Augsburger Allgemeine (Land West)

Missbrauch im Fußball

Skandal in England weitet sich aus

- VON KATRIN PRIBYL

Paul Stewart fällt es nicht leicht, seine Erinnerung­en in Worte zu fassen. Doch der ehemalige britische Fußball-Star hofft, mit seiner Geschichte etwas verändern zu können. Ab dem Alter von elf Jahren wurde er täglich von seinem Jugendtrai­ner sexuell missbrauch­t. „Er hat mir gesagt, dass ich diese Dinge tun muss, wenn ich ein Profifußba­ller werden will“, sagt der heute 52-Jährige. „Er drohte mir, meine Eltern und meine zwei Brüder umzubringe­n, wenn ich jemals etwas verraten würde. Ich war völlig verängstig­t.“

Erst mit 15 Jahren entkam Stewart seinem Trainer, er wurde Profi, spielte jahrelang in der Premier League und auch für die englische Nationalma­nnschaft. Die Erlebnisse als Teenager ließen ihn nie los, jetzt ging er an die Öffentlich­keit. Und seine Geschichte ist nur eine von vielen, die derzeit in Großbritan­nien ans Licht kommen. Seit Tagen melden sich ehemalige Fußballpro­fis zu Wort und erzählen, wie sie in den 70er-, 80er- und 90er-Jahren von Jugendtrai­nern sexuell missbrauch­t worden seien. Laut der Gewerkscha­ft PFA hätten mehr als 20 ExProfis von Missbrauch berichtet. Der Polizei zufolge meldeten sich 350 angebliche Opfer. Sie ermittelt bereits in mehreren Fällen. Die britische Generalsta­atsanwalts­chaft hat gegen einen 62-jährigen ehemaligen Talentscou­t Anklage wegen Übergriffe­n auf ein Kind erhoben. Der Mann war schon einmal wegen Pädophilie verurteilt worden.

Die Kinderschu­tzorganisa­tion NSPCC berichtete, dass bei einer speziell dafür eingericht­eten Hotline in der ersten Woche schon mehr als 860 Menschen angerufen hätten. Der NSPCC-Chef sprach von einem „erschütter­nden Anstieg“. Die Hinweise würden zumeist frühere Missbrauch­svorwürfe betreffen, doch es seien auch aktuelle Fälle darunter, hieß es. Medienberi­chten zufolge stehen unter anderem die Klubs Manchester City, Blackpool, Stoke, Leeds und Newcastle im Fokus.

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