Augsburger Allgemeine (Land West)
Zu Besuch bei der alten russischen Dame Ludmilla
Modelleisenbahn Die Neujahrsausstellung des Clubs in Westheim steht im Zeichen einer dicken Diesellok. Es gibt aber noch mehr zu sehen und zu entdecken. Warum die Schienen sogar bis auf die Toiletten reichen
Neusäß Westheim Das neue Jahr ist kaum eine Woche alt und schon rollen im Vereinsheim des Modelleisenbahnclubs Neusäß-Westheim am Westheimer Bahnhof wieder die Züge. In gewohnter Weise präsentiert der Club seine fahrenden Schmuckstücke, dieses Jahr ganz im Zeichen der deutschen Diesellok der 70er- und 80er-Jahre.
Auf einer Fläche von 80 Quadratmetern bietet sich dem Besucher eine weite Miniaturlandschaft mit Bergen, Schluchten, Brücken und Bahnhöfen. Das 240 Meter umfassende Gleisnetz zieht sich durch das gesamte Vereinsheim, macht sogar vor der Toilette nicht halt. Selbst dort trifft man auf regen Zugverkehr. Das Schienennetz ist fest installiert und wird dann, je nach Motto der Ausstellung, mit den jeweils passenden Gebäuden und Landschaftsteilen umrahmt. „Unser Anliegen ist es, dass man die Züge möglichst lange mit dem Auge verfolgen kann“, kommentiert Dieter Rothenfußer, Zweiter Vorsitzender des Clubs, die längliche Anordnung ihrer Eisenbahnanlage.
Ebenfalls eine Besonderheit sind die Schienen mit einer Spurweite von 0. Im Gegensatz zu den herkömmlichen H0-Schienen, die man für gewöhnlich zu Hause benutzt, sind diese breiter. Die Züge sind dementsprechend auch größer. Highlight der Ausstellung ist die alte Diesellok „Ludmilla“, ein russisches Fabrikat aus DDR-Zeiten, das nach der Wende auch von der Deutschen Bahn genutzt wurde.
Auf der Anlage selbst ist alles per Handarbeit entstanden. Die Felsen sind Echtsteinnachbildungen aus Gips, die Berglandschaft im Hintergrund ist handgemalt und die Züge so präpariert, dass sie authentisch alt aussehen. Auch aufs Detail wird geachtet: Günther Tauchen bedient im Hintergrund eine Tonanlage, die das Pfeifen des Schaffners und der Züge simuliert.
Neben der großen Anlage gibt es dann noch zwei weitere kleinere Bereiche. An einem Fertiggelände von Märklin dürfen Kinder selber Lokführer spielen und die Eisenbahn bedienen. Robert Hurler hat zudem seine Schmalspur-H0M-Anlage da- bei, auf der die rätische Eisenbahn durch ein idyllisches Schweizer Alpendorf fährt. Wer hier genau hinsieht, erkennt auch Barack Obama samt First Lady Michelle, die dem Ort einen Besuch abstatten.
Den Modelleisenbahnclub gibt es schon seit 1974. Seit 1984 trifft man sich im Vereinsheim im Westheimer Bahnhof. Lange zitterte man über den Verbleib des Vereinsheims. Doch als vor drei Jahren ein neuer Eigentümer das Gebäude überwerden nahm, erhielt man einen Mietvertrag über weitere zehn Jahre. Finanziell ist man vor allem auf Spenden und die jährlichen Ausstellungen angewiesen. Neben der Neujahrsausstellung in Westheim geht der Verein einmal im Jahr mit einer transportablen Anlage auf Reisen. Obwohl es in fast jeder deutschen Stadt mittlerweile einen solchen Modelleisenbahnclub gibt, sei der Westheimer dennoch etwas Besonderes, meint Dieter Rothenfußer: „In Süddeutschland ist eine solch durchgestaltete Anlage jedenfalls eine Seltenheit.“O
Termin Die Ausstellung ist noch am Sonntag, 15. Januar, von 10 Uhr bis 17 Uhr zu sehen. Das Vereinsheim an der Hindenburgstraße 4 ist leicht mit der Regionalbahnlinie 6 von Augsburg aus er reichbar. Erwachsene zahlen drei Euro, Kinder einen Euro Eintritt. Neue Mitglie der sind ebenfalls jederzeit willkom men.