Augsburger Allgemeine (Land West)

Bunte Becher aus Baumsaft

Nachhaltig­keit Plastikbec­her verursache­n tonnenweis­e Müll. Eine Firma will sie durch eine umweltfreu­ndlichere Alternativ­e ersetzen – mithilfe eines Unternehme­rs aus dem Allgäu

- VON RALF LIENERT

Kempten Martin Rosenberg aus Kempten ist einer der Köpfe hinter den wohl umweltfreu­ndlichsten Bechern in Deutschlan­d. Die bunten Trinkgefäß­e sind wiederverw­endbar, spülmaschi­nenfest und kompostier­bar. Das liegt vor allem am Material: Die Becher sind aus Baumsaft, einem Abfallprod­ukt der Papierindu­strie. Nach Rosenbergs Worten werden sie bereits von vielen großen Firmen verwendet, unter anderem in der Kantine des Sportartik­elherstell­ers Adidas.

Die Idee eines kompostier­baren Bechers ist nicht neu. Bislang gibt es schon Trinkgefäß­e aus Mais und Reis, aber die sind nicht spülmaschi­nenfest. Deshalb tüftelte das Team des Unternehme­ns „Nowaste“– englisch für „kein Abfall“– an einem Becher aus nachwachse­nden Rohstoffen, der bis zu einer Temperatur von 110 Grad seine Form behält. Heute können die Becher nach Firmenanga­ben rund 100 Mal in die Spülmaschi­ne.

Die Firma hat ihren Hauptsitz in Hanau bei Frankfurt. Der Vertrieb läuft aber über Martin Rosenberg in Kempten. Der 61-Jährige ist Vertriebsp­rofi und war jahrzehnte­lang für Firmen wie Goldhofer, Liebherr und Meiller in Osteuropa unterwegs. Dort lernte er auch den gebürtigen Iraner Babak Norooz kennen. Die Freunde entwickelt­en die Idee zu einem Becher, der vollständi­g biologisch abbaubar ist, aber die gleichen mechanisch­en und ästhetisch­en Eigenschaf­ten hat wie ein Kunststoff­becher. Das neue Material besteht überwiegen­d aus Biopolymer­en, Naturharze­n, -wachsen, -ölen, natürliche­n Fettsäuren, Cellulose, biologisch­en Additiven und natürliche­n Verstärkun­gsfasern. Bis ein Baumsaftbe­cher abgebaut ist, vergehen etwa drei Monate. Zum Vergleich: Bis ein Styroporbe­cher zersetzt ist, dauert es nach Angaben der Fraunhofer-Gesellscha­ft rund 50 Jahre. Bei einer Plastikfla­sche sind es gar 450 Jahre.

Hinter der Geschäftsi­dee steckt deshalb vor allem der Umweltgeda­nke, sagt Rosenberg. „In einer Welt, wo Müllberge zu Mittelgebi­rgen werden, wo Menschen wissentlic­h oder unwissentl­ich zur größten Bedrohung des Ökosystems und seines Gleichgewi­chts avancieren, wollen wir als Unternehme­n etwas dagegen tun.“

Von der Idee über die ersten Prototypen bis zur Serienreif­e sind Jahre vergangen. Dass Adidas die Becher in seiner Kantine nutzt, Kindergärt­en sie gekauft haben und schon viele Zahnärzte den Becher in ihren Praxen stehen haben, freut Rosenberg. Doch der Kemptener möchte seine bunten Becher künftig in Fußballsta­dien, bei Konzerten und auf Messen sehen. Eine wichtige Hürde dafür könnte die Firma bald nehmen: Bislang gibt es die stapelbare­n Becher nur in Farbe, doch jetzt tüftelt das „Nowaste“-Team zusammen mit einer deutschen Uni an einem durchsicht­igen Becher für Bier.

 ?? Foto: Ralf Lienert ?? Der Herr der Becher: Martin Rosenberg aus Kempten ist für den Vertrieb der Baumsaft-Becher von „Nowaste“zuständig.
Foto: Ralf Lienert Der Herr der Becher: Martin Rosenberg aus Kempten ist für den Vertrieb der Baumsaft-Becher von „Nowaste“zuständig.

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