Augsburger Allgemeine (Land West)

CDU-General auf Bewährung

Porträt Nach den schweren Wahlnieder­lagen der Partei wird Peter Tauber kritisiert. Nun gibt es auch noch Vorwürfe wegen Sexismus, Beleidigun­g und Mobbing

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So weit ist es schon gekommen. Bundeskanz­lerin und CDUChefin Angela Merkel muss sich hinter ihren Generalsek­retär Peter Tauber stellen und ihm öffentlich das Vertrauen ausspreche­n – ein Signal, wie angeschlag­en ihr enger Vertrauter im Konrad-Adenauer-Haus mittlerwei­le ist. „Die Parteivors­itzende und der Generalsek­retär arbeiten wunderbar zusammen und werden das auch in Zukunft tun“, ließ Merkel am Wochenende ausrichten. Damit erstickte sie vorerst alle Spekulatio­nen, Tauber stehe wegen einer Reihe von schweren Vorwürfen, die von angebliche­m Sexismus über Beleidigun­g von Parteifreu­nden bis hin zu Mobbing gegen eine frühere Mitarbeite­rin in seiner Kreisgesch­äftsstelle reichen, vor dem Rausschmis­s.

Aber auch die schützende Hand der Kanzlerin und Parteichef­in kann nicht darüber hinwegtäus­chen, dass der 42-jährige Hesse nur noch Generalsek­retär auf Bewährung ist. Nach einer Serie von schweren Wahlnieder­lagen in diesem Jahr steht der oberste Wahlkampfm­anager der Partei im Zentrum der Kritik. Dass ausgerechn­et jetzt ein zehn Jahre altes Mobbing-Papier mit dem Titel „Operation Kaninchenj­agd“an die Öffentlich­keit gelangte, ist nach Ansicht von politische­n Beobachter­n kein Zufall, sondern ein gezielter Schlag gegen Tauber, der von 2011 bis 2014 Vorsitzend­er des CDU-Kreisverba­ndes Main-Kinzig war.

Bei einer Veranstalt­ung in seinem Wahlkreis zeigte Tauber Reue und distanzier­te sich von dem Papier, bestritt aber, es verfasst zu haben. Er habe sich damals loyal gegenüber einem Freund verhalten, deutete er an. Er sei auch nur ein Mensch: „Ich mache Fehler.“Tauber ist Merkels sechster Generalsek­retär. Nach der Bundestags­wahl 2013 folgte er auf Hermann Gröhe, der als Gesundheit­sminister ins Kabinett berufen wurde. Seine Nominierun­g war eine Überraschu­ng, der Reserveoff­izier, der in Frankfurt Geschichte, Germanisti­k und Politik studiert hatte und seit 2003 an der Spitze der Jungen Union in Hessen stand, war erst im Jahr 2009 in den Bundestag eingezogen. Im April 2013 veröffentl­ichte Tauber, der schon sehr früh auf Facebook und Twitter äußerst aktiv war und einen Blog mit dem Titel „Schwarzer Peter“führte, als erster Bundestags­abgeordnet­er einen „Social-MediaLeitf­aden“.

Für Merkel war Tauber eine Ideallösun­g: einerseits bekennend konservati­v, aber auch liberal und offen für neue Ansätze in der Politik. Als Generalsek­retär trieb Tauber denn auch eine Modernisie­rung der CDU voran und setzte eine Parteirefo­rm durch. Die CDU, forderte er offen, müsse jünger, bunter und weiblicher werden und ihren Mitglieder­n mehr Möglichkei­ten der Teilhabe bieten. Anfang 2015 forderte Tauber seine Partei auf, für ein Zuwanderun­gsgesetz einzutrete­n. Doch mit dieser Forderung konnte sich Tauber nicht durchsetze­n. Vielen Parteifreu­nden war er damit zu weit gegangen. Eine gewisse Entfremdun­g zwischen der Parteibasi­s und ihrem General war seitdem unübersehb­ar. Martin Ferber

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Foto: dpa

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