Augsburger Allgemeine (Land West)
Authentisch und intensiv
Gesprächsrunde zu „Nebel im August“
Über mangelndes Interesse konnte sich die Augsburger AWO bei ihrer Veranstaltung zum Filmstart von „Nebel im August“im Cinemaxx nicht beklagen. Sie hatte zu einer Vorführung der Kino-Version des gleichnamigen Romanes über den in Augsburg geborenen, in Irsee ermordeten Ernst Lossa und über das Euthanasieprogramm der Nationalsozialisten eingeladen.
Zudem gab es die Möglichkeit zum Gespräch mit Buchautor Robert Domes, mit Filmproduzent Ulrich Limmer und mit Professor Michael von Cranach, dem früheren Ärztlichen Direktor des BKH Kaufbeuren. Zu diesem fachkundigen Trio stieß auch noch Holger Karsten Schmidt, der das übereinstimmend gelobte Drehbuch der mehrfach preisgekrönten Verfilmung geschrieben hatte. Eine Gesprächsrunde, welche die Vorführung des von Regisseur Kai Wessel eindringlich-erschütternd gestalteten KinoWerkes um informative Erläuterungen bereicherte, war somit garantiert.
Besondere Verdienste bezüglich der Aufarbeitung der in Kaufbeuren und Irsee verübten Krankenmorde hat der 1980 nach Kaufbeuren gekommene Professor Michael von Cranach. „Er hat mich auf das Schicksal Ernst Lossas aufmerksam gemacht“, erläuterte Romanautor Robert Domes. „Er hat mich als Mentor begleitet und beraten. Er ist in Archive gegangen und hat in Krankenakten und Briefen von Angehörigen recherchiert.“
Robert Domes betonte, dass der Film „die Geschichte eines Jungen, der in eine Anstalt gerät, mit seinen Mitteln rebelliert und als Jenischer der NS-Rassenideologie zum Opfer fällt, sehr eindrucksvoll vermittelt“. Wie für sein Buch, so habe auch für den Film die Maxime gegolten: „So authentisch wie möglich, so fiktional wie nötig“. Produzent Ulrich Limmer, verwies darauf, dass das Mädchen Nandl im Film – anders als im Buch – überlebt. „Wir haben das für nötig gehalten, um das düstere Ende mit einem kleinen Hoffnungszeichen ein wenig aufzuhellen.“
Dass – ähnlich wie die Richter – auch die Ärzte nach Kriegsende nicht zur Rechenschaft gezogen wurden und dass „noch zwei Monate nach Kriegsende weiter gemordet wurde“(Michael von Cranach), rief beim Publikum, das von der Intensität des auch darstellerisch beeindruckenden Films sichtlich berührt war, großes Unverständnis hervor. Man müsse auch darauf hinweisen, so von Cranach, dass es sich bei den für die Tötungen hauptverantwortlichen Ärzten, wie beim in den 20er Jahren als fortschrittliches Psychiatrie-Genie geltenden Anstaltsleiter Valentin Faltlhauser, oft um kompetente Fachleute gehandelt habe. „Aber in einer entscheidenden Phase ihres Wirkens war ihnen die weitere Ausübung ihres Berufes offensichtlich wichtiger als der Einsatz für das Lebensrecht, der ihnen anvertrauten, besonders schutzbedürftigen Patienten“, stellte von Cranach fest.