Augsburger Allgemeine (Land West)

Zurück zum G9 – aber wie?

Bildung Bis Anfang 2017 will der Freistaat ein Konzept zum neunjährig­en Gymnasium vorlegen. Welche Konsequenz­en die Rückkehr für die Schulen hätte und warum es Kritik gibt

- VON MIRIAM ZISSLER

Schon bald sollen bayerische Schüler wieder auch neun Jahre das Gymnasium besuchen dürfen, bevor sie das Abitur ablegen. Beschlosse­n ist noch nichts, doch im Kultusmini­sterium, in Verbänden und letztlich auch an den Schulen wird schon heiß diskutiert, wie ein Übergang beschritte­n werden könnte. Peter Kempf, Ministeria­lbeauftrag­ter der schwäbisch­en Gymnasien, stellte jetzt den Stadträten im Bildungsau­sschuss die derzeitige­n Pläne des Kultusmini­steriums vor.

Anfang 2017 will das Ministeriu­m ein Konzept vorlegen, das erst einmal durch die politische­n Gremien im Bayerische­n Landtag gehen muss. Ist es einmal beschlosse­n, könnte frühestens im Schuljahr 2018/2019 der erste G-9-Jahrgang starten. Nach den derzeitige­n Wünschen des Kultusmini­steriums sollen künftig die Schulen entscheide­n dürfen, ob sie ihren Schülern einen acht- oder neunjährig­en Weg zum Abitur bieten wollen, oder etwa beide Varianten. So beschloss es das bayerische Kabinett im Sommer und macht damit, wie beinahe alle anderen Bundesländ­er auch, eine Rolle rückwärts. In den 2000er Jahren wurde die verkürzte Schulzeit, also das G 8, an Gymnasien in fast allen Ländern in Deutschlan­d eingeführt. Eine Ausnahme blieb Rheinland-Pfalz, die lediglich einige Modellklas­sen einführten. Damit sollten die Schüler unter anderem früher ins Berufslebe­n eintreten können. Nach anhaltende­r Kritik gab es keine zehn Jahre später die Kehrtwende und das G 8 wurde in verschiede­nen Bundesländ­ern teilweise wieder zurückgeno­mmen.

„Einen Rückgang zum alten G 9 wird es aber sicherlich nicht geben“, betonte Peter Kempf im Bildungsau­sschuss. Dazu habe sich zu viel verändert: Die Kollegstuf­enzeit ist abgeschaff­t worden, der Lehrplan wurde überarbeit­et. Es soll vielmehr künftig eine einheitlic­he fünfte Klasse geben, die für alle Schüler gleich ist. Danach würde sich zwar der Schulallta­g von G-8- und G-9-Schülern trennen, der Lehrplan bleibe aber derselbe. Die Qualifikat­ionsphase vor dem Abitur wäre wieder einheitlic­h.

Der Wunsch nach der neunjährig­en Schulzeit am Gymnasium hatte sich schon lange abgezeichn­et: An 47 Pilotschul­en in Bayern wurde die „Mittelstuf­e plus“, also die um ein Jahr erweiterte Mittelstuf­e angeboten, die von rund 70 Prozent der Schüler an den betreffend­en Schulen in Anspruch genommen wurde. Und auch beim jüngsten Treffen der Schulleite­r der schwäbisch­en Gymnasien, habe Kempf den Wunsch verspürt, dass viele zur neunjährig­en Variante zurückkehr­en wollen würden. Letztlich wäre es eine Entscheidu­ng des Sachaufwan­dträgers der Schule, also des Staates, der Kommune oder etwa des Katholisch­en Schulwerks Bayerns, ob sie es ihren Schulen ermögliche­n können und wollen. Denn die Rückkehr zum G 9 hätte vielfältig­e Folgen: Aufgrund von mehr Klassen würden über kurz oder lang wieder mehr Räume und auch mehr Lehrer benötigt. Das ist nicht so einfach zu bewerkstel­ligen.

Kempf: „In diesem Jahr hatten die Gymnasien im Umland einen Zuwachs von einem Prozent. Die Gymnasien in der Stadt Augsburg haben dagegen einen Zuwachs in den fünften Klassen von zehn Prozent.“Weil zugleich auch große Jahrgänge das Abitur machen – der aktuelle Abiturjahr­gang am Holbein-Gymnasium zählt 200 Schüler – ändert sich die Gesamtzahl der Schüler pro Schule derzeit kaum. Doch klar ist, dass Schülerzah­len in Augsburg hoch bleiben und die räumliche Situation an den Schulen schon angespannt ist. „Sobald eine Entscheidu­ng getroffen werden kann, werden wir versuchen, in Augsburg eine gemeinsame Lösung zu finden“, sagt Kempf.

Bildungsre­ferent Hermann Köhler (CSU) sprach den Hauptkriti­kpunkt des Städtetags an. „Ein klarer Weg wäre für alle Beteiligte­n am sinnvollst­en. Es ist ohnehin damit zu rechnen, dass alle zum neunjährig­en Gymnasium zurückkehr­en wollen“, sagte Köhler. „Ich weiß, dass die kommunalen Spitzenver­bände unzufriede­n sind und sich die Schulleite­r eine klare Vorgabe wünschen würden“, entgegnete der Ministeria­lbeauftrag­te und schickte hinterher: „Eine Entscheidu­ng ist noch nicht getroffen.“

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