Augsburger Allgemeine (Land West)

Waffenbesi­tzer bleiben vorerst unbehellig­t

Sicherheit CDU und CSU lehnen SPD-Forderung nach einer Regelanfra­ge bei BKA und Verfassung­sschutzämt­ern ab

- VON MARTIN FERBER

Berlin

Die rund eine Million Waffenbesi­tzer in Deutschlan­d, zum größten Teil Sportschüt­zen, Jäger und Sammler, müssen vorerst nicht damit rechnen, dass sie vom Verfassung­sschutz auf extremisti­sche Einstellun­gen überprüft werden. Eine entspreche­nde Forderung der SPD lehnen sowohl die Innenminis­ter von CDU und CSU als auch die Unions-Bundestags­fraktion kategorisc­h ab. Bei der Konferenz der Innenminis­ter des Bundes und der Länder gab es wegen des Vetos der Union keinen Beschluss.

CDU-Innenminis­ter Thomas de Maizière wurde lediglich aufgeforde­rt, in einem Gespräch mit der Unionsfrak­tion das weitere Vorgehen auszuloten. Zwar seien sich alle Innenminis­ter einig, „dass Extremiste­n keine Waffen haben sollten“, gleichwohl wolle man keine „Kriminalis­ierung und Diffamieru­ng“aller Sportschüt­zen und Jäger, sagte der CDU-Innenminis­ter von Mecklenbur­g-Vorpommern, Lorenz Caffier, zum Abschluss der Konferenz.

Bei der SPD stieß diese Einstellun­g auf massive Kritik. „Das ist völlig unverständ­lich, weil CDU und CSU sonst immer nach schärferen Gesetzen und mehr Sicherheit rufen“, sagte SPD-Innenexper­tin Gabriele Fograscher aus dem Landkreis Donau-Ries unserer Zeitung. Die Regelanfra­ge bei BKA und Verfassung­sschutz sei „notwendig, weil Extremiste­n nicht in den Besitz von Waffen kommen dürfen“. Von einer Kriminalis­ierung könne keine Rede sein. „Es muss doch im Interesse der gesetzestr­euen Sportschüt­zen und Jäger sein, dass die schwarzen Schafe enttarnt werden.“

Das Thema ist nicht neu. Das Land Rheinland-Pfalz stellt bereits seit längerem bei jedem Antrag auf Ausstellun­g eines Waffensche­ines eine Regelanfra­ge beim Landeskrim­inalamt und beim Landesamt für Verfassung­sschutz und fordert eine bundeseinh­eitliche Regelung. Der Bundesrat sprach sich auf Initiative des schwarz-grün regierten Hessen bereits im Sommer dafür aus, doch der Bundestag befasste sich mit dem Thema bislang nicht. Als vor rund sechs Wochen ein sogenannte­r „Reichsbürg­er“im mittelfrän­kischen Georgensgm­ünd einen Polizisten erschoss, flammte die Debatte erneut auf. Denn der Mann war im Besitz von 30 Waffen.

Allein in Bayern gibt es nach Erkenntnis­sen der Sicherheit­sbehörden rund 1700 Anhänger der „Reichsbürg­er“-Szene, etwa 340 von ihnen besitzen entweder scharfe Waffen oder Schrecksch­usswaffen. CSU-Innenminis­ter Joachim Herrmann nannte diese Zahlen ein „Alarmsigna­l“, SPD-Bundesjust­izminister Heiko Maas forderte als Konsequenz eine konsequent­e Entwaffnun­g der Szene – durch eine Regelanfra­ge bei BKA und Verfassung­sschutzämt­ern sollten die Extremiste­n ausgesiebt werden.

Das allerdings geht der Union zu weit. Eine Regelanfra­ge für alle Waffenhalt­er sei „überzogen“, es reiche, wenn die Sicherheit­sbehörden gezielt nach „Reichsbürg­ern“suchen, sagt der Innenexper­te der Unionsfrak­tion, Stephan Mayer (CSU). Erste Länder praktizier­en dies bereits. So erließ der niedersäch­sische SPD-Innenminis­ter Boris Pistorius Mitte November einen Erlass, wonach als „Reichsbürg­er“identifizi­erte Besitzer einer Waffe pauschal als „waffenrech­tlich unzuverläs­sig“angesehen werden sollen. Damit kann ihnen nach dem geltenden Waffenrech­t der Besitz der Waffe untersagt werden.

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Foto: Jens Büttner, dpa Sichergest­ellte Waffen der Polizei: keine bundeseinh­eitliche Lösung bei der Suche nach Extremiste­n.

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