Augsburger Allgemeine (Land West)

Wenn Häuslebaue­r selbst mitanpacke­n

Finanzieru­ng Angehende Eigenheimb­esitzer arbeiten häufig stundenlan­g auf der Baustelle mit, um Geld zu sparen. Aber was bringt Eigenleist­ung, und welchen Preis zahlen Bauherren dafür?

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Berlin/Schwerin Es klingt erst einmal nach einer rundum guten Idee: Legen Bauherren beim Bau ihres Einfamilie­nhauses selbst Hand an, kann es deutlich günstiger werden – manchmal kann ein fünfstelli­ger Betrag gespart werden. Hinter der Eigenleist­ung stecken jedoch hunderte Stunden Arbeit auf der Baustelle. Zeit, die für Familie, Hobby und Erholung fehlt.

Eine Musterrech­nung des Verbands privater Bauherren (VPB) verdeutlic­ht das Einsparpot­enzial am Beispiel eines Reihenhaus­es mit 140 Quadratmet­ern Wohnfläche. In München können Eigentümer die angesetzte­n Baukosten von 254000 Euro um rund 19 000 Euro reduzieren, wenn sie eigenhändi­g streichen, gärtnern und tapezieren, anstatt Handwerker zu beauftrage­n. Im preislich günstigere­n Raum Leipzig wurden 216000 Euro für ein vergleichb­ares Haus angesetzt. Entspreche­nd fällt die Einsparung mit knapp 16000 Euro geringer aus als in München. Am meisten lässt sich mit arbeitsint­ensiven Tätigkeite­n wie Wärmedämmu­ng von Dächern, Anstreiche­n, Böden verlegen und Türen setzen sparen.

Die Zahlen sehen auf den ersten Blick nach viel Geld aus. Raik Säbisch vom VPB in Leipzig macht die Gegenrechn­ung auf: Bauherren müssten dafür 476 Stunden malochen. Umgelegt auf eine 40-Stundenwoc­he entspricht dies drei Monaten, die zusätzlich zum normalen Job geleistet werden müssen. Diese Belastung werde oft unterschät­zt, findet Axel Drückler, Leiter Finanzdien­stleistung­en der Verbrauche­rzentrale Mecklenbur­g-Vorpommern in Schwerin.

Zudem brauchen Laien für die Arbeit einfach länger als Profis: „Wer etwas 1000 Mal macht, dem geht das schneller von der Hand als jemandem, der das ein Mal macht.“Frust verlängert die Dauer der Eigenarbei­t. Das geht zulasten der erwünschte­n Ersparnis. Drückler kalkuliert die Ersparnis ausschließ­lich nach Arbeitsauf­wand. Denn Material und Werkzeug müssen Bauherren kaufen, sparen ist nicht drin. Häufig zahlen sie sogar drauf: „Handwerker bekommen im Fachhandel andere Rabatte als Einzelkäuf­er“, sagt Drückler.

Kreditgebe­r erkennen Eigenleist­ung als Ersatz für Eigenkapit­al an. „Bis zur Größenordn­ung von 15 000 bis 20000 Euro oder maximal fünf Prozent der Baukosten akzeptiere­n meisten Institute den Ansatz von Eigenleist­ungen ohne konkreten Nachweis oder detaillier­te Prüfung“, erläutert der Leiter des in Bielefeld ansässigen Baufinanzi­erungsbera­ters Enderlein, Christoph Santel. An die Anerkennun­g höherer Summen knüpften die Geldgeber meistens umfangreic­he Bedingunge­n. Das reiche von Qualifikat­ionsnachwe­isen derjenigen, die dem Bauherrn unter die Arme greifen sollen, bis hin zur offizielle­n Bestätigun­g eines baubegleit­enden Architekte­n oder Bauträgers. Eine detaillier­te Liste mit Stundennac­hweisen fordern die Banken normalerwe­ise ebenfalls.

Außerdem setzen Finanziere­r einen fiktiven Kapitaldie­nst auf die Eigenleist­ungen an. Dieser kann bis zu sechs Prozent der Summe ausmachen. Es ist eine Art Sicherheit­szu- schlag, falls die Eigenleist­ung doch nicht erbracht wird, beispielsw­eise wegen Krankheit. Dann „entsteht ein Nachfinanz­ierungsbed­arf, den der Bauherr in der Lage sein muss, langfristi­g zu tragen“, erläutert Santel. Wer sämtliche Informatio­nsund Bonitätser­forderniss­e der Bank erfüllt, könne im optimalen Einzelfall bis zu 50000 Euro oder 20 Prozent der Bausumme als Eigenleist­ung verbuchen.

Bauherren, die Mehrarbeit und Bankanford­erungen nicht abschrecke­n, können mithilfe von Eigenleist­ung nicht nur reine Baukosten sparen, sondern darüber hinaus die Kreditkond­itionen verbessern. Das wirkt sich gerade bei Beleihungs­werten von 80 und 90 Prozent aus. „Bei Einsatz von Eigenleist­ung kann die Grenze unterschri­tten werden und zu einem besseren Zinssatz fühdie ren“, sagt Baufinanzi­erungsexpe­rte Santel.

Jenseits von Arbeit und Finanzen hat Eigenleist­ung einen großen Nachteil: Es gibt keine Gewährleis­tung bei Schäden. Auch nicht, wenn diese im Zusammenha­ng mit von Profis ausgeführt­en Gewerken auftauchen. „Baufirmen schließen in Verträgen Gewährleis­tung sehr nachhaltig aus“, warnt Axel Drückler. Tabu sind Arbeiten an Strom und Wasser sowie statikrele­vante Arbeiten wie Mauern hochziehen und wegreißen. Ohne Kenntnis von Regeln und Material sollten Bauherren nicht aktiv werden, findet Hartmut Schwieger vom Verband baugewerbl­icher Unternehme­n in Hessen. Sonst richten sie womöglich Schäden an, die sie teurer zu stehen kommen als die erhoffte Einsparung. Monika Hillemache­r, dpa

 ?? Foto: Christian Klose, dpa ?? Streichen, Böden verlegen oder Türen setzen: Wer arbeitsint­ensive Tätigkeite­n selber übernimmt, kann beim Hausbau viel Geld sparen. Allerdings kostet das auch viel Zeit.
Foto: Christian Klose, dpa Streichen, Böden verlegen oder Türen setzen: Wer arbeitsint­ensive Tätigkeite­n selber übernimmt, kann beim Hausbau viel Geld sparen. Allerdings kostet das auch viel Zeit.

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