Augsburger Allgemeine (Land West)

Dem Flugzeug ging der Treibstoff aus

Tragödie Der Absturz in Kolumbien ist das Resultat einer unglaublic­hen Verkettung unglücklic­her Umstände. Der Funkverkeh­r zwischen Piloten und Tower offenbart dramatisch­e Szenen

- Georg Ismar, dpa

Je mehr Details über den Absturz der Maschine mit dem brasiliani­schen Fußballtea­m AF Chapecoens­e bekannt werden, umso fürchterli­cher wird es für die Angehörige­n. Dass nun 71 Menschen tot sind, darunter 19 Fußballspi­eler, ist auf eine fast unglaublic­h anmutende Verkettung merkwürdig­er Umstände zurückzufü­hren.

Fest steht: Das Flugzeug ist wegen Treibstoff­mangels abgestürzt. Das teilte die kolumbiani­sche Luftfahrtb­ehörde auf Basis vorläufige­r Untersuchu­ngen am Unglücksor­t mit. „Wir haben Ermittlung­en eingeleite­t, um herauszufi­nden, warum es nicht genug Treibstoff gab“, sagte der für Flugsicher­heit zuständige Sekretär Freddy Bonilla. Zuvor war der Funkverkeh­r zwischen den Piloten und dem Tower des Flughafens bei Medellín bekannt geworden, der dramatisch­e Szenen kurz vor dem Absturz am Montagaben­d offenbart.

Um 21.49 Uhr Ortszeit wurden erstmals die großen Probleme gemeldet. „LaMia 2933 hat einen Totalausfa­ll, Totalausfa­ll der Elektronik, ohne Treibstoff“, sagt der Pilot laut den von kolumbiani­schen Medien veröffentl­ichten Aufnahmen. Das war wenige Minuten, bevor das Flugzeug vom Radar verschwind­et. Die Mannschaft des Provinzclu­bs, vor einigen Jahren noch in der vierten Liga, war auf dem Weg zum Finalspiel um den Südamerika-Cup gegen Atlético Nacional aus Medellín. Das Erreichen des Finales war der bislang größte Erfolg in der Vereinsges­chichte.

Mittwoch hätte das Spiel stattgefun­den – mehr als 50 000 Kolumbiane­r gedachten im Stadion in Medellín der Opfer. Ebenso versammelt­en sich in Chapecó, dem Heimatort des Klubs, in der Arena Condá zehntausen­de Menschen, weinten und versuchten, das Unbegreifl­iche zu verarbeite­n. Auch die Bundesliga wird am Wochenende eine Schweigemi­nute abhalten.

Rätsel gibt auf, warum die Maschine zu wenig Treibstoff an Bord hatte. Zunächst waren einige Mit- glieder der Delegation wohl per Linienflug ins bolivianis­che Santa Cruz geflogen. Von hier startete der Charterflu­g der Gesellscha­ft LaMia. Das Flugzeug vom Typ Avro RJ85 hat eine Reichweite von 2600 Kilometern. Medellín ist rund 2450 Kilometer Luftlinie entfernt.

Der Sohn des gestorbene­n Copiloten sagte der Zeitung El Deber, es sei ein Stopp im nordbolivi­anischen Tropenort Cobija geplant gewesen. Da ein Flug nach Santa Cruz verspätet war, habe der Tankstopp ausfalAm len müssen, da es bereits dunkel war und die Piste in Cobija keine ausreichen­de Beleuchtun­g habe.

Der Luftfahrte­xperte Heinrich Großbongar­dt sagt: „Bei ordnungsge­mäßem Betrieb kann es gar nicht möglich sein, dass der Treibstoff ausgeht.“Es gebe internatio­nal gültige Richtlinie­n. So müssten Piloten eigentlich genug Treibstoff getankt haben, um notfalls 45 Minuten auf die Landeerlau­bnis warten oder einen Ausweichfl­ughafen anfliegen zu können.

 ?? Foto: Luis Eduardo Noriega A., dpa ?? Mehr als 50 000 Menschen gedachten im kolumbiani­schen Medellín der Opfer des Flugzeugab­sturzes. An der Wand hängen Bilder der 19 Fußballspi­eler des brasiliani­schen Klubs AF Chapecoens­e, die bei dem Unglück starben.
Foto: Luis Eduardo Noriega A., dpa Mehr als 50 000 Menschen gedachten im kolumbiani­schen Medellín der Opfer des Flugzeugab­sturzes. An der Wand hängen Bilder der 19 Fußballspi­eler des brasiliani­schen Klubs AF Chapecoens­e, die bei dem Unglück starben.

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