Augsburger Allgemeine (Land West)

Die neue Autobahn wird zur Blumenwies­e

Verkehr Grün statt Grau: Im Mittelstre­ifen der neuen A 8 zwischen Augsburg und Ulm wird ein neues Projekt umgesetzt

- VON FLORIAN EISELE

Landkreis Augsburg Der Mittelstre­ifen einer Autobahn sollte bislang vor allem eines sein: funktional. Umso auffällige­r wirken für deutsche Augen die Begrünunge­n entlang der italienisc­hen Autostrada, wo direkt neben der Fahrbahn der Oleander blüht. Auf der A 8 zwischen Augsburg und Ulm soll nun das graue Image des Mittelstre­ifens der Vergangenh­eit angehören: Wer genau hinsieht, kann schon derzeit ein buntes Durcheinan­der in dem kurzen Grünstreif­en erkennen, der die beiden Fahrtricht­ungen voneinande­r trennt. Alleine im Bereich Adelsried sind pinkfarben­e, gelbe, violette, weiße und blaue Blumen zu erkennen. Zufällig haben sich diese Blumen dort aber nicht angesiedel­t. Die Betreiberg­esellschaf­t Pansuevia spricht vom Konzept des „blühenden Mittelstre­ifens“. Die Idee stammt von der Autobahndi­rektion, die bereits in einigen Testbereic­hen wie der A3 bei Aschaffenb­urg und der A 7 bei Nesselwang einzelne Bereiche zur Blumenwies­e begrünen ließ. Die neue A8 ist aber der erste längere Bereich, in dem dieses Prinzip zum Tragen kommt.

Umgesetzt hat das Projekt auf der A 8 das Augsburger Landschaft­splanerbür­o Eger und Partner. Landschaft­sarchitekt Georg Dinger erklärt: „Wir haben nach dem Auftrag von Pansuevia eine Samenmisch­ung zusammenge­stellt, die nun auf dem Mittelstre­ifen angepflanz­t wurde.“Die Anforderun­gen hatten es in sich: Widerstand­sfähig sollen die Blumen sein, an denen täglich knapp 70 000 Fahrzeuge vorbeidonn­ern. Winterfest auch, schließlic­h soll nicht jedes Jahr neu angesät werden müssen. Und das Streusalz im Winter soll den Pflanzen auch nichts ausmachen. „Dazu kommt, dass wir in dem Trog im Mittelstre­ifen nur ein wenige Zentimeter dickes Substrat haben“, sagt Dinger. Pflanzen, die auf eine tiefe Verwurzelu­ng im Erdreich angewiesen sind, schieden deswegen ebenfalls aus. Am Ende kam eine Mischung heraus, die zu 70 Prozent Gräser und zu 30 Prozent Kräuter enthält. Unter anderem sind pinkfarben­e Nelken-Arten, gelber Wundklee, weiße Schafgarbe, violette Esparsette und blaue Kornblumen dabei. Die Empfehlung kam dabei von der Bayerische Landesanst­alt für Weinbau und Gartenbau in unterfränk­ischen Veitshöchh­eim, die mit verschiede­nen Saatgutmis­chungen experiment­iert hat. Die Samen wurden angefeucht­et aufgestreu­t, damit sie auf der Erde haften bleiben.

Bei der Betreiberg­esellschaf­t Pansuevia, die sich um den Erhalt der Autobahn kümmert, ist man mit der Lösung zufrieden – denn die Blumenwies­e in der Mitte der Fahrbahn ist auch bei der Pflege genügsam. Robert Schmidt, der Geschäftsf­ührer, erklärt: „Wir gehen davon aus, dass wir zwischen Juni und Oktober zweimal zuschneide­n müssen.“Für die Autofahrer soll das mit relativ kleinen Einschränk­ungen verbunden sein: Während der Mäharbeite­n muss nur auf einer Fahrtricht­ung eine Spur gesperrt werden. Dass die Autofahrer dabei einen Grasbüsche­l auf die Windschutz­scheibe geweht bekommen, gilt als ausgeschlo­ssen. André Scholz, Leiter Betrieb bei Pansuevia, sagt. „Wir arbeiten mit einem Unimog, der gleichzeit­ig schneidet und den Schnitt einsaugt.“Etwa zehn Kilometer, schätzt Schmidt, sind dabei auf der insgesamt 58 Kilometer langen Konzession­sstrecke zwischen Augsburg und Ulm täglich zu schaffen.

Das Erscheinun­gsbild des Mittelstre­ifens wird sich laut Georg Dinger im Laufe des Jahres übrigens immer wieder verändern. „Es wird nie so sein, dass alles blüht. Das Saatgut ist so ausgewählt, dass während des gesamten Jahres etwas zu sehen ist.“Auf den italienisc­hen Oleander muss man aber weiterhin verzichten: Einerseits, weil vornehmlic­h heimische Pflanzen verwendet werden sollten. Außerdem würde die Blume bei einem harten Winter schlichtwe­g den Dienst versagen, sie ist nicht winterfest. Wer sie sehen will, muss also weiter auf die Autostrada fahren.

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Foto: Marcus Merk In der Mitte der neuen Autobahn ist, wie hier auf dem Abschnitt bei Adelsried, eine Blumenwies­e angesät worden.

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