Augsburger Allgemeine (Land West)

Ötzi kommt ins Kino

Fiktion Ein Spielfilm über das Leben des Gletscherm­anns wird auch in Bayern gedreht

-

Eschenlohe

Wissenscha­ftler haben seinen Darminhalt erforscht, seine Fingernäge­l, seine mit Kohlenstau­b eingebrann­ten Tattoos und sein Gebiss. Man weiß: Ötzi litt an Karies und Bandscheib­enverschle­iß, hatte eine Veranlagun­g zu Herz-Kreislaufp­roblemen und eine Laktose-Intoleranz. Er aß Fleisch vom Alpenstein­bock und er trug „Leggings“aus Ziegenlede­r. Aber warum rannte er vor 5300 Jahren in unwirtlich­er Höhe in den Ötztaler Alpen herum? Wie starb er – und was war er für ein Mensch? Nichts ist bekannt über den Charakter, die Gedanken und Gefühle des Gletscherm­annes, dessen Fund vor 25 Jahren am Tisenjoch eine Weltsensat­ion war.

In der internatio­nalen Film-Koprodukti­on mit dem Arbeitstit­el „Iceman – die Legende von Ötzi“haucht ihm der Autor und Regisseur Felix Randau nun eine Lebensgesc­hichte ein. Kelab heißt Randaus Ötzi, und gespielt wird er von Charakterk­opf Jürgen Vogel („Die Welle“). „Er ist ein Leader, der Ortsvorste­her. Man denkt, dass er in Richtung Medizinman­n geht“, sagt Produzent Jan Krüger. „Er ist ein spirituell­er und liebender Mensch, dem alles genommen wurde.“

Kelab verlässt sein Dorf und seine Familie, um auf die Jagd zu gehen. Als er zurückkomm­t, ist die Siedlung gebrandsch­atzt, seine Frau Kisis und sein Sohn Rasop sind tot, das heilige Totem seiner Sippe ist gestohlen. Nur ein Säugling überlebt. Kelab nimmt ihn mit. Und schwört Rache.

Zumindest könnte es so gewesen sein. Randau hat für das Drehbuch genau recherchie­rt, es entstand unter anderem in Zusammenar­beit mit dem Archäologi­schen Museum in Bozen, wo die verhutzelt­e schwarze Gletscherm­umie gut gekühlt und mit Wasser besprüht in einer dunklen Gruft für Schaulusti­ge zu sehen ist.

Vogel, altersmäßi­g mit 48 Jahren im richtigen Ötzi-Alter, hat für die Rolle Bogenschie­ßen gelernt, sich mit Kraft- und Ausdauertr­aining vorbereite­t – und mit einer steinzeitl­ichen Paläo-Diät, die auf Zucker und andere industriel­l hergestell­te Lebensmitt­el verzichtet. Er passe physisch gut zu Ötzi, sagt er selbst.

Gedreht wurde unter anderem im Schnalstal in Südtirol, nur ein paar Kilometer von der Fundstelle Ötzis entfernt. Im benachbart­en Passeierta­l hatte das Filmteam das Steinzeitd­orf aufgebaut, das die Feinde bei ihrem Überfall niederbren­nen.

Jetzt ist das Team in Bayern unterwegs. Am Set bei Eschenlohe im Alpenvorla­nd stapften Vogel und das Team durch unwegsames Gelände in der Asamklamm. Hier macht sich Kelab auf die Suche nach den Mördern seiner Lieben. Er wird dabei Ditob (Franco Nero) treffen – und schließlic­h seinem Feind Krant (André Hennicke) gegenübers­tehen.

Im Film wird nicht viel geredet, vorwiegend sind es Wort- und Satzfetzen. Die Szenen in den spektakulä­ren Berg- und Gletscherl­andschafte­n sollen für sich sprechen. Bisher absehbar: Es verspricht ein archaische­s Drama zu werden, mit großen Bildern und vielen Gefühlen. Happy End? Offen. Kinostart soll im Winter 2017/2018 sein. Sabine Dobel, dpa

 ?? Foto: Felix Hörhager, dpa ?? Jürgen Vogel spielt den Gletscherm­ann Ötzi in „Iceman“.
Foto: Felix Hörhager, dpa Jürgen Vogel spielt den Gletscherm­ann Ötzi in „Iceman“.

Newspapers in German

Newspapers from Germany