesetzt. Das und ihre Begabung auf Menschen zuzugehen, dürfte ihr zugutekommen.
Formell ist die 53 Jahre alte Staatsbeamtin bereits seit Freitag Regierungspräsidentin Oberbayerns. Doch in das neue Amt wird sie erst an diesem Mittwoch offiziell eingeführt. Am ersten Tag ihrer „Regierungszeit“war sie nicht zu sprechen, abgetaucht. Vor der Arbeit, die auf sie zukommt, wollte Brigitta Brunner kurz durchschnaufen und sich einen Überblick über die Dinge verschaffen, die anstehen. Viel Zeit hatte sie dafür wahrlich nicht bei diesem fast „fliegenden Wechsel“. Till Hofmann