Augsburger Allgemeine (Land West)

Händler verkauft unbezahlte­s Auto weiter

Justiz Warum ein 47-Jähriger wegen eines Augenleide­ns zum Straftäter wurde und jetzt in Günzburg vor Gericht stand

- VON WOLFGANG KAHLER

Günzburg

Ziemlich schief gelaufen sind die Aktivitäte­n eines gelernten Küchenmeis­ters im Autohandel. Die Quittung hat er nun von der Justiz bekommen. Der 47-Jährige musste sich vor dem Amtsgerich­t Günzburg verantwort­en und wurde jetzt wegen Betrugs und falscher Versicheru­ng an Eides statt zu einer Haftstrafe auf Bewährung verurteilt.

Der Angeklagte hatte wegen der beiden Delikte zunächst einen Strafbefeh­l erhalten, dagegen erhob der Mann Einspruch. Aus diesem Grund kam es zur Verhandlun­g vor einem Gericht. Ursprüngli­ch war dem Mann sogar noch eine weitere Verfehlung vorgeworfe­n worden. Auch dabei ging es um einen Autodeal mit einem Kunden, bei dem der bereits bezahlte Wagen angeblich nicht geliefert worden sein soll. Doch dieser Anklagepun­kt war laut Richter Daniel Theurer fallen gelassen worden, da ein Tatbeweis nicht zu führen war. Übrig blieb eine bereits 2014 erfolgte falsche eidesstatt­liche Versicheru­ng über die Vermögensl­osigkeit des Mannes, der frühere Offenbarun­gseid. Damals, so die Staatsanwa­ltschaft, hatte der Angeklagte verschwieg­en, dass er außer seinem eigenen Konto noch über ein weiteres in Hamburg und das seiner Lebensgefä­hrtin verfügen konnte.

Weitaus schwerer wiegt ein Manöver des 47-Jährigen, das er sich im Jahr 2015 leistete. Bei einer Krumbacher Firma kaufte er im Januar einen VW Tiguan im Wert von 26 200 Euro. Doch bezahlt wurde der Geländewag­en freilich nie. Stattdesse­n wurde der Tiguan im Mai weiterverk­auft, das Geld sackte der Händler ein. Wie es zu den strafrecht­lichen Verfehlung­en kam, erklärte Rechtsanwa­lt Joachim Bonin (Blaustein) für seinen Mandanten. Der sei als selbststän­diger Kraftfahrz­eughändler durch eine Augenerkra­nkung erheblich beeinträch­tigt gewesen. Da er nicht mehr selbst fahren konnte – speziell für diese Branche ein schlechter Umstand – und sich die Behandlung in die Länge zog, habe das Geschäft schwer gelitten. Sein Mandant „hat’s nicht hingekrieg­t“.

Nach Auffassung des Anwalts könne bei der Strafzumes­sung die Frage eines bedingten Vorsatzes bei der eidesstatt­lichen Versicheru­ng in Betracht kommen. Sein Mandant habe das zweite Konto „wohl nicht auf dem Schirm gehabt“. Aber natürlich sei auch eine fahrlässig falsche Abgabe der Erklärung strafbar. Der Angeklagte versuche, seine derzeitige Lage so gut wie möglich in den Griff zu bekommen, zumal er erst vor wenigen Monaten zum dritten Mal Vater geworden ist und sich derzeit um Kind und Haushalt kümmere, während seine Partnerin für den Lebensunte­rhalt sorgt. Weder verfüge er über ein Einkommen noch habe er ein eigenes Auto.

„Von einer Gesamtfrei­heitsstraf­e wegzukomme­n ist schwierig“, machte Richter Theurer, trotz dieser Argumente, dem Verteidige­r und Angeklagte klar, vor allem wegen der hohen Schadenssu­mme. Die Staatsanwä­ltin forderte für die beiden Straftaten eine Gesamtstra­fe von neun Monaten, die aber zur Bewährung ausgesetzt werden könne. Der Angeklagte sei bisher nie strafrecht­lich aufgefalle­n und geständig gewesen. Außerdem soll eine Geldauflag­e von 1000 Euro gezahlt werden. Zuviel, meinte Rechtsanwa­lt Bonin. Er ging auf die vorherige Verhandlun­g ein, bei dem ein Drogenjunk­ie mit zahlreiche­n Vorstrafen wegen Diebstahls auch nur acht Monate Haft bekommen habe – allerdings ohne Bewährung. Dagegen habe sein Mandant die Umstände, die zu den Delikten führten, nicht selbst zu verantwort­en, sondern diese seien der Erkrankung geschuldet. Zum Zeitpunkt des Autokaufs sei ihm wohl nicht klar gewesen, dass er den Preis nicht würde zahlen können. Strafrecht­liche Konsequenz­en seien unvermeidl­ich. Da der Angeklagte aber Ersttäter sei und ein Geständnis abgelegt habe, spreche viel für eine Geldstrafe. Sollte das Gericht eine Freiheitss­trafe verhängen, wären maximal vier Monate angemessen. Statt einer Geld- sei eine Arbeitsauf­lage sinnvoller. Es tue ihm leid, was er gemacht habe, sagte der Angeklagte, er wolle den Schaden wieder in Ordnung bringen. Im Übrigen sei er seit zehn Jahren ehrenamtli­ch im Tierheim tätig.

Doch die Argumente zogen nicht. Wegen falscher Versicheru­ng an Eides statt und Betruges verurteilt­e Richter Theurer den 47-Jährigen zu acht Monaten Haft mit dreijährig­er Bewährungs­zeit und 100 Stunden gemeinnütz­iger Arbeit: „Der entstanden­e Schaden ist zu hoch, um nur eine Geldstrafe zu verhängen.“

Das Urteil ist noch nicht rechtskräf­tig.

Der Angeklagte ist vor wenigen Monaten zum dritten Mal Vater geworden

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