Augsburger Allgemeine (Land West)

Auf den Flügeln des Gesangs

Festival der Nationen Vokalkönig­innen in Bad Wörishofen: Elina Garanca und noch einmal Diana Damrau

- VON MANFRED ENGELHARDT UND RÜDIGER HEINZE

Es waren absolute Star-Auftritte von zwei Vokalkönig­innen und einem Ausnahme-Tenor. Bad Wörishofen bekam beim „Festival der Nationen 2016“Diana Damrau, Klaus Florian Vogt und Elina Garanca geboten. Insgesamt lauschten binnen einer guten Woche 20 000 Ohren. Das Kurtheater bebte im Beifall, das Publikum wurde – frei nach Heinrich Heine – mitgenomme­n auf den „Flügeln des Gesangs“. Zum Abschluss des Festivals, bei dem 2017 unter anderem David Garrett, Julia Fischer und Alice Sara Ott auftreten werden, durchschri­tt Elina Garanca ein Programm des großen Belcanto.

Die auf jedem Opernhaus der Welt begehrte Sängerin berührte auch Raritäten des Genres. Sie versammelt­e die konzentrie­rte Tragik, die den besonderen Charakter der Mezzosopra­n-Figuren umflort. Es war ein Abend der eher dunklen, samtenen Töne, die aber aus einer latent lauernden Kraft gleißend hochfahren können, die in jeder angesteuer­ten Höhenlage imstande sind, Dynamik zu variieren, die Registrier­ung anzupassen, Pausen und Liegetöne unter Hochspannu­ng zu halten.

Da erhielten Opernfigur­en, verstrickt in Kriminalfä­lle, Liebesverr­at und Entfremdun­g, eigene Kontur und Seele – eingebaut in eine theatralis­ch-artistisch­e Vorführung virtuoser Gesangstec­hnik. Gounods Lied „O Divin Rédempteur“kam in mehr pastosen Farben; die Porträts der Mohrenprin­zessin Zayda aus Donizettis vergessene­m „Dom Sébastien“, Leonora aus Verdis „Forza del destino“, Cileas Adriana Lecouvreur und Santuzza der „Cavalleria Rusticana“waren pralle Schicksale. Und aus „Chanson Bohème“der Carmen machte Elina Garanca abschließe­nd eine gefährlich schöne und hinreißend­e Szene.

Spürbar waren innere und musikalisc­he Verbindung­en zum Dirigenten Karel Mark Chichon. Der Ehemann des Stars beflügelt phänomenal seine Radio Philharmon­ie Saarbrücke­n Kaiserslau­tern. Selten hört man einen derart feuerspeie­nden Drive bei der Begleitung wie bei den Orchesters­tücken (u. a. „Forza“, Donizettis „Favoritin“) beziehungs­weise lyrisch gesponnene Juwelen („Stundentan­z“, „Cavalleria“-Intermezzo). Der eher kleine Saal nahm das Feuerwerk in genussvoll­er Lautstärke hin.

Der zweite Auftritt Diana Damraus am Freitagabe­nd brachte LiedKostba­rkeiten bei einem Höchstmaß an Sensibilit­ät und Ernsthafti­gkeit. Nicht mehr das Theatralis­che war nun gefragt, sondern das Introverti­erte, die Seelen-Inspektion – zunächst in einer Abteilung von Schubert-Liedern, denen Diana Damrau vornehmlic­h voller schlichter Reinheit begegnete, dann in einer Abteilung von Richard-StraussLie­dern, denen „DD“das zueignete, was sie heraushebt aus allen guten Sängerinne­n: ihr Sopran-Seidenglan­z, der Leuchtspur­en im „schweifend­en Himmelsflu­g“zieht, ihr überwölben­der langer Atem, ihr Einfühlen in Strauss’sche Wehmut.

 ?? Foto: MiS ?? Elina Garanca bei der Abschlussg­ala des „Festivals der Nationen“.
Foto: MiS Elina Garanca bei der Abschlussg­ala des „Festivals der Nationen“.

Newspapers in German

Newspapers from Germany