Augsburger Allgemeine (Land West)
Erbitterter Kampf um den Rotmilan
Serie (Teil 9) Windräder können für den Greifvogel zur Todesfalle werden. Die Fronten zwischen Betreibern und Naturschützern sind unversöhnlich. Warum er eigentlich deutscher Wappenvogel sein sollte
Der Rotmilan ist ein eleganter Flieger. Aber er hat ein Problem. „Rotmilane sind eine kollisionsempfindliche Art“, sagt Vogelschützer Stefan Höpfel. Damit meint er, dass sich diese Greifvögel nicht auf eine technisch veränderte Umwelt einstellen können. Windräder gelten als große Gefahr für die streng geschützte Vogelart. Bauvorhaben für Windkraftanlagen führen deshalb öfter zu erbitterten Auseinandersetzungen.
Der Kampf um den Rotmilan hat laut Höpfel inzwischen eine Dimension erreicht, in der die Fronten zwischen Windkraftbetreibern auf der einen Seite und vielen Naturschutzverbänden auf der anderen Seite unversöhnlich geworden sind. Auch der Augsburger ist überzeugt, dass die Rotoren der Windkraftanlagen eine tödliche Gefahr für den Rotmilan darstellen. Wenn die Windräder schnell laufen, habe der Greifvogel mit 1,50 Metern Spannweite kaum Zeit auszuweichen, sagt Stefan Höpfel. Er ist Vorstandsmit- glied der Augsburger Kreisgruppe im Landesbund für Vogelschutz (LBV).
Ein Problem der Naturschützer ist der Nachweis. Tote Rotmilane in der Nähe von Windrädern sind so gut wie nicht zu finden. Das Aas wird schnell von anderen Wildtieren aufgefressen. Höpfel verweist deshalb auf eine Studie mit Hochrechnungen, die im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums entstand. Die Experten seien zu dem Ergebnis gekommen, dass der Rotmilan in seinem Bestand gefährdet ist, sollte die Windkraft weiter in dem Umfang wie bisher ausgebaut werden.
Deutschland hat eine besondere Verantwortung für diese stark gefährdete Art. Hier lebt ein großer Teil des Bestandes von Rotmilanen. Er wird auf 10000 bis 14000 Brutpaare geschätzt. „Zwar ist der Adler das deutsche Wappentier, eigentlich müsste es aber der Rotmilan sein“, meint Höpfel.
Auch im Augsburger Umland sind Rotmilane öfter zu sehen. Die Vögel fühlen sich in einer offenen Landschaft mit Aufwinden am wohlsten, insbesondere, wenn sich dort Wiesen und Wälder abwechseln. Dann können sie in den thermischen Winden kreisen und nach Mäusen oder Feldhamstern Ausschau halten. Häufig warten die Vögel in der Nähe von Landwirten, die ihre Wiesen mähen. Direkt nach der Mahd sind Kleintiere als Beute besonders leicht zu entdecken.
Höpfel geht das Herz auf, wenn Rotmilane am Himmel fliegen: „Für mich sind das die schönsten heimischen Greifvögel.“Wer sie beobachten will, hat im Spätsommer gute Chancen. In Langerringen gibt es das kleine Naturschutzgebiet „Burghofweiher“, das vom LBV betreut wird. Es ist eine frühere Fischzucht mit mehreren Teichen in einem Wäldchen. Dort haben die Rotmilane einen Schlaf- und Sammelplatz. An manchen Tagen ist dort der Himmel voll von diesen Vögeln. Interessant sind auch die unordentlich wirkenden Nester der Rotmilane, in die die Vögel verschiedene Fundstücke einarbeiten. Am kommenden Samstag bietet Höpfel eine Führung an.
Der 47-jährige Augsburger ist beruflich IT-Manager. Für Vogelkunde interessiert er sich seit seiner Schülerzeit. „Der Aufkleber mit dem Eisvogel vom LBV ist der erste, an den ich mich erinnern kann“, sagt er. Heute ist er glücklich darüber, dass seine Frau Hyaugsook, eine Koreanerin, sein Hobby teilt. Die Urlaubsziele wählt das Ehepaar häufig danach aus, wo es spektakuläre Vogelkolonien zu sehen gibt, etwa in Lettland oder Litauen. Den Höpfels macht es Freude, Vögel ornithologisch exakt zu bestimmen. Seit einigen Jahren ist Stefan Höpfel außerdem Hobby-Fotograf. Dank moderner, bezahlbarer Technik kann er mit seiner Digitalkamera nun auch Vögel aus großer Entfernung ablichten. Viele schöne Aufnahmen sind ihm schon gelungen. Leider noch nicht vom Rotmilan. „Diese Vögel im Flug zu fotografieren, ist sehr sehr schwer“, sagt er. Höpfel hofft noch auf diesen Schnappschuss. Seinem Sohn Andreas, 17, ist er schon gelungen. O
Eine Führung zum Rotmilan im südlichen Landkreis bietet der LBV am Samstag, 3. September, von 10 bis 12 Uhr an. Treffpunkt ist in Langerringen, Burgstraße/Ecke Burghof. Infos unter stefan.hoepfel.de.