Augsburger Allgemeine (Land West)
Gefährlich lässig
Sie unterstützen den Islamischen Staat oder die Hamas, sie führen Krieg im Jemen oder gehen brutal gegen Oppositionelle vor: Dass Staaten wie Katar, Saudi-Arabien oder Algerien zu den treuesten Abnehmern unserer Rüstungsindustrie gehören, ist weiß Gott kein Ruhmesblatt – für die deutsche Wirtschaft nicht und für die deutsche Politik auch nicht. Obwohl Sigmar Gabriel versprochen hat, bei Waffenexporten strenger zu sein als seine Vorgänger, sind sie erschreckend stark gestiegen. Das ist nicht nur Gabriels Versäumnis, weil einen Teil der Geschäfte noch die alte Regierung genehmigt hat. Seinen eigenen Ansprüchen aber hinkt der Vizekanzler trotzdem hinterher.
Im Nahen und Mittleren Osten wirbt Deutschland aus guten Gründen für eine Kultur der militärischen Zurückhaltung. Umso konsequenter wäre es jedoch, diese Kultur der Zurückhaltung auch beim Genehmigen von Rüstungsexporten walten zu lassen. Nicht jede Lieferung ist so unproblematisch wie die eines Tankflugzeuges an Großbritannien, nicht jedes Abnehmerland so verlässlich wie Israel oder Südkorea. Vor allem im Umgang mit Katar und Saudi-Arabien hat sich eine besorgniserregende Lässigkeit eingeschlichen. lediglich ganz allgemein von 100 abgelehnten Gesuchen die Rede – bei weit über 12 000 Exportanfragen hatte der Sicherheitsrat dagegen keine Bedenken. Dabei handelt es sich allerdings keineswegs nur um Panzer, Gewehre oder Flugzeuge, auch der Verkauf von Fahrgestellen für Militärtransporter oder die Ausfuhr von Minensuchgeräten müssen vom Sicherheitsrat genehmigt werden. „Die Summe der Exporte“, hat Gabriel sich deshalb schon im Februar getröstet, „sagt nichts über deren Qualität aus.“