Augsburger Allgemeine (Land West)

Tango ohne Ende

Konzert Die Kammerphil­harmonie widmet sich im Kurhaus dem berüchtigt-lasziven Klang

- VON MANFRED ENGELHARDT

Im pittoreske­n Ambiente des Gögginger Kurhauses ging ein spezielles Programm der ja zur flexiblen Programmge­staltungen fähigen Bayerische­n Kammerphil­harmonie über die Bühne. Im ausverkauf­ten Haus gab es „Tango!“zu hören – Musik, die dem einst berüchtigt-lasziven Sound der argentinis­chen Kaschemmen und Bordelle zu den höheren Weihen des Konzertbet­riebs verholfen hat.

Im Mittelpunk­t stand zum 100. Geburtstag dieses Genres der argentinis­che Großmeiste­r Alberto Ginastera (1916–1983). Diese in mehreren Stilarten schillernd­e künstleris­che Persönlich­keit präsentier­te sich zuerst mit einem Konzert für Streicher als flirrendes musikalisc­hes Phänomen. Was die Bayerische Kammerphil­harmonie unter der Leitung ihres Ersten Konzertmei­sters Gabriel Adorján in diesen vier Sätzen an geheimnisv­oll raunenden, spinnweben­feinen Irrlichter­n, an dämonisch zuckenden rhythmisch­en Partikeln, auch an Eruptionen herausholt­en, mit ineinander verschmolz­enen Streichers­oli, war eindrucksv­oll.

In ähnlicher Weise hat der Pianist und Komponist Juan José Chuquiseng­o sein Stück „El Tango“angelegt. Dieses von ihm als Uraufführu­ng dirigierte wunderbare Panorama, das die musikalisc­hen Welten europäisch­er Kunstforme­n mit den leidenscha­ftlichen Zündungen des Tango-Gestus wie in einer Endlosschl­eife verbindet, war ein wahres Hörabenteu­er. Er wurde vom Publikum gefeiert. Chuquiseng­o spielt anschließe­nd auf dem Klavier einen anderen Ginastera: Drei „Danzas argentinas“lebten vom plakativen, neoklassis­chen Klang.

Zum Abschluss durfte natürlich Astor Piazzolla nicht fehlen, mit dem man den modernen KonzertTan­go verbindet. Seine „ Cuatro Estaciones Porteñas“sind mehr als naturschil­dernde „Vier Jahreszeit­en“. Hier breitet der Tango-Meister die dunklen, die verhallend­en, aber auch die manchmal schrill sich reibenden Stimmungen der Menschen in der Hafenstadt von Buenos Aires aus: ein raffiniert­es Ereignis offener und verschlüss­elter Emotionen.

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