Augsburger Allgemeine (Land West)
War der Schuss vor der Pizzeria wirklich Notwehr?
Streit Der Leibwächter muss damit rechen, dass er den Waffenschein verliert. Polizei bestätigt Schüsse auf Haustür
War das wirklich Notwehr, was sich in der vorigen Woche vor der Pizzeria L’Osteria in Kriegshaber abgespielt hat? Ein privater Leibwächter, der von einem Immobilienunternehmer beauftragt war, hat dort einem 23-jährigen Mann während eines Handgemenges in den Oberschenkel geschossen. Der Personenschützer stuft seinen Schuss als Notwehr ein. Die Kripo ermittelt aber wegen gefährlicher Körperverletzung gegen den 50-Jährigen aus dem Raum Mönchengladbach. Sollte es bei diesem Vorwurf bleiben, dann steht sein Job auf dem Spiel.
Als Leibwächter hat der 50-Jährige einen sogenannten großen Waffenschein. Das bedeutet, er darf eine scharfe Schusswaffe zugriffsbereit bei sich tragen. Die Behörden sind streng bei der Vergabe dieser Lizenzen. Eine Vorstrafe sorgt dafür, dass man den Waffenschein verliert. Die Neun-Millimeter-Pistole des Leibwächters, mit der er am Donnerstagabend vor dem Augsburger Lokal geschossen hat, wurde von der Polizei sofort sichergestellt, weil sie ein Beweismittel ist.
Der Hintergrund des Streits vor der Pizzeria sind Immobiliengeschäfte. Der Leibwächter bewachte einen 58-jährigen Immobilienunternehmer, der zusammen mit einer 28-jährigen Begleiterin in dem Lokal beim Essen war. Drei Männer, 23, 26 und 33 Jahre alt, die in Augsburg in der Immobilienbranche tätig sind, entdeckten den Unternehmer offenbar zufällig dort. Sie sprachen ihn darauf an, dass er ihnen noch Geld schulde. Angeblich geht es um eine Summe von rund 100 000 Euro. Alle gingen nach draußen, um über die Sache zu reden.
Vor der Tür soll der 26-Jährige den Geschäftsmann geschlagen haben, der 23-Jährige ging den Ermittlungen zufolge auf den Bodyguard los – und bekam den Schuss ins Bein ab. Der 23-Jährige wurde dadurch nicht lebensgefährlichverletzt. Er wurde im Klinikum behandelt und sollte am Montag wieder entlassen werden. Der Leibwächter musste eine Nacht bei der Polizei verbringen, durfte dann aber wieder gehen. Auch gegen die beiden 23 und 26 Jahre alten Männer – sie sind Brüder – wird jetzt wegen der Handgreiflichkeiten ermittelt.
Die Polizei bestätigte indes Informationen unserer Zeitung, wonach bereits am 7. Juni auf die Haustür des Unternehmers in einer Gemeinde im westlichen Landkreis Augsburg geschossen wurde. Drei Projektile schlugen in die Tür ein – angeblich handelte es sich Neun-Millimeter-Geschosse. Der Unternehmer war zu der Zeit sogar zu Hause und wurde durch das Knallen aufgeschreckt. Er wohnt inzwischen nicht mehr dort. Hinweise, dass es zwischen den Schüssen auf die Tür und dem Streit vor der L’Osteria einen Zusammenhang gibt, hat die Polizei bisher nicht.
Es gibt nämlich offenbar eine ganze Reihe von Menschen, die auf den 58-jährigen Unternehmer nicht gut zu sprechen sind. In einem Zeitungsbericht meldeten sich vor drei Jahren Anleger aus dem Raum Stuttgart zu Wort, die beklagten, sie hätten bei von ihm angestoßenen Immobilienprojekten viel Geld verloren. Eines der Projekte war der Bau von Häusern in Lauingen im Kreis Dillingen. Nach einer Firmenpleite geht das Projekt jetzt unter neuer Regie weiter. Fertig sind die Häuser aber noch immer nicht.