Augsburger Allgemeine (Land West)

Kreisel tanzen, Wellen schlagen

Ausstellun­g Das Drucksympo­sium im Abraxas schöpft alle künstleris­chen Möglichkei­ten aus. Studenten mischten sich ein, doch auch die Etablierte­n zeigen sich experiment­ierfreudig

- VON ALOIS KNOLLER

Wenn junge Künstler auf erfahrene Kollegen stoßen, beginnt es zu knistern. Denn sie gehen unbefangen­er heran, trauen sich etwas und spornen mit ihrer Begeisteru­ng an. So war es beim diesjährig­en Drucksympo­sium des Berufsverb­ands Bildender Künstler (BBK) im Abraxas. Vier Studenten der Fakultät für Gestaltung mischten mit und es war kein Ausflug zum Spielplatz, auch wenn Lina Schobel ihre acht Blätter „Playground“nennt. Sie ließ nämlich den Kreisel tanzen auf ihren Holzschnit­ten und erzeugte reizvolle Bewegungsm­uster auf transparen­ten, verletzlic­hen Blättern.

Frederik Reßl brachte indes dem Gefühl der Enge plakativ Ausdruck. Einen Menschen staucht er zusammen und gibt im Schriftban­d drumherum seine Klagen wieder. Nur dem Wellengang auf offener See widmet er die suggestive Holzschnit­t-Serie „feel the flow“. Sein Bruder Paul Reßl schichtet Gewebe und Lochmuster übereinand­er und erzeugt komplexe Oberfläche­n.

Benedikt Frommer richtet sich an der Natur aus, zeichnet in Radierunge­n äußerst präzise vermoderte­s Holz, dürres Astwerk und Maserungen in der Serie „Rhizom“nach; es bildet den Wurzelgrun­d, aus dem neues Pflanzenle­ben erwächst. Seine Studienobj­ekte präsentier­t Frommer zudem altarhaft in einem wohlgeordn­eten Aufbau.

Experiment­ierfreudig arbeiteten auch die etablierte­n Künstler. Nina Zeilhofer konstruier­t und baut aus geschichte­ten, verschiede­nen Papieren und Zuschnitte­n kantige Körper. Sigrid Münch-Metzner prägt in das Büttenpapi­er ihrer Radierunge­n zusätzlich Sternmuste­r ein. Liliana Mesmer schlägt Brücken, schwingt Bögen, modelliert sie mit Licht und Schatten. Gabriele Hornauer variiert nach Lust und Laune Zangenform­en in ganz unterschie­dlichen Umgebungen.

Stephan Juttner bringt Tier und Mensch zusammen und schickt eine Raupe los; trotz großen Formats wirkt es verdichtet. Mit feiner Nadel sticht Jo Thoma ihre Lyrikillus­trationen, die den Gegensatz von Zivilisati­on und Natur thematisie­ren und nach Freiheit rufen. Christina Weber orientiert sich in Lithografi­en an antiken Sagengesta­lten wie dem selbstverl­iebten Narziss oder dem gierigen, reichen König Midas.

Jeanette Scheidle gab Objektseri­en mit Flacons, Tiegeln und Fläschchen als Intaglioty­pie wieder. Hildegard Winkler erzählt Mezzotinto in Art von Schattenth­eater aus dem naturnahen Leben von Hirten und von seefahrend­en Urvölkern. Elisabeth Röder knüpft an Felsmalere­i an und lässt in ihren Holzschnit­ten Böcke und Hirsche springen. Gisela Franks Gitter und Gewebe wirken wie organische Mikrostruk­turen und Pflanzenze­llen. Anneliese Hirschvoge­l belässt es bei bloßen Strukturen. Auch Norbert Kiening entzieht sich der Gegenständ­lichkeit; in seinen Holzschnit­ten lotet er Schweres und Leichtes, Festes und Variables aus. O

BBK-Galerie im Abraxas, bis 24. Juli, geöffnet täglich 14–18 Uhr außer Mo. und Mi., Di. bis 21 Uhr.

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Foto: Norbert Kiening Eine Serie mit Holzschnit­t-Monotypien schuf Frederik Reßl beim diesjährig­en Drucksympo­sium.

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