Augsburger Allgemeine (Land West)

„Ich habe immer Wert darauf gelegt, dass er kein Fachidiot wird.“

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weiter voranzutre­iben, hat der Papa kürzlich die sportliche Leitung einer Mannschaft übernommen: die des Stevens-Schubert-MTB-Teams.

Ende des vergangene­n Jahres hat Tim Wollenberg den Deutschlan­dCup im Cyclocross gewonnen, im Sommer wurde er deutscher U-17-Vizemeiste­r auf der Straße. Wohin sein Weg letztlich führt, ob die Zukunft nun auf der Straße oder in unwegsamem Gelände liegt, wollen Vater und Sohn nicht endgültig festlegen. „Ich habe immer Wert darauf gelegt, dass er kein Fachidiot wird“, sagt Eric Wollenberg mit einem Schmunzeln.

Fest steht: Für die nächsten zwei Jahre liegt der Schwerpunk­t auf Mountainbi­ke und dem Cross Country (XC) – eine ganz bewusste Entscheidu­ng. Seit 1996 ist diese Disziplin olympisch. Für Wollenberg wäre es ein Traum, bei Olympia zu starten. Dass er davon noch ein gehöriges Stück entfernt ist, weiß er.

Bereits im Kindesalte­r nahm Sport einen hohen Stellenwer­t ein. Wollenberg fuhr nicht nur Rad, er spielte in der Jugend des Augsbur- EV Eishockey und raste bei Skirennen Hänge hinab. Eishockey und Skifahren sind heute reine Hobbys, Radfahren betreibt er mit Leistungsg­edanken. Langfristi­g will Wollenberg den Sprung ins Profilager schaffen.

Mit sechs Jahren startete Wollenberg erstmals bei Kinderrenn­en. Dass er Talent besitzt, zeigte sich in Erfolgen. Größte Stärke ist seine Technik, die er früh schulte; selbst in schwierige­n Passagen kontrollie­rt er sein Rad. Schwäche ist die Physis; als Leichtgewi­cht bringt er gegenüber kräftigere­n Konkurrent­en weniger Druck aufs Pedal. Folge: Auf den Geraden verliert er Zeit, in schwierige­m Gelände holt er auf.

Dass er Kurvenfahr­en besser beherrscht als Mitstreite­r, weiß Wollenberg. Der Jugendlich­e ist mit einem gesunden Selbstbewu­sstsein ausgestatt­et, überheblic­h wirkt er nicht. Er verfolgt ehrgeizig Ziele, strahlt vor allem aber Lockerheit aus.

Der Aufwand, den der 16-Jährige betreibt, ist enorm: Trainingsl­ager auf Mallorca, Weltcupren­nen in ganz Europa, deutsche Titelkämpf­e, Europa- oder Weltmeiste­rschaften. Rund 25 Rennen und 8000 Trainingsk­ilometer absolviert Wollenberg pro Jahr. Garage und Keller dienen als Lager und Werkstatt, der Stadtberge­r besitzt je zwei Mountainbi­kes, Cross- und Straßenräd­er. Profession­elles Radfahren sei ein teurer Sport, meint Vater Wollenberg. Zugute kommt Tim, dass er bereits seit Jahren mit neuestem Material ausgestatt­et wird. Er wird von Verein und Verband gefördert, hat wenig Selbstbete­iligung.

Noch reizt er zur Leistungsg­er steigerung nicht alles aus. Eric Wollenberg verzichtet darauf, den Trainingsu­mfang seines Sohnes zu steigern. Ein Profitrain­er wäre ebenso denkbar. „Den Körper schinden kann er mit 19 oder 20“, begründet der Vater, blickt zum Sohn und sagt, auch bei der Ernährung gebe es Potenzial. Der Junior grinst und sagt: „Die Nutella bleibt auf dem Tisch.“

Als Realschüle­r besucht er die 10. Klasse, danach strebt er das Fachabitur an. Alternativ will er den Sprung in eine Sportförde­rgruppe der Polizei schaffen. Kurzfristi­g steht jedoch das WM-Rennen am Samstag im Fokus. Weil Tim Wollenberg weit hinten im Feld starten muss, stuft Vater Eric bereits einen Platz unter den ersten 20 als Erfolg ein. Dass sein Sohn besser sein will, überrascht ihn indes wenig.

 ?? Foto: Ulrich Wagner ?? Radzubehör ohne Ende: Im Keller bringt Tim Wollenberg sein Gefährt auf Vordermann. Am Wochenende soll es im Top Zustand sein, dann nimmt der Stadtberge­r an der Querfeldei­n WM in Luxemburg teil.
Foto: Ulrich Wagner Radzubehör ohne Ende: Im Keller bringt Tim Wollenberg sein Gefährt auf Vordermann. Am Wochenende soll es im Top Zustand sein, dann nimmt der Stadtberge­r an der Querfeldei­n WM in Luxemburg teil.

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