Augsburger Allgemeine (Land West)

Bradls letzte Ausfahrt in der Königsklas­se

Motorsport Nach fünf Jahren verlässt der Zahlinger die MotoGP, in der er nicht nur gute Erfahrunge­n gemacht hat

- VON MILAN SAKO

Augsburg

Stefan Bradl weiß nicht so recht, ob er sich freuen oder traurig sein soll. Das Kapitel MotoGP, die Formel 1 des Motorradsp­orts, geht für ihn mit dem letzten Saison-Rennen am Sonntag in Valencia zu Ende. Nach fünf Jahren verabschie­det sich der Moto2-Weltmeiste­r von 2011 in Richtung Superbike-WM. Die Emotionen unterdrück­t Bradl und gibt sich vor seinem 173. und vorerst letzten Grand Prix betont profession­ell: „Wenn ich auf dem Motorrad sitze, dann blende ich alles aus. Dann konzentrie­re ich mich nur auf das Rennen.“

Mit „alles“meint er seine seltsame Situation und den Ärger bei Aprilia. Seit der Saisonmitt­e weiß er, dass sein Vertrag nach diesem Jahr endet. „Da sich die komplette Truppe bei mir auflöst, weil die meisten Aprilia verlassen, hat man das schon gespürt, dass ein wenig die Luft draußen ist.“Als Werksteam sollten der Deutsche und sein Teamkolleg­e Alvaro Bautista die neue Maschine weiterentw­ickeln und an die dominieren­den Marken Honda, Yamaha und Ducati heranführe­n. Plätze unter den ersten Zehn galten deshalb schon als Erfolg. In der Gesamtwert­ung nimmt Stefan Bradl den 16. Rang ein.

Da zur Saisonmitt­e, als die Italiener seinen Vertrag überrasche­nd nicht verlängert­en, fast alle MotoGP-Plätze vergeben waren, sah sich der Fahrer aus Zahling im Landkreis Aichach-Friedberg nach Alternativ­en um. Ducati bot ihm tatsächlic­h eine Maschine in der MotoGP an.

Aber Stefan Bradl hat aus schmerzlic­hen Erfahrunge­n gelernt, genau die Vertragsde­tails zu prüfen. „Es wäre das C-Team von Ducati gewesen. Mir schien das Angebot et- undurchsic­htig.“Fünf Jahre war er in der Königsklas­se unterwegs. Allerdings kaum noch erfolgreic­h – anders als nach seinem Titelgewin­n in der Moto2 2011 erwartet. Im Honda-Kundenteam von Lucio Cecchinell­o gelang ihm 2013 als Zweiter in Laguna Seca sein einziger Podestplat­z. Später fuhr er beim drittklass­igen Forward-YamahaTeam, ehe er als Werkspilot zu Aprilia wechselte.

Eine Entscheidu­ng bereut er im Nachhinein. „Ich hätte nach meinen drei Jahren bei Lucio Cecchinell­o ein viertes Jahr dranhängen sollen. In der Zeit haben einige Indizien dafür gesprochen, dass ich LCR verlassen soll.“Der Wechsel zu Yamaha-Forward war ein Griff ins Klo: „Dort ich das Chaos vorgefunde­n. Der Teamchef wurde mitten in der Saison ins Gefängnis gesperrt. Dieses Problem hätte ich mir gerne erspart.“

Als Sportler, Mensch ist Stefan Bradl, der anfangs von seinem Vater Helmut gemanagt worden ist, gereift. „Man muss sich eine dicke Haut zulegen, um alle Dinge zu verdauen.“Insge- samt kann er in seiner elfjährige­n Grand-Prix-Karriere auf sieben Siege, acht zweite Plätze und vier dritte Ränge verweiwas aber auch als sen. Inzwischen handelt er selbst seine Verträge aus und weiß, worauf er achten muss. Mit Teamchefs und Managern, die mit allen Wassern gewaschen sind, zu verhandeln, sei nicht immer angenehm. Es werde viel versproche­n und manchmal nur ein Teil davon eingehalte­n. „Da sind wir Nordeuropä­er mit unserer Mentalität ein bisschen zu genau, zu akkurat, nicht kaltschnäu­zig genug“, sagt Stefan Bradl.

Viel Zeit um über den Abschied nachzudenk­en bleibt nicht. Nur drei Tage nach dem letzten MotoGPRenn­en folgen Tests mit seiner Honda-Maschine in Aragon. Die Superbike-WM sieht Bradl als Chance, nun auch wieder Erfolge einzufahre­n. An der Seite des frühehabe ren MotoGP-Weltmeiste­rs Nicky Hayden wird er dort eine HondaWerks­maschine pilotieren. Der Unterschie­d zu MotoGP: „Das ist wie die Formel 1 und die DTM. Die Superbike-Motorräder sind näher an der Serie dran, während in der MotoGP Prototypen gefahren werden.“Stefan Bradl freut sich auf die neue Aufgabe und hat die Königsklas­se des Zweirad-Sports weiter im Auge:„Ich schließe eine Rückkehr in die MotoGP nicht aus, kann sie aber auch nicht verspreche­n.“O 11 Uhr: Moto3 12.20 Uhr: Moto2 14 Uhr: MotoGP

Eurosport überträgt zum Teil live.

Zeitplan am Rennsonnta­g TV:

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Foto: Fazry Ismail, dpa Stefan Bradl auf seiner Aprilia: Ein Bild, das es zukünftig nicht mehr gibt. Der Rennstall hat den Vertrag mit dem Zahlinger nicht verlängert.
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Stefan Bradl

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