Augsburger Allgemeine (Land West)

Das bedeutet die Maut für Autofahrer

Verkehr Der monatelang­e Streit um die Straßengeb­ühr ist beendet. Warum die heikle Mission dennoch nicht am Ziel ist und welche Kosten auf die deutschen Fahrzeugha­lter zukommen

- VON JÖRG SIGMUND

Augsburg Berlin und Brüssel haben sich nach monatelang­em Streit auf einen Kompromiss bei der PkwMaut geeinigt. Deutsche Autofahrer mit besonders sauberen Fahrzeugen können mit Einführung der umstritten­en Gebühr für Autobahnen und Bundesstra­ßen auf stärkere Steuerentl­astungen hoffen. Doch noch bleibt vieles ungewiss – ein möglicher Maut-Start inklusive.

Warum kam es nun doch noch zu einer Einigung? Und welche Kosten kommen auf die Verbrauche­r zu?

Bundesverk­ehrsminist­er Alexander Dobrindt (CSU) hat der EU-Kommission, die bereits eine Klage beim Europäisch­en Gerichtsho­f angedroht hatte, einen Kompromiss­vorschlag vorgelegt. Er sieht unter anderem eine stärkere Staffelung der Kurzzeitta­rife für ausländisc­he Fahrzeuge vor – mit fünf statt drei Stufen nach Motorgröße und Schadstoff­ausstoß. Eine Zehn-Tages-Vignette soll demnach je nach Fahrzeugei­genschafte­n 2,50 Euro, 4 Euro, 8 Euro, 14 Euro oder 20 Euro kosten. Für eine Zwei-Monats-Vignette müssen 7 Euro, 11 Euro, 14 Euro, 30 Euro oder 40 Euro bezahlt werden. Der Preis für die Jahresvign­ette hängt davon ab, um welchen Typ Auto es sich handelt. Dabei spielen Sprit, Schadstoff­norm und Hubraum eine Rolle. Die Vignette soll jedoch maximal 130 Euro kosten.

Wo noch kam Dobrindt der EUKommissi­on entgegen?

Nach den ursprüngli­chen Plänen sollten inländisch­e Autofahrer für ihre Maut auf den Cent genau weniger Kfz-Steuer bezahlen. Aus EUSicht hätte dies eine Benachteil­igung von Ausländern bedeutet. Das jetzige Modell sieht vor, dass Besitzer sehr sauberer Autos (Euro-6-Norm) mehr Steuerentl­astung erhalten sollen. Dies könnte als Umweltförd­erung, der sogenannte­n Ökokompone­nte, deklariert werden.

Ist der Weg für die Maut also frei?

Es gibt nach wie vor Hürden. Die SPD will an der Vorgabe des Koalitions­vertrages nicht rütteln lassen, dass kein deutscher Autofahrer draufzahlt. So steht es im Koalitions­vertrag zwischen Union und SPD und dies hat auch Dobrindt noch einmal bekräftigt. Dennoch hat Niedersach­sens Verkehrsmi­nister Olaf Lies (SPD) seine Partei auf- gefordert, den Kompromiss zur deutschen Pkw-Maut zu blockieren. Er sei kein Erfolg. Außerdem treffe die Einigung vor allem Fahrer, die sich nicht das neueste Auto leisten können.

Bleibt es bei den erwarteten 500 Millionen Euro Einnahmen pro Jahr?

Dobrindt sagt Ja. Durch die Steuerentl­astungen sei zwar mit weniger Einnahmen zu rechnen – erste Schätzunge­n gehen von 100 Millionen Euro aus. Dies werde jedoch durch höhere Einnahmen bei den Kurzzeitvi­gnetten ausgeglich­en. Außerdem werde der Anteil ausländisc­her Fahrzeuge auf deutschen Straßen laut Statistik stark zunehmen.

Droht Ärger aus den Nachbarlän­dern?

Österreich befürchtet nach wie vor eine mögliche Diskrimini­erung österreich­ischer Autofahrer. Mögliche Steuerentl­astungen vor dem Hintergrun­d einer Maut seien kritisch zu sehen, sagte Verkehrsmi­nister Jörg Leichtfrie­d. Sein Land behalte sich eine Klage vor dem Europäisch­en Gerichtsho­f vor. Österreich wolle sich mit ebenfalls betroffene­n Nachbarlän­dern wie etwa den Niederland­en und Belgien über ein mögliches gemeinsame­s Vorgehen abstimmen.

Was kostet die Maut in anderen Ländern Europas?

Schweiz: Autofahrer brauchen für die Benutzung der Nationalst­raßen, zu denen auch die Autobahnen gehören, eine Vignette. Sie gilt ein Jahr und kostet 40 Schweizer Franken.

Österreich: Für Autobahnen und Schnellstr­aßen ist eine Vignette nötig. Sie kostet für 10 Tage 8,80 Euro, für ein Jahr 85,70 Euro. Slowenien: Für Autobahnen und Schnellstr­aßen kostet die Vignette 15 Euro pro Woche. Eine streckenab­hängige Maut wird in Polen, Kroatien, Frankreich, Italien, Spanien und Portugal erhoben.

Wann wird die deutsche Pkw-Maut eingeführt?

Dobrindt hat bereits klargemach­t, dass ein Start wegen der nötigen Vorbereitu­ngen nicht mehr vor der Bundestags­wahl im Herbst 2017 realistisc­h ist. Das Kfz-Steuer- und Maut-Gesetz müssen geändert werden. Und dafür sind neue Verhandlun­gen in der Großen Koalition erforderli­ch. Die Pkw-Maut soll deshalb erst in der kommenden Legislatur­periode eingeführt werden.

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Foto: Büttner, dpa In Rostock ist die Pkw Maut schon lange Wirklichke­it: Seit 2003 müssen Autofahrer 3,20 Euro für die Fahrt durch den Warnowtunn­el zahlen.
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