Augsburger Allgemeine (Land West)
Diagnose des Arztes per Internet-Chat?
Die Digitalisierung wird die Arbeitswelt und die Gesellschaft verändern. Ein Projekt untersucht, wie der Großraum Augsburg für diese Herausforderung fit gemacht werden kann
Bei der Frage, was unser Leben in Zukunft stark beeinflussen wird, fällt ein Begriff immer häufiger: Digitalisierung. Sie zählt zu den zentralen Punkten, wenn es um die Frage geht, unter welchen Voraussetzungen Firmen und Regionen im Wettbewerb bestehen können. Damit beschäftigt sich jetzt ein Modellprojekt, das Lösungsansätze für die Kreise Augsburg-Land und Aichach-Friedberg erarbeiten soll. Ziel ist es, eine miteinander verbundene Digitalregion im Großraum Augsburg entstehen zu lassen.
Ein erstes Treffen der Beteiligten fand nun im Augsburger Innovationspark statt. „Wir wollen von der Bildung über die Wirtschaft und Verwaltung bis zum Thema Mobilität alles darauf durchleuchten, welche Chancen und Herausforderungen es im ländlichen Raum gibt“, sagt Madeleine Früh vom beteiligten Verein „Unternehmen für die Region.“Beteiligt sind an dem Projekt unter anderem der Berliner Verein „Collaboratory“und die Regio Augsburg Wirtschaft. ● Arbeitswelt Die Digitalisierung des ländlichen Raumes ist wichtig, um die dortigen Arbeitsplätze zu erhalten und den Anforderungen der künftigen Arbeitswelt gerecht zu werden. „Die Arbeitswelt wird viel flexibler werden und damit auch die Modelle, wie Menschen ihre Arbeit verrichten. Von zu Hause arbeiten wird ein erheblich größeres Thema werden“, sagt Früh. Das Ganze habe noch einen weiteren Vorteil: Die Pendelbewegungen vom Land zu den Arbeitsplätzen in der Stadt werden abnehmen und für Entlastung im Berufsverkehr sorgen, so Früh.
Sensibilisiert werden sollen im Rahmen des Projektes aber auch die Vertreter von Firmen. „Die Ausund Weiterbildung der Mitarbeiter fürs digitale Zeitalter ist in vielen Firmen noch gar kein Thema.“, sagt Willi Kaczorowski vom Verein „Collaboratory“. Umdenken sei auch bei der Personalgewinnung und den internen Strukturen gefordert. Jugendliche wollten in flacheren Hierarchien arbeiten, als dies heute üblich ist und die Rekrutierung von Personal werde sich in viel stärkerem Maße ins Internet verlagern. „Die wenigsten Firmen beschäftigen aber Scouts, die gezielt dort suchen“, so Kaczorowski. ● Einzelhandel Andreas Thiel, Chef der Regio Augsburg Wirtschaft, sieht in dem Zusammenhang auch beim stationären Einzelhandel noch „viel Bedarf“, wenn es darum geht, das eigene Geschäft präsentieren und die Produkte im Internet zu vermarkten. ● Medizin Aus Sicht von Früh könnte das Thema auch in Bereiche wie den Gesundheitssektor ausstrahlen. Sie hält es für denkbar, dass Patienten über das Video-ChatProgramm Skype zunächst miteinander über die Symptome reden und der Patient die Praxis nur aufsucht, wenn dafür wirklich eine Notwendigkeit besteht. Das Rezept könnte dem Patienten digital übermittelt werden und dieser druckt es dann aus. ● Gesellschaft Die Überlegungen des Projektes beziehen auch die Gesellschaft ein. So ist eine Anregung, dass Bürger sich auf Plattformen im Internet vernetzen. Dort werden dann Mitfahrgelegenheiten gepostet oder um Hilfe gebeten, beispielsweise wenn ein anderer Einwohner des Dorfes etwas aus dem Supermarkt mitbringen soll oder ein Paket aus der Postfiliale in der Stadt.