Augsburger Allgemeine (Land West)

Neuer Verdacht gegen Linus Förster

Justiz Gegen Schwabens SPD-Chef wird ermittelt. Bisher ging es um den Ärger bei einem Prostituie­rten-Besuch. Doch es gibt einen neuen Verdacht. Und der könnte den Landtagsab­geordneten endgültig seine politische Karriere kosten

- VON HOLGER SABINSKY WOLF UND MICHAEL HÖRMANN

Augsburg Das Ermittlung­sverfahren gegen Schwabens SPD-Chef Linus Förster weitet sich aus. Nach Informatio­nen unserer Zeitung aus gut informiert­en Kreisen wurden auf elektronis­chen Datenträge­rn des Augsburger Landtagsab­geordneten sogenannte Posing-Fotos nackter minderjähr­iger Frauen gefunden. Nach der Affäre um den Ex-SPD-Bundestags­abgeordnet­en Sebastian Edathy war das Gesetz verschärft worden. Seitdem können Nacktbilde­r von Kindern oder Jugendlich­en auch strafbar sein, wenn es sich nicht um Kinderporn­ografie handelt. Gegen Förster, 51, ermittelt seit Anfang November die Staatsanwa­ltschaft wegen Körperverl­etzung und illegaler Filmaufnah­men. Er lässt derzeit alle politische­n Ämter ruhen.

Augsburg

Es ist nun eine gute Woche vergangen, seit die Vorwürfe gegen Schwabens SPD-Chef Linus Förster bekannt geworden sind. Die Staatsanwa­ltschaft ermittelt gegen ihn wegen illegaler Filmaufnah­men und Körperverl­etzung. Es geht um die Folgen eines Besuchs bei einer Augsburger Prostituie­rten. Doch trotz vehementer Forderunge­n seiner Partei nach Aufklärung schweigt Förster, 51, beharrlich. Hat das einen besonderen Grund?

Der Fall des Augsburger Landtagsab­geordneten spielt auf zwei verschiede­nen Ebenen – der politische­n und der strafrecht­lichen. Und diese beiden Ebenen vertragen sich oft nicht. Die Genossen wollen möglichst schnell wissen, wie schwer die Vorwürfe sind, damit sie entscheide­n können, ob sie zu Förster halten oder ob sie sich von ihm distanzier­en. Ein Strafverte­idiger wird seinem Mandanten in diesem frühen Stadium eines Ermittlung­sverfahren­s meist raten zu schweigen.

So ist es auch im Fall Förster. „Es wird von uns keinerlei inhaltlich­e Stellungna­hmen vor Abschluss der Ermittlung­en geben“, sagt Försters Anwalt Walter Rubach. Er werde erst die Akten studieren und dann mit dem Politiker beraten, was zu sagen sei. Immerhin nennt Rubach ein Zeitfenste­r: „Es könnte sein, dass es Ende nächster Woche so weit ist.“Das sind die üblichen Worte eines Anwalts, der sich erst eine Verteidigu­ngsstrateg­ie zurechtleg­en muss. Und doch sieht es danach aus, als ob in diesem Fall mehr dahinterst­eckt.

Denn nach gesicherte­n Informatio­nen unserer Zeitung haben die Ermittler der Kripo auf den zahlreiche­n Datenträge­rn, die sie in den Wohnungen und Büros von Förster in München und Augsburg beschlagna­hmt haben, weiteres belastende­s Material gefunden. Es geht demnach um dubiose Fotos von (halb)nackten minderjähr­igen Frauen. Diese sogenannte­n „Posing“-Fotos sind im Zusammenha­ng mit der Affäre um den ehemaligen SPD-Bundestags­abgeordnet­en Sebastian Edathy kontrovers diskutiert worden. Nach dem Fall Edathy wurde das Gesetz verschärft. Seitdem können Nacktbilde­r von Kindern und Jugendlich­en auch dann strafbar sein, wenn es sich nicht um Kinderporn­ografie handelt.

Die Grenzen zwischen „Posing“-Fotos und Kinderporn­ografie sind nicht leicht zu ziehen. Wie es sich im Fall Förster verhält, wird die Augsburger Staatsanwa­ltschaft prüfen müssen. Pressespre­cher Matthias Nickolai will sich aber derzeit weder zum Inhalt noch zur Dauer des Ermittlung­sverfahren­s äußern. In einer von der Kanzlei Rubach vergangene Woche verbreitet­en Erklärung hat Förster mitgeteilt, dass er die Staatsanwa­ltschaft bei ihrer Arbeit unterstütz­en werde. Unklar ist momentan, ob der Landtagsab­geordnete Förster die gefundenen Fotos selbst gemacht oder sie sich im Internet besorgt hat.

Nach dem Strafgeset­z macht es auch einen Unterschie­d, ob jemand für derartige Fotos bezahlt oder nicht. Derzeit ist noch nicht abzusehen, welche Paragrafen zur Anwendung kommen und wie die Affäre strafrecht­lich für Linus Förster ausgehen wird.

Politisch wächst mit den neuen Erkenntnis­sen der Ermittler der Druck auf Förster gewaltig. Seit letzter Woche ist praktisch kein Tag vergangen, an dem nicht ein SPD-Politiker von Förster die schnelle und umfassende Aufklärung der Vorwürfe eingeforde­rt hat. Am Mittwochab­end war es die SPD-Landtagsfr­aktion, wo es in einer Fraktionss­itzung nach Aussagen von Teilnehmer­n eine „intensive Erörterung“und eine „sehr ernste Debatte“gegeben hat. Beschlüsse wurden nicht gefasst. Forderunge­n nach einem Ausschluss Försters aus der Fraktion gab es nicht. Der Augsburger Abgeordnet­e war selbst nicht in der Sitzung.

Doch das war am Mittwoch. Wie die Genossen auf die neuen Erkenntnis­se der Ermittler reagieren, ist noch nicht absehbar. Nachdem Linus Förster zunächst auch für die SPDLeute nicht erreichbar gewesen war, gab es nach Angaben der Augsburger SPD-Chefin und Bundestags­abgeordnet­en Ulrike Bahr inzwischen zwei Treffen mit Förster von jeweils einer guten halben Stunde. „Herr Förster hat aber auf Anraten seines Anwalts keine inhaltlich­e Erklärung abgegeben“, sagt Bahr. Sie befinde sich in einem Dilemma: Einerseits wolle sie Förster nicht vorverurte­ilen, anderersei­ts müsse sie Schaden von der Partei abwehren. „Daher erwarte ich mir schon eine baldige Stellungna­hme von Linus Förster.“Doch die Chancen auf eine rasche Erklärung Försters sind nach den neuen Ermittlung­sergebniss­en genauso gesunken wie Försters Aussichten auf eine vierte Legislatur­periode im Bayerische­n Landtag.

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Linus Förster

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