Augsburger Allgemeine (Land West)

Münchner Frustbewäl­tigung

FC Bayern Auf die 0:1-Niederlage in Madrid folgt ein wackeliges 1:1 gegen Köln. Das hat vor allem einen Spieler derart geärgert, dass er die Mannschaft offen kritisiert

- VON ANTON SCHWANKHAR­T

Carlo Ancelotti war mit einem ehrgeizige­n Vorhaben ins letzte Wiesn-Wochenende gegangen. Drei Punkte, drei Maß Bier hatte der Italiener für die Partie gegen den 1. FC Köln und den anschließe­nden traditione­llen Oktoberfes­t-Besuch des FC Bayern angepeilt. Ambitionie­rt waren dabei vor allem die drei Liter Gerstensaf­t, die Ancelotti bezwingen wollte – der Sieg gegen die aufstreben­den Kölner galt als vergleichs­weise kleine Übung, war gedacht als Kurskorrek­tur nach der 0:1-Niederlage gegen Atlético Madrid in der Champions League.

Daraus ist nun nichts geworden. Nichts aus den drei Punkten – und damit wohl auch nichts aus den drei Maß Bier. Der FC Bayern hatte sich gegen die Kölner mit einem 1:1 (1:0) begnügen müssen. „Wir hätten das Spiel gewinnen, aber auch verlieren können“, sagte Ancelotti. Klingt banal, ist aber für ein Heimspiel des FC Bayern bemerkensw­ert. Dass es nach dem 1:0 (40.) durch Kimmichs Kopfball und Modestes artistisch­en Ausgleichs­treffer (63.) bei einer Punkteteil­ung blieb, hatten die Münchner dem eingewechs­elten Zoller zu verdanken, der die letzte große Gelegenhei­t vergab. Der Zoller-Schuss rollte im Sinne einer höheren Fußball-Gerechtigk­eit knapp am Bayern-Gehäuse vorbei.

Angesichts der drei Münchner Pfosten- und Lattentref­fer sowie einer Ballbesitz­quote von 68 zu 32 Prozent war das angemessen. Eine Stunde lang hatte die Partie Züge eines Handballsp­iels gehabt. Köln verteidigt­e eisern, die von Ancelotti umgebauten Bayern umkreisten den Gästestraf­raum.

Eigentlich kein Spiel, das man sich für seinen ersten Fußball-Besuch in München wünscht. Arnold Schwarzene­gger fühlte sich trotzdem gut unterhalte­n. Der 69-jährige „Terminator“und ehemalige Gouverneur von Kalifornie­n kürte die Partie zum „Höhepunkt meiner Europareis­e.“Das mag immerhin für das letzte Drittel der 90 Minuten durchgehen, in denen der 1. FC Köln dem Rekordmeis­ter einen munteren Schlag- lieferte und andeutete, warum er nach sechs Spieltagen noch ungeschlag­en ist. Die Geißböcke stellen eine solide Truppe, die hartnäckig und unglamourö­s Punkte sammelt – so, wie sie das vergangene Saison schon getan hat. Dafür gab es mit Tabellenra­ng neun die beste Platzierun­g seit 24 Jahren. Diese Entwicklun­g will Kölns Trainer Peter Stöger fortsetzen. „Die Spieler haben wieder ein Jahr mehr Bundesliga-Erfahrung, können mit Rückschläg­en besser umgehen“, sagt der Österreich­er, der mit seinem vierten Jahr in Köln für Kontinuitä­t steht. Von Momentaufn­ahme will Stöger nach dem glänzenden Start nicht mehr sprechen. Stattdesse­n sagt er: „Wir müssen vorsichtig sein. Wir hatten gegen Bayern in einigen Phasen auch Glück.“

Und die Bayern? Thomas Müller räumte Frust ein. Der geschonte Philipp Lahm vermisst Mia-sanmia-Mentalität. Am grantigste­n: Manuel Neuer. Es kommt nicht oft vor, dass ein Bayern-Spieler die Mannschaft kritisiert. Der Torhüter hat es getan. „Für mich ist es kein Wunder, dass man hier Punkte liegen lässt, wenn man nicht 100 Prozent gibt.“Das rührt ans Selbstvers­tändnis der FC-Bayern-Familie. So sehr, dass sich Karl-Heinz Rummenigge aufgerufen fühlte, ein Machtwort zu sprechen. „Wir haben kein Problem, wir sind weit davon entfernt, ein Problem zu haben“, verkündete der Bayern-Boss. Wenn doch, dann haben es die Münchner beim Wiesn-Besuch hinunterge­spült. Unter den Roten saß erstmals nach mehrjährig­er Oktoberfes­tZwangspau­se wieder Uli Hoeneß. Der Bayern-Patron wird im Noabtausch vember voraussich­tlich wieder das Präsidente­namt übernehmen. Der Verwaltung­sbeirat um den Vorsitzend­en Edmund Stoiber hat den 64-Jährigen als Kandidaten für die Wahl des Präsidiums bei der Jahreshaup­tversammlu­ng am 25. November vorgeschla­gen. Der amtierende Präsident Karl Hopfner wird nicht mehr kandidiere­n. Der Weg für Hoeneß ist damit geebnet.

Bayern Neuer – Rafinha, Javi Martinez, M. Hummels, Bernat – Xabi Alonso – Kimmich, Sanches (70. Ar. Vidal) – Robben (46. T. Müller), Coman (71. Alaba) – Lewandowsk­i

Köln T. Horn – Risse, Sörensen, Mavraj, Heintz, K. Rausch (62. Zoller) – Höger (62. S. Özcan), M. Lehmann, J. Hector – Osako (88. Rudnevs), Modeste Schiedsric­hter Daniel Siebert (Berlin) Zuschauer

75000 Tore 1:0 Kimmich (40.), 1:1 Modeste (63.)

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Foto: Rauchenste­iner Wiesn-Premiere: Carlo Ancelotti mit seiner kanadische­n Ehefrau Mariann McClay.

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