Augsburger Allgemeine (Land West)
Eine Prophezeiung erfüllt sich
Literatur Mikala und Isabel Amberger erzählen in „Rana in Kundalam“eine Geschichte aus dem Orient. In die fantastische Handlung sind psychologische Aspekte eingebunden
In den magischen Dschungel Kundala mit sprechenden Tieren führte Mikala Amberger ihre Tochter Isabel in vielen erfundenen Geschichten, die sie ihr erzählte. Jahre später ist aus diesen Episoden das Jugendbuch „Rana in Kundalam – Eine Geschichte aus dem Orient“geworden, das Mutter und Tochter zusammen geschrieben haben. Ihrer Fantasie haben die beiden dabei keine Grenzen gesetzt. Reale und fiktive Welt fließen in dieser 328 Seiten umfassenden Erzählung direkt ineinander. Die ausufernde Handlung mit ihren vielen Figuren nachzuvollziehen, fällt nicht immer leicht, tut aber der Spannung nur wenig Abbruch.
Hauptperson ist die kleine verwaiste, von ihren böse gesinnten Verwandten ums Erbe betrogene Rana. Sie muss sich in den Slums einer indischen Großstadt so lange durchschlagen, bis sie den verletzten Garuda Barasynth rettet. Garuda heißt in der indischen Mythologie ein Mischwesen und Götterbote, halb Mensch halb Adler. Barasynth erweist sich dankbar gegenüber Rana und nimmt sie mit in sein magisches, kaum zu durchdringendes Dschungelreich, in dem alle Tiere sprechen können, sich aber wie die Menschen streiten, versöhnen, lieben und hassen. Keiner, auch nicht der Garuda, ahnt, dass sich mit Ranas Ankunft eine Prophezeiung erfüllen soll.
Was die Leser bisweilen verwundern wird, sind die Namen der Tiere, von denen manche so gar nicht orientalisch klingen. Da mischen zum Beispiel die beiden Äffchen Steini und Eini den Urwald kräftig auf, weshalb die Frage erlaubt sei: Blitzt bei dem Affenpärchen nicht Herr Nilsson aus Astrid Lindgrens „Pippi Langstrumpf“durch? Kein Wunder, denn Mutter und Tochter Amberger haben die LangstrumpfGeschichten gerne gelesen und erzählt.
Mikala Amberger (*1955) ist im Fachärztin für Psychotherapeutische Medizin in Augsburg. Tochter Isabel (*1986) machte Abitur am Gymnasium St. Stephan und ist Diplompsychologin in Berlin. In ihrem Buch haben die beiden Autorinnen alle Register des Genres Fantasy-Roman gezogen, versuchen im Erzählstil „cool“zu sein und offenbaren im Reich der Tiere Verhaltensweisen sowie Charakterschwächen und -stärken, wie sie auch Menschen zeigen. Für Rana gibt es ein gutes Ende, als sie nach dem Versinken in rettende Traumwelten doch noch ihr Erbe antreten kann. Auch das Geheimnis von Kundalam wird in den letzten Kapiteln gelüftet, besagte Prophezeiung erfüllt sich.
In ihrem Buch schlagen die Autorinnen auch einen Bogen zur Psychotherapie. Der iranische Neurologe, Psychiater und Psychotherapeut Nossrat Pesechkian gilt als einer der Begründer der „Positiven Psychotherapie“. In seinem Buch „Der Kaufmann und der Papagei“bedient auch er sich orientalischer Märchen, um menschliches VerhalBrotberuf ten zu verdeutlichen und zu reflektieren. In „Rana in Kundalam“wird nun das positive Denken von Mikala und Isabel Amberger eingeflochten. Auch unter diesem Aspekt gelesen, birgt diese orientalische Erzählung Spannung für jugendliche Leser.