Augsburger Allgemeine (Land West)

Die erste Ausweichbü­hne ist eröffnet

Kultur Mit der Premiere des „Nussknacke­rs“präsentier­te das Theater am Sonntag die erste Inszenieru­ng außerhalb des Großen Hauses. Das Fazit von Besuchern und Intendanz fällt positiv aus. Und doch gibt es etwas zu verbessern

- VON NICOLE PRESTLE

Den Premierens­ekt gab’s aus dem Plastikgla­s an Bistrotisc­hen im Foyer der Schwabenha­lle und auch sonst war die Premiere des „Nussknacke­rs“anders, als man es vom Theater kennt: die Räume weniger prächtig, das Ambiente weniger feierlich. Die Besucher aber waren größtentei­ls angetan von der Ausweichsp­ielstätte Schwabenha­lle. „Man hat einen sehr guten Blick auf Bühne und Orchester“, sagt Teresa Leierseder. Heidi und Bernd Streble aus Friedberg, seit 50 Jahren Theatergän­ger, halten auch die Akustik für ausgezeich­net.

Intendanti­n Juliane Votteler fiel am Sonntag nach der Aufführung „ein ganzes Gebirge“vom Herzen. Das Ensemble hatte nur eine einzige Probe auf der Messe – die Generalpro­be am Samstag. Bis dahin wurde im Großen Haus geübt. Weil die Bühne dort schmäler ist als die in der Schwabenha­lle, mussten Tänzer und Choreograf­en umdenken.

Die Bilanz der Theaterlei­tung fällt nach den ersten beiden Abenden gut aus, auch wenn laut Thea- Philipp Peters in einigen Punkten nachgebess­ert werden muss. Zum Beispiel beim Catering: Die Gäste mussten in der Pause zu lange auf Getränke warten. Und obwohl die meisten Besucher gut auf die Bühne und ins Orchester schauen können, gab es auch Kritik: In den ersten beiden Reihen ist die Sicht auf die Bühne eingeschrä­nkt. Mit 44 Euro pro Platz sind die Tickets dort zwar günstiger als in der besten Kategorie (49 Euro), im Vergleich zu hinteren Plätzen mit besserer Sicht aber teurer. Darüber werde man reden müssen, so Peters.

Zwei Inszenieru­ngen werden bis Anfang Februar in der Schwabenha­lle gezeigt. Neben dem „Nussknacke­r“ist es die Puccini-Oper „Tosca“. Neu ist für die Theaterbes­ucher, dass die Aufführung­stermine sehr schnell hintereina­nder folgen, „weil wir jeden freien Termin nutzen werden“. Weil die Besucher dieses Prozedere nicht gewohnt sind, lief der Kartenverk­auf für gestern Abend und diese Woche noch schleppend.

Bis Ende Juni wird das Theater außerdem im Kongress am Park spielen. Geplant sind dort unter anderem das Weihnachts­märchen „Pünktchen und Anton“, das Ballett „Carmen“sowie Verdis „Otello“. Dieses Stück hat das Theater anstelle von Dvoraks „Rusalka“in den Spielplan aufgenomme­n. Auch andere Produktion­en werden ausgetausc­ht, weil sich die ursprüngli­chen Pläne laut Votteler nur in einem Theater mit kompletter Bühnentech­nik hätten realisiere­n lassen.

Dass mit dem Martinipar­k nun eine feste Interimssp­ielstätte entstehen wird, macht die Planung für das Theater leichter. In der aktuellen Saison werden Ensemble und Besuterspr­echer cher davon aber kaum profitiere­n: Die Stadtverwa­ltung geht davon aus, dass die Industrieh­allen erst zu Beginn der kommenden Spielzeit, also im Herbst 2017, fertig sein werden. Vorher werden dort lediglich zwei oder drei Stücke gezeigt. Auf lange Sicht entstehen im Martinipar­k nicht nur Garderoben, Maske und Räume für die Intendanz, sondern auch eine Bühne mit rund 600 Plätzen. Damit ist dort Platz für Musiktheat­er, große Schauspiel­produktion­en und Ballett. Das Gaswerk dagegen wird ab 2018 mit rund 300 Plätzen für kleinere Produktion­en zur Verfügung stehen.

Obwohl diese Aussichten laut Juliane Votteler gut sind, gibt es aktuell noch Probleme zu lösen: Für Goethes „Faust“gibt es noch immer keinen geeigneten Ort, ebenso für „Kaspar Hauser“, eine Produktion, die das Augsburger Dreisparte­nhaus von Freiburg übernehmen wollte. Das Stück „Der nackte Wahnsinn“kann in keiner Übergangss­pielstätte gezeigt werden, stattdesse­n wird ein anderes Schauspiel gezeigt. „Da laufen aktuell Gespräche“, sagt Votteler.

»Kommentar und Kultur Seite 14

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Teresa Leierseder
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Heidi und Bernd Streble

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