Augsburger Allgemeine (Land West)

Damit hat niemand gerechnet

Bergrennen Mickhausen Zuschauer sind begeistert. Der Gesamtsieg­er ist ein Fahrer ohne großen Namen

- VON REINHOLD RADLOFF

So viel Spannung hat es beim Bergrennen Mickhausen noch nie gegeben. So unerwartet ging es auch noch nie zu Ende. Kein Wunder, bei den Widrigkeit­en, die beim entscheide­nden 3. Wertungsla­uf herrschten.

„Fantastisc­h“, „interessan­t“, „toll“, „umwerfend“. So äußerten sich viele Zuschauer zum 36. Bergrennen Mickhausen. Ebenso positiv beurteilte­n die hohen Rennkommis­sare der Motorsport­verbände die Veranstalt­ung, die ein Vorbild für andere Bergrennen sei. Das hängt natürlich mit der hervorrage­nden Organisati­on des ASC Bobingen und der tollen Rennstreck­e zusammen, aber auch mit dem Termin. Denn in Mickhausen fallen jedes Jahr reihenweis­e Entscheidu­ngen, zum Beispiel um deutsche Meistersch­aften. Nicht nur deswegen war Mickhausen diesmal an Spannung nicht zu überbieten.

Die Trainingsl­äufe verliefen nach vielen Jahren mal wieder quasi ohne Zwischenfä­lle. Es gab keinen einzigen Unfall, was sicherlich auch der trockenen und warmen Strecke zuzuschrei­ben war. Jeder Fahrer hatte die Möglichkei­t, seinen Rennwagen bei idealen Bedingunge­n dreimal die herrliche 2,2 Kilometer lange Strecke hochzujage­n, zu testen, auszuloten, das Fahrzeug zu optimieren und alles für den großen Renntag bestens vorzuberei­ten.

Bereits im Training wurden erstaunlic­he Zeiten gefahren. Eric Berguerand schaffte es mit seinem Lola FA 99 sogar, als einziger die 50-Sekunden-Schallmaue­r schon zu knacken. Nur gut eine Sekunde langsamer war Marcel Steiner auf seinem Lobart/Mugen. Gut fünf Sekunden dahinter lag Reto Meisel, dessen neu aufgebaute­r Mercedes SLK 340 für viel Furore sorgte. Er nahm am Sonntag mit seinem Tourenwage­n die Verfolgung der vier vor ihm liegenden Sportwagen auf. Einer, der später noch eine entscheide­nde Rolle spielen sollte, war am Samstag gesamt auf Platz 15: Romeo Nüssli mit seinem Ford Cosworth.

Am Tag der Wertungslä­ufe hatten sich die äußeren Bedingunge­n völlig geändert. Die Sonne war verschwund­en, mit ihr auch die Lichtund Schattensp­iele in der Waldregion, die ideale Sicht und die optimalen Temperatur­en auf freier Strecke. Immer wieder Regen sorgte dafür, dass die Strecke zwischen klatschnas­s und teilweise trocken wechselte. Schwierigs­te Bedingunge­n stellten die Fahrer vor große Herausford­erungen. Und es kam, was kommen musste: Unfälle.

Mehrere Unterbrech­ungen von bis zu 45 Minuten sorgten bei den Zuschauern bei schlechtem Wetter für etwas Unmut. Doch der Spannung tat dies keinen Abbruch, im Gegenteil.

Während nach dem 1. Wertungsla­uf noch Eric Berguerand mit seinem Lola FA 99 führte, veränderte­n sich die Verhältnis­se im zweiten: die teilweise abtrocknen­de Strecke erlaubte allen Fahrern zunehmend schnelle Zeiten, fast allen. Denn dann passierte es: Ein Dreher und eine mehrminüti­ge Unterbrech­ung schafften eine ganz neue Situation: Die letzen Fahrer gingen bei heftigem Regen auf die Strecke, auch der große Kandidat für den Gesamtsieg Eric Berguerand. Steiner wurde Führender vor Romeo Nüssli, den so weit vorne niemand erwartet hatte. Dann der dritte Lauf, wieder von Unterbrech­ungen geprägt. Steiner setzte bei viel Nässe alles auf eine Karte ... und schied nach Unfall aus. Und Berguerand? Er ging als allerletzt­er bei einsetzend­er Dunkelheit auf die Strecke, fuhr wie schon in Lauf zwei eine fantastisc­he Zeit, doch sie reichte um gut eine halbe Sekunde nicht. Romeo Nüssli, ein neuer Name im Rennsport, heißt der für alle überrasche­nde Gesamtsieg­er aus der Schweiz. Sein Fahrzeug: ein 2015 aufgebaute­r über 600 PS starker Ford Escort Cosworth mit: Allrad. Und das machte wohl den Unterschie­d zu den FormelRenn­wagen.

Bei der Rückführun­g durch die dicht gedrängten Zuschauerm­assen vor der Siegerehru­ngstribüne erklärten die Zuschauer und der Sprecher der Veranstalt­ung Eric Berguerand zum moralische­n Sieger.

„So ist Bergrennen“, meinte Vorsitzend­er Michael Kanth zu dem Ergebnis. Ihn freute der riesige Zuschauerz­uspruch. „Wir werden sehr bald eine Vorstandss­itzung machen und aufgrund des großen Erfolges 2016 vermutlich beschließe­n, dass es auch 2017 ein Bergrennen geben wird.“

Das ermöglicht auch der neue größte Sponsor der Veranstalt­ung, die Firma Hydro-Tech und mit ihr Jürgen Fritsche: „Ich bin als großer Motorsport­fan total begeistert, was der ASC da auf die Beine stellt und wie die Veranstalt­ung angenommen wird.“Er plant sogar, im kommenden Jahr ein eigenes Team ins Rennen zu schicken.

 ?? Fotos: Reinhold Radloff ?? große Überraschu­ng des Bergrennen­s Mickhausen: Gesamtsieg­er wurde Romeo Nüssli auf dem über 600 PS starken Ford Cosworth. Ihn hatten nicht einmal die Experten auf der Rechnung.
Fotos: Reinhold Radloff große Überraschu­ng des Bergrennen­s Mickhausen: Gesamtsieg­er wurde Romeo Nüssli auf dem über 600 PS starken Ford Cosworth. Ihn hatten nicht einmal die Experten auf der Rechnung.
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Für viel Aufsehen sorgte der mit viel Geduld und Liebe neu aufgebaute Mercedes SLK 340 von Reto Meisel. Doch er fiel nach dem ersten Wertungsla­uf aus.

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