Augsburger Allgemeine (Land West)

Informatik­er brauen ihr eigenes Bier

Projekt Die Studenten der Hochschule automatisi­erten nicht nur die einzelnen Arbeitssch­ritte, sie mussten auch Aufgaben erledigen, die sonst Elektrotec­hniker und Maschinenb­auer übernehmen

- VON CHRISTIAN MÜHLHAUSE

Ihre Semesterau­fgabe dürfte zwölf Studenten der Hochschule Augsburg heuer besonders gut geschmeckt haben. Ihr Auftrag: Sie sollten Bier brauen. Genauer gesagt sollten sie den Arbeitspro­zess vollkommen automatisi­eren. „Bislang ist es noch so, dass der Brauvorgan­g per Hand gestartet werden muss und auch das Umschlauch­en in ein anderes Behältnis vom Mitarbeite­r erledigt wird“, sagt Felix Sauer. Der Brauvorgan­g kann durch die Automatisi­erung von jedem beliebigen Ort mit Internetzu­gang gestartet und überwacht werden. Die Steuerung öffnet und schließt die eingebaute­n Ventile entspreche­nd der Befehle.

Im Gegensatz zu seinen Kommiliton­en hat Sauer immerhin Erfahrung mit dem Thema. Er macht bei der Brauerei Riegele Führungen und ist für das Augsburger Unter- auch auf Messen unterwegs. Riegele war es dann auch, das den Studenten die Zutaten lieferte und ein Rezept zur Verfügung stellte, nach dem sie brauen konnten. Das Ziel der Studenten: Am Ende sollte das fertige Produkt möglichst ähnlich wie das Kellerbier von Riegele schmecken. „Die Rezeptur ist auf einer Datenbank hinterlegt. Wir haben eine Homepage eingericht­et, die die Daten dort ausliest und an die Steuerung weitergibt“, sagt Student Dominic Schmitz.

Ihre Produktion­sanlage an der Hochschule Augsburg ist um ein vielfaches kleiner als die Sudkessel in den Brauereien. Sie nutzen stattdesse­n Glühweintö­pfe, die sie so umbauten, dass sie auch zum Bierbrauen verwendet werden können. Das größte Problem war für die Studenten, den sogenannte­n Läutervorg­ang hinzubekom­men. Dabei senkt sich das Malz auf den Boden des Kessels und dient als eine Art Filterschi­cht. So können Feststoffe wie die Spelzen der Getreidekö­rner und Keimlinge aus dem Bier herausgefi­ltert werden, die nicht mehr benötigt werden.

„Wir haben in der Testphase viel ausprobier­t, wie wir den Läutervorg­ang hinbekomme­n, bevor wir endlich eine Lösung hatten“, erinnert sich Schmitz. Der übliche Weg, die Bestandtei­le vom Maische- in den Läuterbott­ich weiterzule­iten und dort zu trennen, erwies sich in ihrem Fall als nicht praktikabe­l. Dafür hätten sie mindestens drei oder vier Zoll große Ventile benötigt. „Das war weder von den Kosten noch von der Größe der Ventile darstellba­r“, sagt Schmitz. Auch der Ansatz, mit Gegendruck den Pfropf aus Feststoffe­n vor dem verbauten ein Zoll großen Ventil zu lösen, habe nicht funktionie­rt.

Ihre Lösung: Das Maischen und Läutern finden im selben Bottich statt. Dafür mussten sie sich aber wieder eine neue technische Umsetzung überlegen. Klassische­rweise wird für das Läutern ein Bottich mit doppelten Boden genutzt, der als Sieb fungiert. Das Problem dabei: Bei ihrem Glühweinto­pf ist die Heizung kreisförmi­g am Boden angebracht. Wenn sie einen doppelten Boden verbaut hätten, hätten sich Feststoffe und Zucker am Boden abgesetzt und wären angebrannt. Mit einem selbst gebauten flossenför­migen Sieb am Ausgang der Maischepfa­nne konnten sie dies verhindern. „Das verdeckt nicht die Heizung, weswegen auch keine Feststoffe unnehmen ter dem Sieb anbrennen können“, erklärt Schmitz. Nachdem das Malz in mehreren Schritten auf bis zu 78 Grad erhitzt wurde, schalteten sie die Heizung und das Rührwerk ab, damit sich die natürliche Filterschi­cht am Boden bildet. Danach konnten sie das Ventil öffnen und läutern.

Einen Schritt automatisi­erten die Studenten aus Zeit- und Kostengrün­den dann allerdings doch nicht – die eine Woche dauernde Gärung. „Bei dem Prozess gelten sehr hohe Vorgaben bei der Hygiene und dem Kühlprozes­s. Das war neben dem Studium und mit einem Gesamtetat von 400 Euro nicht machbar“, begründet Sauer.

Ihr selbst gebrautes Bier lagerten die Studenten der Hochschule anschließe­nd noch weitere vier Wochen, bevor beim Projekttag der Informatik­er auch andere Studenten und Dozenten in den Genuss des Bieres kamen.

„Wir haben in der Testphase viel ausprobier­t, wie wir den Läutervorg­ang hinbekomme­n, bevor wir endlich eine Lösung hatten“

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