Augsburger Allgemeine (Land West)
Das Tropi am See dreht die Musik ab
Nachtleben Bei der einstigen Friedberger Kultdisco stimmten die Zahlen schon seit längerem nicht mehr. Jetzt steht fest: Es gibt keine Wiedereröffnung nach der Sommerpause. Für das Haus am See hat der Besitzer bereits einen neuen Plan
Bei der einstigen Friedberger Kultdisco haben die Zahlen schon seit Längerem nicht mehr gestimmt. Jetzt steht fest: Es gibt keine Wiedereröffnung nach der Sommerpause. Für das Gebäude am See hat der Besitzer bereits einen neuen Plan.
Friedberg Das Tropi ist Geschichte. Die Diskothek am Friedberger See, die 1980 unter dem Namen Tropicana eröffnete und zuletzt TropiClub hieß, wird nach der Sommerpause nicht wieder öffnen. „The End“steht in der geschwungenen Schrift alter Kinofilme auf einem Foto, das auf dem Facebook-Profil des Lokals veröffentlicht wurde. Noch Anfang August hatten sich die Betreiber mit den Worten „Bis nach der Sommerpause“verabschiedet.
Zu diesem Zeitpunkt stand die Zukunft bereits auf reichlich wackeligen Füßen. Schon im April fällten Pächter Manuel Liebl und Besitzer und Erbauer Heiner Kuss den Entschluss, mit neuen Konzepten zu versuchen, die Negativspirale aufzuhalten, und gaben sich dafür ein halbes Jahr Zeit. Die Besucherzahlen waren schlicht zu niedrig. Schon vor zwei Jahren stand der Klub vor dem Aus, ein Fitnessstudio war als Nachfolge im Gespräch. Doch die Genehmigung durch die Stadt Friedberg zog sich laut Kuss zu lange hin, der Interessent sprang ab. Der damalige Veranstalter DJ Paolo Montagni führte das Tropi als Betreiber weiter, bis der Neusässer Liebl einstieg. Weil Montagni nicht von Liebls Konzepten überzeugt war, zum Beispiel statt einer wiederkehrenden Party am Samstag externe Veranstalter einzuladen, hörte er Ende 2015 auch als DJ auf. Liebl dagegen ist überzeugt, dass nur diese Strategie den Klub so lange am Leben gehalten hat.
Liebls Versuche, der einstigen Kultdisco neues Leben einzuhauchen, haben nun ein Ende. Einen Plan für die Zukunft gibt es bereits: Aus der Diskothek soll laut Kuss ein Veranstaltungssaal werden, in dem Hochzeiten, Geburtstage und andere Feste gefeiert werden, zu denen 200 und mehr Gäste kommen. Auch einen Interessenten hat Kuss bereits: Manuel Liebl könnte Betreiber bleiben, zusammen mit einem neuen Geschäftspartner. Spruchreif ist aber noch nichts. Zunächst soll das Gebäude umgebaut werden, eine Nutzungsänderung hat Kuss beantragt. Vom neuen Projekt ist der Unternehmer überzeugt: „Die Nachfrage ist groß, weil es die Mög- lichkeiten woanders nicht gibt“, erklärt er und verweist auf die gute Lage und die Parkplätze. Podeste und Lichtanlage sollen abgebaut, die zugemauerten Fenster freigelegt und erneuert werden. Schalldicht, um Nachbarn nicht zu stören. „Die Lautstärken bei Diskotheken sind aber sowieso eine andere Nummer.“
Der Besitzer hat Illusionen verloren, genauso wie Pächter Liebl. „Das Konzept Großdisco ist tot“, sagt Kuss, der die Diskothek am See sein „Baby“nennt. In den Anfangsjahren seien die Gäste wegen der modernen Laser-Anlage sogar aus Ulm und Kempten gekommen, erinnert sich Kuss. Liebl, der seit rund zehn Jahren als Veranstalter im Nachtleben aktiv ist, hatte sich mehr erhofft. Er weiß aus Gesprächen mit anderen Disco-Betreiben, dass auch andernorts die Besucherzahlen sinken und spricht dabei vom „tiefsten Punkt seit 60 Jahren“.
Die jungen Leute würden mehr arbeiten, weniger fortgehen und ihr Geld eher in Smartphones und Leasing-Raten für Autos stecken, vermutet Liebl. Daran werde sich nichts ändern, prognostiziert er. „Man sperrt nicht mehr um 10 Uhr auf und um 5 Uhr zu und die Leute stehen Schlange.“Die Zeiten, in denen junge Leute Stammdiskotheken hatten, seien vorbei. Statt dessen müssten Betreiber mehr bieten: Live-Künstler und Festival-Flair. Die Sänger, die Liebl für Auftritte im Tropi engagierte, verlangten zwischen 8000 und 30 000 Euro pro Abend. Zu viel, wenn die Gäste ausbleiben. Dabei seien manche Veranstaltungen gut gelaufen, zum Beispiel die Schaumpartys oder die Ethno-Partys wie Balkan-Abende.
Fehler erkennt Liebl auch beim Tropi selbst. Die seien vor allem in der Vergangenheit gemacht worden, als man erst junge Besucher und dann Migranten vergrault habe. Frühere Pächter hätten versäumt, statt des Stammpublikums neue, jüngere Besucher anzulocken. Das habe man in den eineinhalb Jahren trotz eines guten Starts im Fasching 2015 nicht wettmachen können.
Liebl und Kuss beteuern, dass das Aus im besten Einvernehmen beschlossen wurde. Liebl spricht sogar von einem „Vater-Sohn-Verhältnis“, das zwischen den beiden entstanden sei. Da beide in der Landwirtschaft groß wurden, hätten sie von Beginn an den richtigen Draht zueinander gefunden, sagt Liebl. „Das war ein super Pächter, aber wenn das Konzept nicht geht, geht es nicht“, bedauert Kuss.
Für Liebl, der hauptberuflich als Fahrlehrer arbeitet und sich nebenher um die Disco kümmerte, war es „eine nette Erfahrung und eine nette Zeit, in der ich viele nette Leute kennengelernt habe“. Er will in der Szene aktiv bleiben und sich wieder um Veranstaltungen rund um seinen Heimatort Täfertingen kümmern. „Wenn man einmal im Nachtleben Blut geleckt hat, kommt man nicht so einfach weg.“