Augsburger Allgemeine (Land West)
Wie man einem schwierigen Ort näherkommen kann
Heimatgeschichte Auch in Horgau gab es ein KZ-Außenlager, die Blechschmiede. Wie weit die Aufarbeitung gehen kann
Zusmarshausen/Horgau
Das Interesse an diesem Teil von Heimatgeschichte ist groß: Hunderte von Besuchern haben im vergangenen Monat bereits die Sonderausstellung „Geheimsache Kuno II – die Wunderwaffe aus dem Waldwerk“im Museum Zusmarshausen besucht, bei den Vortragsterminen im Rahmenprogramm drängen sich die Zuhörer, und die Dokumentation zur Ausstellung hat sich inzwischen tausendfach verkauft. Am kommenden Sonntag, 13. November, wird nun Kreisheimatpflegerin Claudia Ried über ein ähnliches Werk ganz in der Nähe berichten.
Denn das Werk bei Zusmarshausen ist nicht das einzige seiner Art im Landkreis. Nordöstlich des Horgauer Bahnhofs wurden in der sogenannten Blechschmiede ebenfalls Flugzeugteile gefertigt. Auch hier wurden aus dem Osten Europas verschleppte Menschen und KZ-Gefangene zum Arbeiten unter härtesten Bedingungen gezwungen. Zum Konzentrationslager Dachau gehörte ein weitverzweigtes Netz von etwa 140 Außenlagern, in denen ab 1942 über 30000 Gefangene inhaftiert wurden.
Doch was geschah dort genau? Heute sind von der einstigen Fabrik nur noch Reste eines Fundaments im Waldboden zu sehen. Lange Zeit war die Geschichte des heutigen Bodendenkmals fast ganz in Vergessenheit geraten, über die historischen Hintergründe und Zusammenhänge sowie die in Horgau inhaftierten KZ-Häftlinge war nur sehr wenig bekannt.
Erst als der Sozialpädagoge Markus Seiler das Projekt „Zeigefinger weg – Arbeitshandschuhe raus“ins Leben rief, fand von Dezember 2007 bis November 2010 eine intensive Beschäftigung mit der Geschichte der sogenannten „Blechschmiede Horgau“statt, in der im Auftrag der Firma Messerschmitt Bauteile für die Me 262 gefertigt werden sollten. An der Aufarbeitung beteiligten sich zahlreiche Privatpersonen, der Kreisjugendring Augsburg-Land, Lehrer und Schüler der Realschule Neusäß, die Gemeinde Horgau, die Bayerischen Staatsforsten, die Kultur- und Heimatpflege des Landkreises Augsburg sowie der Arbeitskreis für Vorund Frühgeschichte des Heimatvereins für den Landkreis Augsburg. Dadurch gelang es, die Überreste des KZ-Außenlagers mit Informationstafeln und Stelen vor Ort wieder sichtbar zu machen, die mit der Blechschmiede verbundene Geschichte zumindest in Teilen zu rekonstruieren und in einer eigens herausgegebenen Broschüre festzuhalten. Und doch wird die ganze Geschichte der Blechschmiede wohl nicht mehr rekonstruiert werden können.
Es gibt nur noch wenige Augenzeugen. Vor eineinhalb Jahren war einer von ihnen, der Pole Witold Scibak, in Horgau zu Besuch – doch auch ihm sagten die wenigen Reste im Wald kaum noch etwas. „Vielleicht gibt es ja noch mal einen Sensationsfund bei den damaligen Alliierten“, sagt Kreisheimatpflegerin Claudia Ried.
Solche Funde waren es, die in der Vergangenheit oftmals bei der Aufklärung der Verbrechen in den Konzentrationslagern halfen. Am Sonntag, 13. November, wird die Kreisheimatpflegerin nun in einem Vortrag im Zusmarshauser Museum das von ehrenamtlichem Engagement getragene Projekt vorstellen und zeigen, mit welcher Vorgehensweise und welchen Methoden neue Erkenntnisse zur Geschichte des ehemaligen KZ-Außenlagers gewonnen werden konnten. Anhand der vorhandenen Quellen verdeutlicht sie andererseits aber auch, an welche Grenzen die historische Forschung bei der Aufarbeitung des KZ-Außenlagers Horgau gestoßen ist.
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