Augsburger Allgemeine (Land West)
Informatiker brauen ihr eigenes Bier
Projekt Die Studenten der Hochschule automatisierten nicht nur die einzelnen Arbeitsschritte, sie mussten auch Aufgaben erledigen, die sonst Elektrotechniker und Maschinenbauer übernehmen
Ihre Semesteraufgabe dürfte zwölf Studenten der Hochschule Augsburg heuer besonders gut geschmeckt haben. Ihr Auftrag: Sie sollten Bier brauen. Genauer gesagt sollten sie den Arbeitsprozess vollkommen automatisieren. „Bislang ist es noch so, dass der Brauvorgang per Hand gestartet werden muss und auch das Umschlauchen in ein anderes Behältnis vom Mitarbeiter erledigt wird“, sagt Felix Sauer. Der Brauvorgang kann durch die Automatisierung von jedem beliebigen Ort mit Internetzugang gestartet und überwacht werden. Die Steuerung öffnet und schließt die eingebauten Ventile entsprechend der Befehle.
Im Gegensatz zu seinen Kommilitonen hat Sauer immerhin Erfahrung mit dem Thema. Er macht bei der Brauerei Riegele Führungen und ist für das Augsburger Unter- auch auf Messen unterwegs. Riegele war es dann auch, das den Studenten die Zutaten lieferte und ein Rezept zur Verfügung stellte, nach dem sie brauen konnten. Das Ziel der Studenten: Am Ende sollte das fertige Produkt möglichst ähnlich wie das Kellerbier von Riegele schmecken. „Die Rezeptur ist auf einer Datenbank hinterlegt. Wir haben eine Homepage eingerichtet, die die Daten dort ausliest und an die Steuerung weitergibt“, sagt Student Dominic Schmitz.
Ihre Produktionsanlage an der Hochschule Augsburg ist um ein vielfaches kleiner als die Sudkessel in den Brauereien. Sie nutzen stattdessen Glühweintöpfe, die sie so umbauten, dass sie auch zum Bierbrauen verwendet werden können. Das größte Problem war für die Studenten, den sogenannten Läutervorgang hinzubekommen. Dabei senkt sich das Malz auf den Boden des Kessels und dient als eine Art Filterschicht. So können Feststoffe wie die Spelzen der Getreidekörner und Keimlinge aus dem Bier herausgefiltert werden, die nicht mehr benötigt werden.
„Wir haben in der Testphase viel ausprobiert, wie wir den Läutervorgang hinbekommen, bevor wir endlich eine Lösung hatten“, erinnert sich Schmitz. Der übliche Weg, die Bestandteile vom Maische- in den Läuterbottich weiterzuleiten und dort zu trennen, erwies sich in ihrem Fall als nicht praktikabel. Dafür hätten sie mindestens drei oder vier Zoll große Ventile benötigt. „Das war weder von den Kosten noch von der Größe der Ventile darstellbar“, sagt Schmitz. Auch der Ansatz, mit Gegendruck den Pfropf aus Feststoffen vor dem verbauten ein Zoll großen Ventil zu lösen, habe nicht funktioniert.
Ihre Lösung: Das Maischen und Läutern finden im selben Bottich statt. Dafür mussten sie sich aber wieder eine neue technische Umsetzung überlegen. Klassischerweise wird für das Läutern ein Bottich mit doppelten Boden genutzt, der als Sieb fungiert. Das Problem dabei: Bei ihrem Glühweintopf ist die Heizung kreisförmig am Boden angebracht. Wenn sie einen doppelten Boden verbaut hätten, hätten sich Feststoffe und Zucker am Boden abgesetzt und wären angebrannt. Mit einem selbst gebauten flossenförmigen Sieb am Ausgang der Maischepfanne konnten sie dies verhindern. „Das verdeckt nicht die Heizung, weswegen auch keine Feststoffe unnehmen ter dem Sieb anbrennen können“, erklärt Schmitz. Nachdem das Malz in mehreren Schritten auf bis zu 78 Grad erhitzt wurde, schalteten sie die Heizung und das Rührwerk ab, damit sich die natürliche Filterschicht am Boden bildet. Danach konnten sie das Ventil öffnen und läutern.
Einen Schritt automatisierten die Studenten aus Zeit- und Kostengründen dann allerdings doch nicht – die eine Woche dauernde Gärung. „Bei dem Prozess gelten sehr hohe Vorgaben bei der Hygiene und dem Kühlprozess. Das war neben dem Studium und mit einem Gesamtetat von 400 Euro nicht machbar“, begründet Sauer.
Ihr selbst gebrautes Bier lagerten die Studenten der Hochschule anschließend noch weitere vier Wochen, bevor beim Projekttag der Informatiker auch andere Studenten und Dozenten in den Genuss des Bieres kamen.
„Wir haben in der Testphase viel ausprobiert, wie wir den Läutervorgang hinbekommen, bevor wir endlich eine Lösung hatten“