Augsburger Allgemeine (Land West)
Zoll nutzt neue Taktik im Kampf gegen Schwarzarbeit
Wirtschaft Beamte kontrollieren weniger Firmen, dafür suchen sie die dicken Fische. Ist das die richtige Strategie? Gewerkschafter fürchten, dass die Ausbeutung von Mitarbeitern zunimmt – ein Beispiel seien die Reinigungsfirmen
Augsburg Es ist ein schmutziger Trick, der in der Reinigungsbranche immer wieder genutzt wird, um Mitarbeiter möglichst schlecht zu bezahlen. Eine Putzkraft erhält zwar offiziell den Mindestlohn von 9,80 pro Stunde. Aber in der Realität sieht es anders aus: Sie bekommt eine Fläche zugeteilt, die sie niemals in der vorgegebenen Zeit putzen kann. Das führt zu unbezahlten Überstunden. Auch im Raum Augsburg gibt es immer wieder solche Fälle der Ausbeutung, stellt die Gewerkschaft IG Bau fest.
Tragen die Behörden daran eine Mitschuld? Der Bezirkschef der Gewerkschaft, Hugo Herburger, sieht das so. Er übt jetzt harsche Kritik am Zoll. Der Gewerkschafter nennt Zahlen, die aus seiner Sicht belegen, dass der Zoll die Gebäudereinigungsfirmen in der Region zu wenig kontrolliert. Gerade einmal 43 Kontrollen habe es im vorigen Jahr in der Branche im Bereich des Augsburger Hauptzollamtes gegeben. Die Zollbeamten sind zuständig für ganz Bayerisch-Schwaben und den Raum Ingolstadt. „Die schwarzen Schafe unter den Chefs der Reinigungsbranche registrieren sofort, wenn es wenig Kontrollen gibt. Für sie zählt nur das Risiko, entdeckt zu werden“, sagt Hugo Herburger. Die geringere Zahl der Kontrolle wirke sich aus, ist die Gewerkschaft überzeugt. Nur drei schwarze Schafe unter den Gebäudereinigungsfirmen hätten die Augsburger Zöllner im Jahr erwischt. Drei Bußgeldverfahren seien eingeleitet worden. Insgesamt waren es 753 Verfahren in allen vom Augsburger Zollamt untersuchten Branchen. Die Zahlen hat das Bundesfinanzministerium auf eine Anfrage der Grünen im Bundestag hin mitgeteilt. Aus Sicht der Gewerkschaft liegt es nicht am Einsatz der Fahnder. Herburger: „Es ist in erster Linie ein Personalproblem. Dem Zoll fehlen die Leute.“
Das Hauptzollamt widerspricht. Die Fahnder folgen neuerdings einer anderen Taktik. Sie wollen nicht möglichst viel kontrollieren, sondern möglichst „dicke Fische“an Land ziehen. Behördensprecherin Ute Greulich-Stadlmayer sagt auf Anfrage: „Für die Schwarzarbeitsbekämpfung ist grundsätzlich nicht die Zahl der Prüfungen und Personenbefragungen entscheidend, sondern vielmehr, in besonders von Schwarzarbeit betroffenen Bereichen zu prüfen und große Betrugsfälle aufzudecken.“Es gehe auch darum, vor allem organisierte Formen der Schwarzarbeit zu bekämpfen. Aus Sicht des Zolls ist die neue Taktik ein Erfolg: Die Zahl der Verurteilungen zu Geld- und Haftstrafen und die Höhe der aufgedeckten Schäden sei dadurch gestiegen.
Bei der IG Bau will man das allerdings nicht so recht glauben. Das könne den Staat, dem Steuern und Sozialabgaben vorenthalten würden, nicht zufriedenstellen, sagt Hugo Herberger. Leidtragende seien die anständigen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Er fordert weiterhin „flächendeckende Prüfungen“.