Augsburger Allgemeine (Land West)
Die erste Ausweichbühne ist eröffnet
Kultur Mit der Premiere des „Nussknackers“präsentierte das Theater am Sonntag die erste Inszenierung außerhalb des Großen Hauses. Das Fazit von Besuchern und Intendanz fällt positiv aus. Und doch gibt es etwas zu verbessern
Den Premierensekt gab’s aus dem Plastikglas an Bistrotischen im Foyer der Schwabenhalle und auch sonst war die Premiere des „Nussknackers“anders, als man es vom Theater kennt: die Räume weniger prächtig, das Ambiente weniger feierlich. Die Besucher aber waren größtenteils angetan von der Ausweichspielstätte Schwabenhalle. „Man hat einen sehr guten Blick auf Bühne und Orchester“, sagt Teresa Leierseder. Heidi und Bernd Streble aus Friedberg, seit 50 Jahren Theatergänger, halten auch die Akustik für ausgezeichnet.
Intendantin Juliane Votteler fiel am Sonntag nach der Aufführung „ein ganzes Gebirge“vom Herzen. Das Ensemble hatte nur eine einzige Probe auf der Messe – die Generalprobe am Samstag. Bis dahin wurde im Großen Haus geübt. Weil die Bühne dort schmäler ist als die in der Schwabenhalle, mussten Tänzer und Choreografen umdenken.
Die Bilanz der Theaterleitung fällt nach den ersten beiden Abenden gut aus, auch wenn laut Thea- Philipp Peters in einigen Punkten nachgebessert werden muss. Zum Beispiel beim Catering: Die Gäste mussten in der Pause zu lange auf Getränke warten. Und obwohl die meisten Besucher gut auf die Bühne und ins Orchester schauen können, gab es auch Kritik: In den ersten beiden Reihen ist die Sicht auf die Bühne eingeschränkt. Mit 44 Euro pro Platz sind die Tickets dort zwar günstiger als in der besten Kategorie (49 Euro), im Vergleich zu hinteren Plätzen mit besserer Sicht aber teurer. Darüber werde man reden müssen, so Peters.
Zwei Inszenierungen werden bis Anfang Februar in der Schwabenhalle gezeigt. Neben dem „Nussknacker“ist es die Puccini-Oper „Tosca“. Neu ist für die Theaterbesucher, dass die Aufführungstermine sehr schnell hintereinander folgen, „weil wir jeden freien Termin nutzen werden“. Weil die Besucher dieses Prozedere nicht gewohnt sind, lief der Kartenverkauf für gestern Abend und diese Woche noch schleppend.
Bis Ende Juni wird das Theater außerdem im Kongress am Park spielen. Geplant sind dort unter anderem das Weihnachtsmärchen „Pünktchen und Anton“, das Ballett „Carmen“sowie Verdis „Otello“. Dieses Stück hat das Theater anstelle von Dvoraks „Rusalka“in den Spielplan aufgenommen. Auch andere Produktionen werden ausgetauscht, weil sich die ursprünglichen Pläne laut Votteler nur in einem Theater mit kompletter Bühnentechnik hätten realisieren lassen.
Dass mit dem Martinipark nun eine feste Interimsspielstätte entstehen wird, macht die Planung für das Theater leichter. In der aktuellen Saison werden Ensemble und Besutersprecher cher davon aber kaum profitieren: Die Stadtverwaltung geht davon aus, dass die Industriehallen erst zu Beginn der kommenden Spielzeit, also im Herbst 2017, fertig sein werden. Vorher werden dort lediglich zwei oder drei Stücke gezeigt. Auf lange Sicht entstehen im Martinipark nicht nur Garderoben, Maske und Räume für die Intendanz, sondern auch eine Bühne mit rund 600 Plätzen. Damit ist dort Platz für Musiktheater, große Schauspielproduktionen und Ballett. Das Gaswerk dagegen wird ab 2018 mit rund 300 Plätzen für kleinere Produktionen zur Verfügung stehen.
Obwohl diese Aussichten laut Juliane Votteler gut sind, gibt es aktuell noch Probleme zu lösen: Für Goethes „Faust“gibt es noch immer keinen geeigneten Ort, ebenso für „Kaspar Hauser“, eine Produktion, die das Augsburger Dreispartenhaus von Freiburg übernehmen wollte. Das Stück „Der nackte Wahnsinn“kann in keiner Übergangsspielstätte gezeigt werden, stattdessen wird ein anderes Schauspiel gezeigt. „Da laufen aktuell Gespräche“, sagt Votteler.
»Kommentar und Kultur Seite 14