Augsburger Allgemeine (Land West)
Neuer Verdacht gegen Linus Förster
Justiz Gegen Schwabens SPD-Chef wird ermittelt. Bisher ging es um den Ärger bei einem Prostituierten-Besuch. Doch es gibt einen neuen Verdacht. Und der könnte den Landtagsabgeordneten endgültig seine politische Karriere kosten
Augsburg Das Ermittlungsverfahren gegen Schwabens SPD-Chef Linus Förster weitet sich aus. Nach Informationen unserer Zeitung aus gut informierten Kreisen wurden auf elektronischen Datenträgern des Augsburger Landtagsabgeordneten sogenannte Posing-Fotos nackter minderjähriger Frauen gefunden. Nach der Affäre um den Ex-SPD-Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy war das Gesetz verschärft worden. Seitdem können Nacktbilder von Kindern oder Jugendlichen auch strafbar sein, wenn es sich nicht um Kinderpornografie handelt. Gegen Förster, 51, ermittelt seit Anfang November die Staatsanwaltschaft wegen Körperverletzung und illegaler Filmaufnahmen. Er lässt derzeit alle politischen Ämter ruhen.
Augsburg
Es ist nun eine gute Woche vergangen, seit die Vorwürfe gegen Schwabens SPD-Chef Linus Förster bekannt geworden sind. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen ihn wegen illegaler Filmaufnahmen und Körperverletzung. Es geht um die Folgen eines Besuchs bei einer Augsburger Prostituierten. Doch trotz vehementer Forderungen seiner Partei nach Aufklärung schweigt Förster, 51, beharrlich. Hat das einen besonderen Grund?
Der Fall des Augsburger Landtagsabgeordneten spielt auf zwei verschiedenen Ebenen – der politischen und der strafrechtlichen. Und diese beiden Ebenen vertragen sich oft nicht. Die Genossen wollen möglichst schnell wissen, wie schwer die Vorwürfe sind, damit sie entscheiden können, ob sie zu Förster halten oder ob sie sich von ihm distanzieren. Ein Strafverteidiger wird seinem Mandanten in diesem frühen Stadium eines Ermittlungsverfahrens meist raten zu schweigen.
So ist es auch im Fall Förster. „Es wird von uns keinerlei inhaltliche Stellungnahmen vor Abschluss der Ermittlungen geben“, sagt Försters Anwalt Walter Rubach. Er werde erst die Akten studieren und dann mit dem Politiker beraten, was zu sagen sei. Immerhin nennt Rubach ein Zeitfenster: „Es könnte sein, dass es Ende nächster Woche so weit ist.“Das sind die üblichen Worte eines Anwalts, der sich erst eine Verteidigungsstrategie zurechtlegen muss. Und doch sieht es danach aus, als ob in diesem Fall mehr dahintersteckt.
Denn nach gesicherten Informationen unserer Zeitung haben die Ermittler der Kripo auf den zahlreichen Datenträgern, die sie in den Wohnungen und Büros von Förster in München und Augsburg beschlagnahmt haben, weiteres belastendes Material gefunden. Es geht demnach um dubiose Fotos von (halb)nackten minderjährigen Frauen. Diese sogenannten „Posing“-Fotos sind im Zusammenhang mit der Affäre um den ehemaligen SPD-Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy kontrovers diskutiert worden. Nach dem Fall Edathy wurde das Gesetz verschärft. Seitdem können Nacktbilder von Kindern und Jugendlichen auch dann strafbar sein, wenn es sich nicht um Kinderpornografie handelt.
Die Grenzen zwischen „Posing“-Fotos und Kinderpornografie sind nicht leicht zu ziehen. Wie es sich im Fall Förster verhält, wird die Augsburger Staatsanwaltschaft prüfen müssen. Pressesprecher Matthias Nickolai will sich aber derzeit weder zum Inhalt noch zur Dauer des Ermittlungsverfahrens äußern. In einer von der Kanzlei Rubach vergangene Woche verbreiteten Erklärung hat Förster mitgeteilt, dass er die Staatsanwaltschaft bei ihrer Arbeit unterstützen werde. Unklar ist momentan, ob der Landtagsabgeordnete Förster die gefundenen Fotos selbst gemacht oder sie sich im Internet besorgt hat.
Nach dem Strafgesetz macht es auch einen Unterschied, ob jemand für derartige Fotos bezahlt oder nicht. Derzeit ist noch nicht abzusehen, welche Paragrafen zur Anwendung kommen und wie die Affäre strafrechtlich für Linus Förster ausgehen wird.
Politisch wächst mit den neuen Erkenntnissen der Ermittler der Druck auf Förster gewaltig. Seit letzter Woche ist praktisch kein Tag vergangen, an dem nicht ein SPD-Politiker von Förster die schnelle und umfassende Aufklärung der Vorwürfe eingefordert hat. Am Mittwochabend war es die SPD-Landtagsfraktion, wo es in einer Fraktionssitzung nach Aussagen von Teilnehmern eine „intensive Erörterung“und eine „sehr ernste Debatte“gegeben hat. Beschlüsse wurden nicht gefasst. Forderungen nach einem Ausschluss Försters aus der Fraktion gab es nicht. Der Augsburger Abgeordnete war selbst nicht in der Sitzung.
Doch das war am Mittwoch. Wie die Genossen auf die neuen Erkenntnisse der Ermittler reagieren, ist noch nicht absehbar. Nachdem Linus Förster zunächst auch für die SPDLeute nicht erreichbar gewesen war, gab es nach Angaben der Augsburger SPD-Chefin und Bundestagsabgeordneten Ulrike Bahr inzwischen zwei Treffen mit Förster von jeweils einer guten halben Stunde. „Herr Förster hat aber auf Anraten seines Anwalts keine inhaltliche Erklärung abgegeben“, sagt Bahr. Sie befinde sich in einem Dilemma: Einerseits wolle sie Förster nicht vorverurteilen, andererseits müsse sie Schaden von der Partei abwehren. „Daher erwarte ich mir schon eine baldige Stellungnahme von Linus Förster.“Doch die Chancen auf eine rasche Erklärung Försters sind nach den neuen Ermittlungsergebnissen genauso gesunken wie Försters Aussichten auf eine vierte Legislaturperiode im Bayerischen Landtag.