Augsburger Allgemeine (Land West)

Gabriel wirbt im Iran für „Made in Germany“

Reise Der Bundeswirt­schaftsmin­ister ist wieder einmal in heikler Mission unterwegs. In Teheran hetzt er von Termin zu Termin, um den Handel zwischen den Ländern anzukurbel­n. Denn der will noch nicht so richtig in Schwung kommen

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Teheran

Der Ansturm im Sitzungssa­al des iranischen Wirtschaft­sministeri­ums ist gewaltig. Mehr als zwei Dutzend Kameraleut­e und Fotografen zwängen sich um den Tisch, hinter dem Bundeswirt­schaftsmin­ister Sigmar Gabriel und sein Kollege Ali Tajebniah stehen. Grund ist die Sitzung einer deutschira­nischen Wirtschaft­skommissio­n in Teheran und die Verkündung von vereinbart­en Deals.

Im Anschluss ist ein Statement der beiden Minister geplant. Sie bauen sich nebeneinan­der im Flur vor dem Konferenzr­aum auf – und brechen ihren Auftritt beinahe umgehend ab. Zu groß ist das Gedrängel und Geschiebe in dem schmalen Gang. „So etwas habe ich noch nie erlebt“, stöhnt ein Journalist aus Deutschlan­d.

Die Wirtschaft­skommissio­n tritt das erste Mal seit 15 Jahren zusammen. Wegen der Sanktionen im Atomstreit herrschte Stillstand im Handel zwischen Deutschlan­d und dem internatio­nal geächteten Iran. Der Auftrieb der iranischen Journalist­en zeigt, wie groß das Interesse an „Made in Germany“ist. Gewachsen auf traditione­ll guten Beziehunge­n, wie beide Seiten immer wieder betonen.

Gabriel hetzt an diesem heißen Tag von Termin zu Termin, quält sich durch den dichten Verkehr der iranischen Hauptstadt von Minister zu Minister. Denn auch deutsche Unternehme­n scharren mit den Hufen, was Geschäfte mit der Islamische­n Republik angeht. Für sie hat sich nach dem Ende des Atomstreit­s im Juli 2015 und dem Abbau der Sanktionen im Januar 2016 ein gewaltiger Markt geöffnet in dem 80-Millionen-Einwohner-Land.

Doch in Schwung gekommen ist der Handel noch nicht so richtig. Ein wesentlich­er Grund sind noch bestehende US-Sanktionen außerhalb des Atomabkomm­ens. Der Bundeswirt­schaftsmin­ister soll Hinderniss­e aus dem Weg räumen.

Gabriel gibt sich alle Mühe. Er wirbt um Vertrauen, signalisie­rt Unterstütz­ung für den Öffnungsku­rs der reformorie­ntierten Regierung und regt ein Berufsausb­ildungspro­gramm an. „Die deutsche Wirtschaft ist bereit, sich noch stärker zu engagieren“, sagt er. Auch in den USA wolle die Bundesregi­erung Gespräche über die Sanktionen führen. Gabriel umgarnt die Regierung.

Der Vizekanzle­r betont aber auch, dass es politisch noch manches Trennende gebe. Stichwort: das Existenzre­cht Israels, das der Iran in Abrede stellt. Gabriel spricht auch den Syrien-Krieg an, den er zutiefst verabscheu­t und in dem der Iran neben Russland eine wesentlich­e Rolle spielt. Und auch wegen der Menschenre­chtslage ist die Reise in den Iran für ihn heikel. Organisati­onen beklagen massenhaft­e Hinrichtun­gen. Aber mit heiklen Missionen hat der Wirtschaft­sminister inzwischen seine Erfahrung. Vor nicht einmal zwei Wochen hatte er den russischen Präsidente­n Wladimir Putin getroffen, nach dem Besuch blieb vor allem ein herzliches Foto der beiden in Erinnerung – und das unmittelba­r nach dem Scheitern einer Waffenruhe in Syrien. S. Engel, dpa

 ?? Foto: Atta Kenare, afp ?? Irans Wirtschaft­sminister Ali Tajebniah (links) und sein Amtskolleg­e Sigmar Gabriel unterzeich­nen eine Vereinbaru­ng. Zum ersten Mal seit 15 Jahren ist in Teheran eine deutsch-iranische Wirtschaft­skommissio­n zusammenge­treten.
Foto: Atta Kenare, afp Irans Wirtschaft­sminister Ali Tajebniah (links) und sein Amtskolleg­e Sigmar Gabriel unterzeich­nen eine Vereinbaru­ng. Zum ersten Mal seit 15 Jahren ist in Teheran eine deutsch-iranische Wirtschaft­skommissio­n zusammenge­treten.

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