Augsburger Allgemeine (Land West)
Erntedank
Vom Dreschflegel zum Mähdrescher
Welden Die Spreu vom Weizen trennen – das war früher anstrengende Handarbeit. Das konnten die Besucher am Sonntag bei einem großen Erntedankfest in Welden erleben. Und selber ausprobieren. Das Fest, verbunden mit dem traditionellen Apfelfest des Gartenbauvereins, fand im Rahmen des Kult(o)urSommers statt. Die Mitglieder des Gartenbauvereins Welden, des Dreschervereins Emersacker und der Ortsverbände des Bauernverbandes haben es gemeinsam organisiert.
Auf dem Marktplatz und im Markttreff konnte alles Mögliche verkostet werden, was über das Jahr auf den Feldern gewachsen ist. Auch Liebhaber von Oldtimer-Bulldogs kamen auf ihre Kosten. Ein besonderer Publikumsmagnet und dem durchwachsenen Wetter zum Trotz war die Sonderschau „Vom Korn zum Brot“.
Karl Schußmann, der Vorsitzende des Dreschervereins Emersacker, erklärt an der ersten Station: Bis 1920 wurde das Korn fast ausschließlich noch mit Dreschflegeln aus den Getreideähren herausgeschlagen. Kolonnen von Bauern mussten dann monatelang Getreide dreschen. Nach dem Ersten Weltkrieg kamen dann die ersten einfachen Dreschmaschinen zum Einsatz. Gemeinsam mit Vereinskollege Siegfried Karner wirft Schußmann eine Stiften-Dreschmaschine von Epple & Buxbaum an, Baujahr schätzungsweise 1910. Mithilfe von Stiften in zwei Trommeln werden dabei die Körner aus den Ähren gestreift.
Eine Station weiter wird dann die Spreu vom Weizen in einer Windmaschine, auch Rotationsworfelmaschine, getrennt. Pure Muskelkraft ist dabei erforderlich, um mit einer Handkurbel das nötige Gebläse in Gang zu setzen. Ein kleiner Junge übernimmt freiwillig die Arbeit und hilft damit dem Korn zum nächsten und letzten Schritt: dem Mahlen in der Schrotmühle. Aus dem gewonnenen Mehl werden in Welden dann Pizzas gebacken und an die hungrigen Besucher verkauft.
Die Vorführung des Dreschervereins dient zweierlei Zwecken, erklären die Organisatoren: Zum Einen ist sie sehr lehrreich für viele der Besucher im mittleren und jungen Alter, die selbst wohl gar nicht mehr wissen, woher ihr täglich Brot kommt und welcher Prozess dahinter steht. Alfred Stix aus Heretsried hat sich diesem Thema besonders intensiv gewidmet und die Geschichte vom Getreide zum Brot im schwäbischen Holzwinkel in einem Büchlein aufgeschrieben. Er steht an einem Infostand für Fragen und Antworten bereit. Zum anderen wird durch die Erläuterungen und die Vorführung des Dreschervereins deutlich, wie mühsam die Erntearbeit vor noch nicht allzu langer Zeit war – und auch, wie schnell sich die Technik entwickelt hat. So kann eine Dreschmaschine der Firma Dechentreiter aus den 50er Jahren bereits dreschen, die Spreu und Ähren sauber trennen und das Korn nach Qualität in dreierlei Säcke sortieren. 34 Zentner Getreide können damit in der Stunde verarbeitet werden, erklärt Karner. Und ergänzt: Um das Stromnetz nicht zu überlasten, galt damals im Dorf noch die Regel, dass an geraden und ungeraden Tagen nur die geraden beziehungsweise ungeraden Hausnummer dreschen durften.
Neben dieser mittlerweile schon historischen Maschine steht natürlich auch ein großer Mähdrescher, so wie wir ihn heute auf den Feldern der Bauern sehen können. Dieser erledigt alle diese Schritte gleich auf dem Feld.
Auch Walter Thiergärtner, der für die Gesamtorganisation des Festes zuständig war, hat in einem landwirtschaftlichen Betrieb gelernt und die Entwicklung der vergangenen 50 Jahre mitgemacht. Vieles, was damals noch harte körperliche Arbeit auf dem Feld bedeutete, übernehmen heute Traktoren und Maschinen. So schaffe modernstes Gerät mittlerweile vier Hektar in nur zwei Stunden, erklärt er. Und Kollege Karner fügt hinzu: „Der Begriff Tagwerk stimmt also heute nicht mehr.“