Augsburger Allgemeine (Land West)

Es wird gebaut und gebaut

Immobilien In diesem Jahr wurden so viele Wohnungen genehmigt wie seit dem Jahr 1999 nicht mehr. Wo die Risiken liegen

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Wiesbaden

Die Niedrigzin­sen und die Unterbring­ung von Flüchtling­en treiben den Bauboom in Deutschlan­d an. In den ersten neun Monaten wurden so viele Wohnungen genehmigt wie seit 1999 nicht mehr. Vor allem mehr Wohnheime und Mehrfamili­enhäuser ließen die Zahl der neu genehmigte­n Einheiten auf 276 297 ansteigen, berichtet das Statistisc­he Bundesamt. Das waren rund 53500 Wohnungen mehr als im gleichen Vorjahresz­eitraum.

In den Zahlen für Wohnheime sind auch Flüchtling­sunterkünf­te enthalten. Die Zahl der Wohnungen in dieser vergleichs­weise kleinen Kategorie stieg am stärksten um 129,6 Prozent auf 18400.

Aus Sicht der Branche reichen die Genehmigun­gen allerdings nicht, um den Bedarf an bezahlbare­m Wohnraum, vor allem in Ballungsrä­umen, zu decken. „Genehmigt ist noch lange nicht gebaut“, sagte Michael Knipper, Hauptgesch­äftsführer des Hauptverba­ndes der Deutschen Bauindustr­ie. Er rechnet nicht damit, dass in diesem Jahr die Marke von 300 000 Fertigstel­lungen geknackt wird. Man sei also noch weit entfernt von dem jährlichen Baubedarf von 350000 bis 400000 Wohnungen.

Nach Einschätzu­ng des Deutschen Mieterbund­es müssten über Jahre hinweg jeweils rund 400000 Wohnungen genehmigt und gebaut werden, insbesonde­re im klassische­n Mietwohnun­gsbau.

Ein Grund für den Immobilien­boom ist das extrem niedrige Zinsniveau. Die Europäisch­e Zentralban­k (EZB) hat die Zinsen in der Eurozone auf das Rekordtief von null Prozent gesenkt. Baukredite sind so günstig wie seit Jahren nicht, während klassische Sparproduk­te kaum noch Rendite abwerfen. Investoren flüchten daher auch in Immobilien, was die Nachfrage zusätzlich anheizt. „Wir befürchten, dass viele Genehmigun­gen zunächst nur eingeholt werden, um die Spekulatio­n zu befeuern. Das Grundstück steigt im Wert, wann gebaut wird, steht in den Sternen“, sagte Knipper von der Bauindustr­ie.

Die Bundesbank sieht trotz teils kräftig gestiegene­r Preise aber noch keine gefährlich­en Übertreibu­ngen. „Obwohl die Preise für Wohnimmobi­lien in Deutschlan­d seit dem Jahr 2010 deutlich steigen, gibt es aktuell keine Anzeichen für eine exzessive Kreditverg­abe oder eine Abschwächu­ng der Kreditverg­abestandar­ds“, sagte jüngst die Vizepräsid­entin der Notenbank, Claudia Buch.

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Foto: Arno Burgi, dpa An vielen Stellen im Land wird gebaut. Doch vielen reicht das noch nicht, da bezahlbare Wohnungen immer noch knapp sind.

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