Augsburger Allgemeine (Land West)

„Die illegalen Sprayer verbauen uns viel“

Graffiti Als „Börg“zieht er durch Augsburgs Straßen, besprüht Mauern und Brücken: Matthias Weissenböc­k, zu Gast im Hochfeld

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Hallo Börg, wie bist du zum Sprayen gekommen? Börg: Vor vier Jahren bin ich auf „Die Bunten“gestoßen. Das ist ein Verein zur Förderung der Graffitiku­ltur in Augsburg. Was die machen, fand ich sehr sympathisc­h und spaßig und habe mich entschloss­en Mitglied zu werden. Seitdem spraye ich. Das ist ein guter Ausgleich zu meinem Studium (A.d.R. Börg studiert Kommunikat­ionsdesign an der Hochschule Augsburg).

Wer steckt hinter den „Bunten“? Börg: Wir sind circa 40 Mitglieder, von denen 25 aktiv in Augsburg und Umgebung sprayen. Nebenbei veranstalt­en wir viele Graffiti-Workshops, machen sehr viel Jugendarbe­it und Prävention und organisier­en legale Flächen zum Sprayen. Generell stehen wir für einen besseren, vernünftig­eren Umgang mit Graffiti. Wir wollen das Verständni­s für das legale Sprayen fördern.

Wo kann man euere Kunst in Augsburg sehen? Börg: Eigentlich überall in der Stadt. Zum Beispiel an vielen Stellen entlang der B 17, an der Bürgermeis­terAckerma­nn-Brücke, am Sportplatz der St. Ursula-Schule, an vielen Technikgeb­äuden der Stadtwerke Augsburg oder auch am Lechhotel in Lechhausen, an dessen Außenfassa­de kürzlich ein großes Wandbild entstanden ist.

Nun gibt es verschiede­ne Graffiti-Arten. Für welche Art steht ihr? Börg: Wir sind aber nicht nur ein Zusammensc­hluss von Künstlern, sondern auch von Künsten. Da hat jeder seinen eigenen Stil, nichts sieht gleich aus. Man kann von jedem Künstler lernen und inspiriert werden. Ich arbeite beispielsw­eise viel mit Kalligrafi­e, die Kunst des Schönschre­ibens.

Es gibt auch die „bösen“Sprayer, die ihr Hobby illegal ausüben. Was unterschei­det euch von ihnen? Börg: Wir sprayen legal und somit auch am Tag. Die illegalen Sprayer sind meist nachts unterwegs. Wir haben somit mehr Licht, Zeit und Ruhe für unsere Graffitis. Den legalen Sprayern geht es zudem weniger um gute Standorte in der Stadt, sondern um die eigene Kunst, ganz egal wo sie letztendli­ch zu sehen ist. Uns geht es um den Spaß an der Sache. Den illegalen Sprayern geht es mehr darum, sich durch prominente „Spots“einen Namen zu machen.

Wie ist euer Verhältnis? Börg: Wir als Verein fördern natürlich nur das legale Sprayen. Ich per- sönlich distanzier­e mich klar von den illegalen Sprayern. Das heißt nicht, dass ich ihre Kunst total verachte. Manches finde ich sogar ganz schön und habe Respekt davor. Aber Fakt ist: Die illegalen Sprayer verbauen uns viel.

Morgen bist du im Hochfeld, um mit den Einheimisc­hen ein Bild über ihre Heimat zu sprayen. Was weißt du über den Stadtteil? Börg: Bislang habe ich, bis auf meinen Gastauftri­tt in der vergangene­n Woche, recht wenig mit dem Hochfeld zu tun gehabt. Ich wusste eigentlich nur, dass der Stadtteil eine starke Bindung zur Eisenbahn hat.

Wie lief vergangene Woche der Austausch mit den Einheimisc­hen im Hochfeld? Börg: Der Tag war sehr spannend. Für mich war vor allem der offene Austausch mit den älteren Generation­en interessan­t. Sie haben in der Regel wenig Bezug zu Sprayern. Daher war es gut, Ihnen meine Arbeit vorstellen und erklären zu können. So konnten wir einige Vorurteile über Sprayer aus dem Weg räumen. Sehr hilfreich waren auch ihre Anregungen zum Bildinhalt. Das hat mich inspiriert. Darauf hoffe ich auch morgen wieder.

Ein zentrales Motiv auf ihrem Hochfeld-Bild ist die Lokomotive. Was ist noch geplant? Börg: Vieles kommt ganz spontan und intuitiv. Da mache ich mir Voraus nicht allzu viele Gedanken. Die Lokomotive symbolisie­rt natürlich das Hochfeld als Eisenbahnv­iertel. Geplant sind zudem eine Sphinx, die man ebenfalls im Hochfeld entdecken kann, sowie die katholisch­e Kirche St. Canisius. Letztere war übrigens die Anregung einer Besucherin. Interview:

William Harrison-Zehelein

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Termin Am morgigen Dienstag arbeitet Börg um 14 Uhr wieder an unserem mobilen Schreibtis­ch im Augsburger Hochfeld. Kommen Sie vorbei. In der Sommerseri­e ist das Feuilleton regional jeden Dienstag von 14 bis 18 Uhr in der Hochfeldst­raße in Augsburg zu finden – vor der Kerschenst­einer Schule. Wir laden Gäste ein, sprechen mit Passanten und berichten darüber.

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