Augsburger Allgemeine (Land West)
Die neue Autobahn wird zur Blumenwiese
Verkehr Grün statt Grau: Im Mittelstreifen der neuen A 8 zwischen Augsburg und Ulm wird ein neues Projekt umgesetzt
Landkreis Augsburg Der Mittelstreifen einer Autobahn sollte bislang vor allem eines sein: funktional. Umso auffälliger wirken für deutsche Augen die Begrünungen entlang der italienischen Autostrada, wo direkt neben der Fahrbahn der Oleander blüht. Auf der A 8 zwischen Augsburg und Ulm soll nun das graue Image des Mittelstreifens der Vergangenheit angehören: Wer genau hinsieht, kann schon derzeit ein buntes Durcheinander in dem kurzen Grünstreifen erkennen, der die beiden Fahrtrichtungen voneinander trennt. Alleine im Bereich Adelsried sind pinkfarbene, gelbe, violette, weiße und blaue Blumen zu erkennen. Zufällig haben sich diese Blumen dort aber nicht angesiedelt. Die Betreibergesellschaft Pansuevia spricht vom Konzept des „blühenden Mittelstreifens“. Die Idee stammt von der Autobahndirektion, die bereits in einigen Testbereichen wie der A3 bei Aschaffenburg und der A 7 bei Nesselwang einzelne Bereiche zur Blumenwiese begrünen ließ. Die neue A8 ist aber der erste längere Bereich, in dem dieses Prinzip zum Tragen kommt.
Umgesetzt hat das Projekt auf der A 8 das Augsburger Landschaftsplanerbüro Eger und Partner. Landschaftsarchitekt Georg Dinger erklärt: „Wir haben nach dem Auftrag von Pansuevia eine Samenmischung zusammengestellt, die nun auf dem Mittelstreifen angepflanzt wurde.“Die Anforderungen hatten es in sich: Widerstandsfähig sollen die Blumen sein, an denen täglich knapp 70 000 Fahrzeuge vorbeidonnern. Winterfest auch, schließlich soll nicht jedes Jahr neu angesät werden müssen. Und das Streusalz im Winter soll den Pflanzen auch nichts ausmachen. „Dazu kommt, dass wir in dem Trog im Mittelstreifen nur ein wenige Zentimeter dickes Substrat haben“, sagt Dinger. Pflanzen, die auf eine tiefe Verwurzelung im Erdreich angewiesen sind, schieden deswegen ebenfalls aus. Am Ende kam eine Mischung heraus, die zu 70 Prozent Gräser und zu 30 Prozent Kräuter enthält. Unter anderem sind pinkfarbene Nelken-Arten, gelber Wundklee, weiße Schafgarbe, violette Esparsette und blaue Kornblumen dabei. Die Empfehlung kam dabei von der Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau in unterfränkischen Veitshöchheim, die mit verschiedenen Saatgutmischungen experimentiert hat. Die Samen wurden angefeuchtet aufgestreut, damit sie auf der Erde haften bleiben.
Bei der Betreibergesellschaft Pansuevia, die sich um den Erhalt der Autobahn kümmert, ist man mit der Lösung zufrieden – denn die Blumenwiese in der Mitte der Fahrbahn ist auch bei der Pflege genügsam. Robert Schmidt, der Geschäftsführer, erklärt: „Wir gehen davon aus, dass wir zwischen Juni und Oktober zweimal zuschneiden müssen.“Für die Autofahrer soll das mit relativ kleinen Einschränkungen verbunden sein: Während der Mäharbeiten muss nur auf einer Fahrtrichtung eine Spur gesperrt werden. Dass die Autofahrer dabei einen Grasbüschel auf die Windschutzscheibe geweht bekommen, gilt als ausgeschlossen. André Scholz, Leiter Betrieb bei Pansuevia, sagt. „Wir arbeiten mit einem Unimog, der gleichzeitig schneidet und den Schnitt einsaugt.“Etwa zehn Kilometer, schätzt Schmidt, sind dabei auf der insgesamt 58 Kilometer langen Konzessionsstrecke zwischen Augsburg und Ulm täglich zu schaffen.
Das Erscheinungsbild des Mittelstreifens wird sich laut Georg Dinger im Laufe des Jahres übrigens immer wieder verändern. „Es wird nie so sein, dass alles blüht. Das Saatgut ist so ausgewählt, dass während des gesamten Jahres etwas zu sehen ist.“Auf den italienischen Oleander muss man aber weiterhin verzichten: Einerseits, weil vornehmlich heimische Pflanzen verwendet werden sollten. Außerdem würde die Blume bei einem harten Winter schlichtweg den Dienst versagen, sie ist nicht winterfest. Wer sie sehen will, muss also weiter auf die Autostrada fahren.