Augsburger Allgemeine (Land West)
Waffenbesitzer bleiben vorerst unbehelligt
Sicherheit CDU und CSU lehnen SPD-Forderung nach einer Regelanfrage bei BKA und Verfassungsschutzämtern ab
Berlin
Die rund eine Million Waffenbesitzer in Deutschland, zum größten Teil Sportschützen, Jäger und Sammler, müssen vorerst nicht damit rechnen, dass sie vom Verfassungsschutz auf extremistische Einstellungen überprüft werden. Eine entsprechende Forderung der SPD lehnen sowohl die Innenminister von CDU und CSU als auch die Unions-Bundestagsfraktion kategorisch ab. Bei der Konferenz der Innenminister des Bundes und der Länder gab es wegen des Vetos der Union keinen Beschluss.
CDU-Innenminister Thomas de Maizière wurde lediglich aufgefordert, in einem Gespräch mit der Unionsfraktion das weitere Vorgehen auszuloten. Zwar seien sich alle Innenminister einig, „dass Extremisten keine Waffen haben sollten“, gleichwohl wolle man keine „Kriminalisierung und Diffamierung“aller Sportschützen und Jäger, sagte der CDU-Innenminister von Mecklenburg-Vorpommern, Lorenz Caffier, zum Abschluss der Konferenz.
Bei der SPD stieß diese Einstellung auf massive Kritik. „Das ist völlig unverständlich, weil CDU und CSU sonst immer nach schärferen Gesetzen und mehr Sicherheit rufen“, sagte SPD-Innenexpertin Gabriele Fograscher aus dem Landkreis Donau-Ries unserer Zeitung. Die Regelanfrage bei BKA und Verfassungsschutz sei „notwendig, weil Extremisten nicht in den Besitz von Waffen kommen dürfen“. Von einer Kriminalisierung könne keine Rede sein. „Es muss doch im Interesse der gesetzestreuen Sportschützen und Jäger sein, dass die schwarzen Schafe enttarnt werden.“
Das Thema ist nicht neu. Das Land Rheinland-Pfalz stellt bereits seit längerem bei jedem Antrag auf Ausstellung eines Waffenscheines eine Regelanfrage beim Landeskriminalamt und beim Landesamt für Verfassungsschutz und fordert eine bundeseinheitliche Regelung. Der Bundesrat sprach sich auf Initiative des schwarz-grün regierten Hessen bereits im Sommer dafür aus, doch der Bundestag befasste sich mit dem Thema bislang nicht. Als vor rund sechs Wochen ein sogenannter „Reichsbürger“im mittelfränkischen Georgensgmünd einen Polizisten erschoss, flammte die Debatte erneut auf. Denn der Mann war im Besitz von 30 Waffen.
Allein in Bayern gibt es nach Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden rund 1700 Anhänger der „Reichsbürger“-Szene, etwa 340 von ihnen besitzen entweder scharfe Waffen oder Schreckschusswaffen. CSU-Innenminister Joachim Herrmann nannte diese Zahlen ein „Alarmsignal“, SPD-Bundesjustizminister Heiko Maas forderte als Konsequenz eine konsequente Entwaffnung der Szene – durch eine Regelanfrage bei BKA und Verfassungsschutzämtern sollten die Extremisten ausgesiebt werden.
Das allerdings geht der Union zu weit. Eine Regelanfrage für alle Waffenhalter sei „überzogen“, es reiche, wenn die Sicherheitsbehörden gezielt nach „Reichsbürgern“suchen, sagt der Innenexperte der Unionsfraktion, Stephan Mayer (CSU). Erste Länder praktizieren dies bereits. So erließ der niedersächsische SPD-Innenminister Boris Pistorius Mitte November einen Erlass, wonach als „Reichsbürger“identifizierte Besitzer einer Waffe pauschal als „waffenrechtlich unzuverlässig“angesehen werden sollen. Damit kann ihnen nach dem geltenden Waffenrecht der Besitz der Waffe untersagt werden.