Augsburger Allgemeine (Land West)
Ruhig war’s, schee war’s
Bilanz Zum 183. Oktoberfest kommen deutlich weniger Besucher. Doch der Festleiter, die Wirte und die Polizei sind gar nicht mal so unzufrieden. Denn der ausgebliebene Andrang hat auch seine positiven Seiten
München Unspektakulär, ruhig – und vor allem friedlich. Entspannte Gesichter bei Festleitung, Rettungskräften und Polizei: Das Oktoberfest ist ohne größere Zwischenfälle in die Endrunde gegangen. Es gab weniger Gewalt, weniger Diebstähle und weniger Notarzteinsätze. Allerdings kamen schon zum zweiten Mal in Folge deutlich weniger Besucher. Nach ersten Schätzungen waren es 5,6 Millionen, fast so wenige wie 2001 nach den Terroranschlägen von New York. Das reicht aber immer noch für das Prädikat „größtes Volksfest der Welt“. Und Festleiter Josef Schmid (CSU) rief die „Genießerwiesn“aus.
Nach den Anschlägen in Paris, Brüssel und Nizza, aber auch in Bayern herrschten die strengsten Sicherheitsvorkehrungen in der mehr als 200-jährigen Geschichte des Volksfestes. Das Gelände war komplett umzäunt. Der Zaun hielt auch jene ab, die früher nach durchzechter Nacht schon frühmorgens die Bierzelte belagerten. Es sei später losgegangen mit dem Alkohol, und die Menschen seien früher nach Hause gegangen, wenn sie gut gegessen hatten, sagte Schmid. Neue Sitten auf der Wiesn. „Es war eine wunderschöne Wiesn. Endlich mal a bissel a Ruh“, sagt der Präsident des Festrings München, Karl-Heinz Knoll. ● Umsatz Laut Wirte-Sprecher Toni Roiderer wurde in den Bierzelten 12 bis 15 Prozent weniger gegessen und getrunken. Im vergangenen Jahr rannen 7,5 Millionen Maß durch durstige Kehlen. Eine konkrete Zahl für dieses Jahr nannte Roiderer nicht. Die Schausteller registrierten einen Umsatzrückgang zwischen 10 bis 20 Prozent. Besucherund Konsumzahlen sind allerdings nur bedingt vergleichbar. In diesem Jahr gab es wie alle vier Jahre nur eine kleine Wiesn, weil in der ersten Woche im Südteil die Bauern ihr Bayerisches Zentral-Landwirtschaftsfest (ZLF) feierten. Dafür dauerte das Fest wegen des angehängten Feiertags am 3. Oktober einen Tag länger. Miserables Wetter zum Auftakt, aber wahrscheinlich auch Sorgen um die Sicherheit haben in diesem Jahr die Besucherzahlen beeinträchtigt. ● Sicherheit Nach dem Amoklauf in München sowie islamistisch motivierten Anschlägen hatte die Stadt die Sicherheitsvorkehrungen erhöht. Erstmals war das Gelände vollständig von einem Zaun umschlossen. Große Taschen mit mehr als drei Litern Fassungsvermögen waren verboten. „Das Sicherheitskonzept hat gegriffen“, sagte Schmid. Die Gäste hätten sich auf der Wiesn sicher gefühlt, Klagen habe es nicht gegeben. ● Kriminalität Die Münchner Polizei zog ebenfalls eine positive Bilanz. „Es war aus unserer Sicht eine friedliche und ruhige Wiesn“, sagte Polizeivizepräsident Werner Feiler. „Wir sind sehr zufrieden.“Die Zahl der gemeldeten Delikte sank um gut 15 Prozent auf 1067, die Gäste schlugen seltener mit dem Maßkrug zu (2015: 52 mal/2016: 42 mal). Taschendiebe waren weniger erfolgreich – 203 Fälle wurden registriert, im Vorjahr waren es noch 300. Dutzende wurden erwischt, die speziell geschulten Taschendiebfahnder schnappten viele Diebe auf frischer Tat. Allerdings registrierten die Beamten eine höhere Zahl von Sexualdelikten, 31 statt im Vorjahr 21. Dazu könnte eine höhere Aufmerksamkeit der Beamten und Ordner für dieses Thema beigetragen haben. Auch die „Aktion sichere Wiesn für Frauen und Mädchen“registrierte mehr Problemfälle. 215 Wiesn-Besucherinnen suchten Hilfe am Security Point (Vorjahr: 197), in 18 Fällen hatten sie Gewalt erlebt. ● Wiesn-Hit „Hulapalu“von Andreas Gabalier hat das Rennen um den Wiesn-Hit 2016 gemacht. Der Song verwies am Ende „Ham kummst“von Seiler und Speer auf den zweiten Platz. ● Fundstücke Zu den kuriosen Funden zählten zwei Romane „Nie wieder Blondinen“mit Widmung, ein ärztliches Attest und eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung – für die Dauer der Wiesn. Wie jedes Jahr vergaßen Besucher Gebisse. Zu den Kuriositäten zählten ferner ein Blutdruckmessgerät, rote Lack-Gummistiefeletten, diverse Stöckelschuhe, eine Jeans und eine Kinder-Lederhose. Bis Wiesn-Schluss zählte das Fundbüro 2915 Fundstücke. (dpa)