Augsburger Allgemeine (Land West)
Leibwächter wird nach Schuss vor Pizzeria angeklagt
Justiz Ein Streit in der Immobilienbranche eskaliert vor der „L’Osteria“in Kriegshaber. Der Bodyguard eines umstrittenen Geschäftsmanns schießt einem 24-Jährigen ins Bein. Der Schütze spricht von Notwehr – doch die Ermittler sehen das anders
Der Fall sorgte Ende Juni für großes Aufsehen: Ein Leibwächter schoss vor dem Restaurant „L’Osteria“in Kriegshaber einem 24 Jahre alten Mann ins Bein. Die Pizzeria war zu diesem Zeitpunkt, gegen 19.30 Uhr, mit rund 220 Gästen voll besetzt. Viele rannten in Panik ins Freie. Wegen des Schusses wird sich der 51-jährige Bodyguard wohl vor dem Landgericht verantworten müssen. Die Staatsanwaltschaft hat jetzt Anklage gegen den Mann erhoben.
Der Hintergrund des Geschehens liest sich wie ein Krimi. Ein 58-jähriger Geschäftsmann hatte den bewaffneten Leibwächter engagiert, weil er Angst um sein Leben hatte. Gründe, sich bedroht zu fühlen, hatte der Geschäftsmann tatsächlich. Er war kurz zuvor an einem Stand auf einer Messe in BadenWürttemberg geschlagen worden. Zudem hatte ein Unbekannter Anfang Juni auf das Haus in Kutzenhausen im Landkreis Augsburg geschossen, in dem der Geschäftsmann zu der Zeit wohnte. Der 58-Jährige gab an, er sei nachts durch Schüsse geweckt worden. Als er nachsah, entdeckte er mehrere Einschusslöcher an seiner Haustür. Drei NeunMillimeter-Projektile waren dort eingeschlagen. Wer hinter dieser rätselhaften Attacke steckt, ist bislang nicht geklärt.
Im Internet gibt es zahlreiche Berichte von Menschen, die angeben, sie seien von dem 58-Jährigen um viel Geld gebracht worden. Es geht unter anderem um dubiose Immobilienprojekte. Laut eines Zeitungsberichts saß der Unternehmer deshalb auch schon einmal in Haft. Teilweise wird in Foren auch relativ offen zur Selbstjustiz aufgerufen. Ums Geld ging es auch bei der Auseinandersetzung vor der Augsburger Pizzeria. Drei Männer – ebenfalls aus der Immobilienbranche – trafen in dem Lokal wohl zufällig auf den Geschäftsmann, der dort mit einer 28-jährigen Partnerin beim Essen war. Sie sollen ihn darauf angesprochen haben, dass er ihnen Geld schulde. Alle Beteiligten gingen vor die Tür. Dort kam es zum Streit. Einer der drei Männer – ein 26-Jähriger – soll dem Geschäftsmann eine Ohrfeige verpasst haben. Er schlug demnach mit der flachen Hand auf die Wange. Das war laut Anklage der Grund für den Leibwächter, dem zwei Jahre jüngeren Bruder des Angreifers aus rund 1,5 Meter Abstand in den rechten Oberschenkel zu schießen. Der 24-Jährige erlitt einen Durchschuss und wurde eine Woche lang im Klinikum behandelt.
Die Staatsanwaltschaft wertet den Schuss als gefährliche Körperverletzung. Zudem wirft die Behörde dem Leibwächter vor, dass er nicht die für diesen Auftrag erforderliche Erlaubnis besaß, eine Waffe mit sich zu führen. Der Prozess soll vor dem Landgericht stattfinden. Einen Termin gibt es noch nicht. Der Leibwächter, der aus Nordrhein-Westfalen stammt, sieht die Sache anders. Er beschrieb den Angriff auf den Geschäftsmann, den er beschützte, als deutlich massiver und wertet den Schuss als Notwehr. Das bestätigte sein Verteidiger Stefan Mittelbach.
Der umstrittene 58-jährige Geschäftsmann wohnt nach Informationen unserer Zeitung inzwischen nicht mehr im Raum Augsburg. Eine Firma, die sich mit Autofinanzierung befasst, und die von seiner 28-jährigen Partnerin geleitet wurde, hat ihren Sitz inzwischen von Augsburg weg verlegt. Als Geschäftsführer fungiert jetzt eine andere Person. Die Firma hatte die Finanzierung von Luxusautos zu erstaunlich günstigen Konditionen angeboten. Im Internet wird auch vor dieser Firma gewarnt.