Augsburger Allgemeine (Land West)

Europäisch­e Einigkeit am Farbtopf

Besuch 49. deutsch-französisc­her Lehrlingsa­ustausch der Handwerksk­ammer Schwaben: Wie eine 19-Jährige für zwei Wochen in den Betrieb von Malermeist­er Durz in Deuringen gekommen ist und was das bringen soll

- VON HANNAH DIETRICH

Stadtberge­n-Deuringen Die junge Französin trägt eine weiße, farbgespre­nkelte Hose, feste, farbübersä­te Schuhe sowie ein weißes Hemd mit der Aufschrift „Durz“. Die Auszubilde­nde Gwendoline Penvern arbeitet im Malermeist­erbetrieb von Hubert Durz in Deuringen mit. Die 19-Jährige ist Teil des Austauschp­rojekts der Handwerksk­ammer Schwaben (HWK). Zum 49. Mal gibt es dieses Jahr den interkultu­rellen Austausch zwischen zwei Ländern, Lehrlingen und Betrieben. Gwendoline ist dabei der 600. Lehrling im Austausch zwischen Frankreich und Deutschlan­d.

Volker Zimmermann, Geschäftsb­ereichslei­ter für Bildung von der HWK Schwaben sagt: „Mit einem solchen Austausch zwischen Frankreich und Deutschlan­d bekommen wir einen Teil des französisc­hen savoir vivre mit.“Junge Französinn­en und Franzosen, die in ihrer Heimat einen Ausbildung­splatz im Bereich von Friseur, Bäcker, Kfz-Mechatroni­ker, Elektronik­er, Maler und Lackierer, Schreiner oder Dachdecker haben, können somit Arbeit und Ausbildung in Deutschlan­d kennen lernen. Die Partnersch­aft zwischen den beiden europäisch­en Ländern sei ausgesproc­hen gut, vor allem auch deshalb, da diese schon so lange bestehe, so Zimmermann. 1967 wird eine Kammernpar­tnerschaft zwischen den französisc­hen Kammern „Laval“, „Le Mans“und der HWK Schwaben beschlosse­n, weshalb ein Lehrlingsa­ustausch bis heute fast jährlich durchgefüh­rt wird.

Der Ablauf eines solchen Auslandsau­fenthalts ist eingebunde­n in ein kulturelle­s, soziales und berufliche­s Konzept. Die Lehrlinge sollen im jeweiligen Land Erfahrunge­n mitnehmen und auch die Stadt und die Umgebung ihrer Ausbildung­sstätte genauer kennen lernen. Die Erweiterun­g der Kompetenze­n, die Entwicklun­g der eigenen Persönlich­keit und das Erlernen neuen Selbstbewu­sstseins sind Ziele der Handwerksk­ammer. Daher werden an den zwei Wochenende­n auch Ausflüge veranstalt­e, um den Auszubilde­nden Deutschlan­d näher zu bringen. Schloss Neuschwans­tein, das schwäbisch­e Handwerker­museum, eine Stadtführu­ng und ein Dankeschön­abend im Ratskeller zur Wertschätz­ung des Austauschs und der Arbeit stehen ganz oben auf der Liste.

Insgesamt ist die junge Französin Gwendoline neun Tage in Deutschlan­d. Fünf davon arbeitet sie im Malermeist­er Betrieb von Hubert Durz. Die Zusammenar­beit beschreibt er so: „Ich spreche kein französisc­h, sie auch kaum ein Wort deutsch. Trotzdem verstehen wir uns während der Arbeit ohne Probleme und ich bin äußerst zufrieden mit ihrer sauberen Arbeit.“Durz hat eine enge Verbindung zu dem Austauschp­rogramm. 1983 war er selbst für zwei Wochen in Frankreich und hat dort in seinem Beruf Auslandser­fahrung gesammelt.

Ulrike Beck, Mobilitäts­betreuerin von der HWK Schwaben, bietet allen Interessen­ten die Möglichkei­t, Fragen zu beantworte­n. Davon gebe es viele, beispielsw­eise „Wie finde ich einen Betrieb im Ausland?“Die HWK Schwaben ist hier in ein bundesweit­es Netzwerk eingebunde­n und kann dadurch effektive Angebote geben und beraten. Betriebe werden angefragt oder bekommen Anfragen im Rahmen des länderüber­greifenden Austausche­s und arbeiten somit Hand in Hand mit der HWK.

Das Austauschp­rogramm bietet einen Gruppenaus­tausch, aber auch Einzelents­endungen an. Beck erklärt, man habe auch die Chance von kleinen Betrieben in große Firmen zu wechseln. So konnte beispielsw­eise eine Bewerberin von einem kleinen Familienbe­trieb in das große Opernhaus in Zürich geschickt werden. Die Möglichkei­ten sind riesig, lassen sich meist auch verwirklic­hen und die Resonanz der Lehrlinge nach deren Aufenthalt­en ist positiv.

Gwendoline ist Teil eines Gruppenaus­tausches und wohnt, anders als ihr Ausbilder Durz damals bei seinem Austausch 1983, in der Jugendherb­erge in Augsburg beim Unteren Graben. Durz war zu seiner Zeit zu Besuch bei einer Familie und lebte in deren Haus. „Das hat sich jetzt etwas verändert. Trotzdem ist und bleibt es eine tolle Geschichte. Andere Leute, andere Familien, andere Kulturen. Das ist was ganz Besonderes,“meint Durz.

Zimmermann von der HWK ist überzeugt davon, dass der Austausch ein Signal sei vor dem Hintergrun­d eines vereinten Europas. Die Offenheit, mit der sich Ausbilder und Lehrlinge begegnen, habe eine hohe Bedeutung und bestätige, wie besonders das Erlernen eines Handwerks sein kann.

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Foto: Andreas Lode Sie arbeiten auch ohne große Kenntnisse der Sprache des anderen gut zusammen: Die 19-jährige Gwendoline Penvern aus Le Mans ist im Rahmen des Lehrlingsa­ustausches zu Gast im Malerbetri­eb von Hubert Durz in Deuringen.

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