Augsburger Allgemeine (Land West)
Dem Flugzeug ging der Treibstoff aus
Tragödie Der Absturz in Kolumbien ist das Resultat einer unglaublichen Verkettung unglücklicher Umstände. Der Funkverkehr zwischen Piloten und Tower offenbart dramatische Szenen
Je mehr Details über den Absturz der Maschine mit dem brasilianischen Fußballteam AF Chapecoense bekannt werden, umso fürchterlicher wird es für die Angehörigen. Dass nun 71 Menschen tot sind, darunter 19 Fußballspieler, ist auf eine fast unglaublich anmutende Verkettung merkwürdiger Umstände zurückzuführen.
Fest steht: Das Flugzeug ist wegen Treibstoffmangels abgestürzt. Das teilte die kolumbianische Luftfahrtbehörde auf Basis vorläufiger Untersuchungen am Unglücksort mit. „Wir haben Ermittlungen eingeleitet, um herauszufinden, warum es nicht genug Treibstoff gab“, sagte der für Flugsicherheit zuständige Sekretär Freddy Bonilla. Zuvor war der Funkverkehr zwischen den Piloten und dem Tower des Flughafens bei Medellín bekannt geworden, der dramatische Szenen kurz vor dem Absturz am Montagabend offenbart.
Um 21.49 Uhr Ortszeit wurden erstmals die großen Probleme gemeldet. „LaMia 2933 hat einen Totalausfall, Totalausfall der Elektronik, ohne Treibstoff“, sagt der Pilot laut den von kolumbianischen Medien veröffentlichten Aufnahmen. Das war wenige Minuten, bevor das Flugzeug vom Radar verschwindet. Die Mannschaft des Provinzclubs, vor einigen Jahren noch in der vierten Liga, war auf dem Weg zum Finalspiel um den Südamerika-Cup gegen Atlético Nacional aus Medellín. Das Erreichen des Finales war der bislang größte Erfolg in der Vereinsgeschichte.
Mittwoch hätte das Spiel stattgefunden – mehr als 50 000 Kolumbianer gedachten im Stadion in Medellín der Opfer. Ebenso versammelten sich in Chapecó, dem Heimatort des Klubs, in der Arena Condá zehntausende Menschen, weinten und versuchten, das Unbegreifliche zu verarbeiten. Auch die Bundesliga wird am Wochenende eine Schweigeminute abhalten.
Rätsel gibt auf, warum die Maschine zu wenig Treibstoff an Bord hatte. Zunächst waren einige Mit- glieder der Delegation wohl per Linienflug ins bolivianische Santa Cruz geflogen. Von hier startete der Charterflug der Gesellschaft LaMia. Das Flugzeug vom Typ Avro RJ85 hat eine Reichweite von 2600 Kilometern. Medellín ist rund 2450 Kilometer Luftlinie entfernt.
Der Sohn des gestorbenen Copiloten sagte der Zeitung El Deber, es sei ein Stopp im nordbolivianischen Tropenort Cobija geplant gewesen. Da ein Flug nach Santa Cruz verspätet war, habe der Tankstopp ausfalAm len müssen, da es bereits dunkel war und die Piste in Cobija keine ausreichende Beleuchtung habe.
Der Luftfahrtexperte Heinrich Großbongardt sagt: „Bei ordnungsgemäßem Betrieb kann es gar nicht möglich sein, dass der Treibstoff ausgeht.“Es gebe international gültige Richtlinien. So müssten Piloten eigentlich genug Treibstoff getankt haben, um notfalls 45 Minuten auf die Landeerlaubnis warten oder einen Ausweichflughafen anfliegen zu können.