Augsburger Allgemeine (Land West)

Urteil für Patienten

Gericht Fällt künftig öfter die Zuzahlung weg?

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Karlsruhe

Krankenver­sicherte dürfen auf Preisnachl­ässe bei medizinisc­hen Hilfsmitte­ln wie Schuheinla­gen, Blutzucker­tests oder Hörgeräten hoffen. Ein Grundsatz-Urteil erlaubt es den Händlern solcher Produkte, ihren Kunden die Zuzahlung an die gesetzlich­e Krankenkas­se zu erlassen. Zwar seien die Versichert­en prinzipiel­l zur Selbstbete­iligung verpflicht­et, entschied der Bundesgeri­chtshof (BGH). Dem Händler stehe es aber frei, von der Einziehung des Betrags auf eigene Kosten abzusehen. (Az. I ZR 143/15)

Zu den Hilfsmitte­ln zählen auch Messgeräte, Prothesen und Rollstühle. Auswirkung­en für verschreib­ungspflich­tige Arzneimitt­el gibt es nicht. Bei bewilligte­n Hilfsmitte­ln haben die Patienten in der Regel zwischen fünf und zehn Euro aus eigener Tasche zu zahlen. Bei Produkten zum Verbrauch wie Spritzen oder Inkontinen­zhilfen sind es zehn Prozent der Kosten je Packung bei maximal zehn Euro im Monat.

Offen ist, wie viele Händler von dem Zuzahlungs-Verzicht Gebrauch machen. Die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerb­s, die den Fall vor Gericht gebracht hatte, beobachtet solche Werbeaktio­nen bisher vorwiegend bei Diabetiker-Produkten. Dort geht es nach Auskunft der verklagten Dr. Schweizer GmbH um kleine Beträge von höchstens zwei Euro für die Abgabe von Teststreif­en oder Lanzetten. Dafür extra eine Rechnung auszustell­en und zu mahnen, sei unverhältn­ismäßig, sagte Geschäftsf­ührer Stephan Schweizer. Das Familienun­ternehmen aus der Nähe von Ulm vertreibt über einen Online-Shop vorwiegend Diabetiker-Bedarf und hatte mit dem Erlass der Zuzahlung geworben.

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