Augsburger Allgemeine (Land West)
Missbrauch im Fußball
Skandal in England weitet sich aus
Paul Stewart fällt es nicht leicht, seine Erinnerungen in Worte zu fassen. Doch der ehemalige britische Fußball-Star hofft, mit seiner Geschichte etwas verändern zu können. Ab dem Alter von elf Jahren wurde er täglich von seinem Jugendtrainer sexuell missbraucht. „Er hat mir gesagt, dass ich diese Dinge tun muss, wenn ich ein Profifußballer werden will“, sagt der heute 52-Jährige. „Er drohte mir, meine Eltern und meine zwei Brüder umzubringen, wenn ich jemals etwas verraten würde. Ich war völlig verängstigt.“
Erst mit 15 Jahren entkam Stewart seinem Trainer, er wurde Profi, spielte jahrelang in der Premier League und auch für die englische Nationalmannschaft. Die Erlebnisse als Teenager ließen ihn nie los, jetzt ging er an die Öffentlichkeit. Und seine Geschichte ist nur eine von vielen, die derzeit in Großbritannien ans Licht kommen. Seit Tagen melden sich ehemalige Fußballprofis zu Wort und erzählen, wie sie in den 70er-, 80er- und 90er-Jahren von Jugendtrainern sexuell missbraucht worden seien. Laut der Gewerkschaft PFA hätten mehr als 20 ExProfis von Missbrauch berichtet. Der Polizei zufolge meldeten sich 350 angebliche Opfer. Sie ermittelt bereits in mehreren Fällen. Die britische Generalstaatsanwaltschaft hat gegen einen 62-jährigen ehemaligen Talentscout Anklage wegen Übergriffen auf ein Kind erhoben. Der Mann war schon einmal wegen Pädophilie verurteilt worden.
Die Kinderschutzorganisation NSPCC berichtete, dass bei einer speziell dafür eingerichteten Hotline in der ersten Woche schon mehr als 860 Menschen angerufen hätten. Der NSPCC-Chef sprach von einem „erschütternden Anstieg“. Die Hinweise würden zumeist frühere Missbrauchsvorwürfe betreffen, doch es seien auch aktuelle Fälle darunter, hieß es. Medienberichten zufolge stehen unter anderem die Klubs Manchester City, Blackpool, Stoke, Leeds und Newcastle im Fokus.