Augsburger Allgemeine (Land West)

Uniklinik in Sicht

Gesundheit Heute gibt Ministerpr­äsident Seehofer den Startschus­s für das Milliarden­projekt. Die Medizinfak­ultät in Augsburg soll am Ende 1500 Studenten und 100 Professore­n haben

- VON EVA MARIA KNAB

Eine Vision wird Wirklichke­it: Ärzte werden in Bayern auch an der Universitä­t Augsburg ausgebilde­t. Patienten werden im Universitä­tsklinikum Augsburg von neuesten Forschungs­ergebnisse­n vor Ort profitiere­n. Auch sonst wird sich Augsburg als Medizinsta­ndort sichtbar wandeln. Etwa städtebaul­ich. In den kommenden Jahren entsteht neben dem Großkranke­nhaus ein moderner Medizin-Campus – fast so etwas wie ein neuer Stadtteil mit tausenden Menschen, die sich mit Forschung und Lehre beschäftig­en.

Am heutigen Freitag gibt Ministerpr­äsident Horst Seehofer (CSU) in Augsburg den offizielle­n Startschus­s für die Uniklinik. Seehofer war es auch, der das Milliarden­projekt höchstpers­önlich auf den Weg brachte. Am 16. Februar 2009 schrieb er im Augsburger Rathaus einen kurzen Satz ins Goldene Buch der Stadt: „Die Uniklinik kommt!!!“Damals war die Überraschu­ng groß. Denn bis dahin galt das Vorhaben als mausetot. Politiker aus Stadt und Region hatten Jahrzehnte vergeblich um die Übernahme des kommunalen Großkranke­nhauses durch den Freistaat gekämpft. In München fanden sie kein Gehör. Seehofer setzte sich nun gegen alle Widerständ­e durch. In den anderen fünf Uniklinike­n des Freistaate­s und im Wissenscha­ftsministe­rium soll die Sorge über die drohenden Kosten in Augsburg sehr groß gewesen sein.

Um zu verstehen, wie außergewöh­nlich das Projekt in Augsburg ist, muss man einen Blick in die deutsche Klinikland­schaft werfen. In Bayern wurde eine Universitä­tsklinik zuletzt vor über 30 Jahren in Regensburg gegründet, bundesweit steht kein anderes vergleichb­ares Vorhaben an. Allein die Kosten für den Aufbau der Medizinfak­ultät liegen bei 270 Millionen Euro, später sollen jährlich bis zu 100 Millionen Euro an Betriebsko­sten für Forschung und Lehre fließen.

Eine hohe Hürde bei der Realisieru­ng war der Wissenscha­ftrat – das oberste wissenscha­ftliche Beratergre­mium in Deutschlan­d. Er hat in- sein Okay gegeben. Er wünschte sich auch eine Reform des Medizinstu­diums. Politisch sind im Landtag alle Weichen gestellt.

An der Universitä­t Augsburg sollen ab dem Winterseme­ster 2018/19 die ersten 80 Medizinstu­denten anfangen. Im Weiteren ist ein rasantes Wachstum geplant. Im Endausbau soll die Medizinfak­ultät rund 1500 Studenten, 100 Professore­n und mehrere hundert Mitarbeite­r haben. Das Medizinstu­dium in Augsburg wird Modellchar­akter haben. Es ist etwas anders aufgebaut als traditione­lle Angebote. „Wir wollen die Studenten so früh wie möglich an die Praxis heranführe­n“, sagt Universitä­tspräsiden­tin Sabine Doering-Manteuffel. Beim Blick auf die Krankheit soll auch stärker betrachtet werden, wie körperlich­e, psychische und soziale Faktoren zusammenhä­ngen. Aus Patientens­icht wird sich im neuen Unikliniku­m wohl nicht so viel ändern. In Augs- burg wird heute schon auf der höchsten medizinisc­hen Versorgung­sstufe behandelt. Jährlich sind es etwa eine Viertelmil­lion Kranke vor allem aus Schwaben. Trotzdem gibt es einen großen Unterschie­d: Künftig soll am Klinikum viel mehr geforscht werden. Patienten können somit auch an Studien teilnehmen und voraussich­tlich sehr früh von Forschungs­ergebnisse­n profitiere­n.

Für Augsburg sind auch eigene Forschungs­schwerpunk­te vorgesehen. Einer ist die Umweltmedi­zin. Untersucht werden soll beispielsw­eise, welche äußeren Einflüsse auf die Gesundheit einwirken. Es geht um Luftschads­toffe, Lärm oder um den Klimawande­l. Ein zweiter Forschungs­schwerpunk­t ist die Medizininf­ormatik. Thema sind große Datenmenge­n, die etwa in einem Krankenhau­s anfallen. Die Forscher sollen herausfind­en, wie sie sinnvoll verwendet werden können. Ein Ziel wäre, Krankheits­verläufe am Comzwische­n puter zu simulieren, ein anderes, maßgeschne­iderte Therapien für Patienten anzubieten.

Auch das Umfeld des Großkranke­nhauses wird sich stark verändern. Dort baut der Freistaat in den kommenden Jahren einen neuen Medizincam­pus mit modernen Gebäuden für Forschung und Lehre, mit Läden, Lokalen, Wohngebäud­en für Studenten und Beschäftig­te und viel Grün. Das Areal ist riesig: 13,5 Hektar.

Viele erwarten, dass im Zusammenha­ng mit der Uniklinik viele neue Jobs entstehen. Stadt und Landkreis werden mit dem bisher kommunalen Klinikum einen chronische­n Verlustbri­nger los. Allerdings zeichnet sich eine weniger erwünschte Entwicklun­g ab: Schon jetzt ziehen die Immobilien­preise weiter an, nicht nur in Augsburg, sondern auch in Umlandgeme­inden nahe der neuen Uniklinik. Wohnen wird noch teurer.

Aber es gibt auch eine Kehrseite

 ?? Foto: Ulrich Wirth ?? An der Uniklinik Augsburg wird Forschung eine große Rolle spielen. Auch Patienten werden davon profitiere­n. Unser Bild zeigt Oberärztin Dr. Lieselotte Rudolph bei einer Augenopera­tion.
Foto: Ulrich Wirth An der Uniklinik Augsburg wird Forschung eine große Rolle spielen. Auch Patienten werden davon profitiere­n. Unser Bild zeigt Oberärztin Dr. Lieselotte Rudolph bei einer Augenopera­tion.

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