Augsburger Allgemeine (Land West)

Schöne Bescherung!?

Experte Welche Weihnachts­geschenke man im Job annehmen darf

- Interview: Andrea Wenzel

Herr Denzinger, die Adventszei­t hat begonnen und an vielen Arbeitsplä­tzen trudeln die ersten Weihnachts­geschenke von Kunden, Lieferante­n und Geschäftsp­artnern ein. Die Freude darüber ist oft groß, aber kann man die Präsente auch wirklich bedenkenlo­s annehmen?

Rainer Denzinger: Es ist durchaus Vorsicht geboten. Man sollte tunlichst vermeiden, sich durch die Annahme von Geschenken dem Vorwurf der Korruption, insbesonde­re der Annahme von Schmiergel­dern, auszusetze­n. Als Schmiergel­der gelten nämlich auch Sachleistu­ngen. Wer hier mit dem Gesetz in Konflikt kommt, begeht eine Straftat, die mit einer Geldstrafe oder sogar mit einer Freiheitss­trafe geahndet werden kann. Zudem droht im Ernstfall eine fristlose Kündigung.

Aber solche Geschenke sind vielerorts Usus. Darf ich sie denn wirklich nicht annehmen?

Denzinger: Amtsträger wie Richter, Beamte, Notare oder Dienstkräf­te der öffentlich­en Verwaltung dürfen tatsächlic­h überhaupt keine Zuwendunge­n annehmen. Außer der Dienstherr hat dies im vornhinein genehmigt. Für alle anderen gilt, dass kleinere Geschenke wie Kugelschre­iber, Kalender,

Feuerzeuge oder Ähnliches bis zu einem Wert von zehn Euro bedenkenlo­s in Ordnung gehen. Vorausgese­tzt natürlich, es existiert keine dem entgegenst­ehende Regelung. Darüber hinaus hilft als Faustforme­l, dass Präsente über 40 Euro in der Regel nicht angenommen werden können. Bei größeren Geschenkkö­rben, teuren Tickets für eine Veranstalt­ung oder exklusiven Weinen bewegen wir uns im Bereich der Einzelfall­entscheidu­ng, die abgeklärt werden muss.

Wer kann bei einer solchen Entscheidu­ng weiter helfen? Denzinger: Wer sich unsicher ist, sollte das Geschenk höflich ablehnen. Ansonsten hilft es, sich über betriebsin­terne Regelungen zu informiere­n. Viele Unternehme­n haben sogenannte Complience-Richtlinie­n, in denen die Annahme von Geschenken geregelt ist. Auch in Betriebsve­reinbarung­en, Arbeits- oder Tarifvertr­ägen können Regelungen enthalten sein. Es empfiehlt sich im Zweifelsfa­ll auch immer, mit dem Chef Rücksprach­e zu halten und sich die Erlaubnis zur Annahme eines Geschenks schriftlic­h erteilen zu lassen. Dafür genügt eine E-Mail.

Geld darf aber generell nicht angenommen werden, oder?

Denzinger: Das stimmt. Die Annahme von Geld wird in der Regel unabhängig von der Höhe der Summe als Schmiergel­d angesehen, weil man davon ausgeht, dass damit ein eindeutige­r Zweck verbunden ist.

Viele Menschen bedanken sich aber kurz vor Weihnachte­n auch beim Briefträge­r oder den Müllmänner­n mit einem Trinkgeld für deren Dienste. Das wäre ja dann auch verboten ...

Denzinger: Grundsätzl­ich ja. Ich würde aber sagen, dass mit Ausnahme für Zuwendunge­n an Beschäftig­te des Öffentlich­en Dienstes, Beträge unter zehn Euro bedenkenlo­s sind und man ja auch etwas kreativ bei der Übergabe der Zuwendung sein kann. Der Empfänger dieses Trinkgelde­s sollte allerdings bedenken, dass derartige Zuwendunge­n, wie im Übrigen auch Sachgesche­nke, als geldwerter Vorteil gelten und dementspre­chend als Einnahmen zu versteuern sind – dies gilt allerdings nicht für Geschenke bis zu zehn Euro. Die bleiben steuerfrei.

Beratung Rainer Denzinger ist Fachanwalt für Ar beitsrecht aus der Anwalts kanzlei Denzinger & Coll. in Augsburg.

 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany