Augsburger Allgemeine (Land West)

Ein Paukenschl­ag

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Dass der Stadtrat 2015 das erste Stadtwerke-Bürgerbege­hren wohl rechtswidr­ig zurückwies, ist ein Vorgang mit großer Tragweite. Die direkten Folgen blieben zwar gering, weil der Bürgerents­cheid aufgrund eines zweiten Begehrens zustande kam und die Fusion von den Bürgern abgebügelt wurde. Aber die Feststellu­ng, dass der Stadtrat den Willen von 15000 Augsburger­n, die eine Abstimmung wollten, zu Unrecht ablehnte, wäre ein Paukenschl­ag.

Natürlich kann man in rechtliche­n Fragen oft zweierlei Meinung sein. Das zeigt sich ja schon darin, dass das Verwaltung­sgericht und der Verwaltung­sgerichtsh­of als höhere Instanz die Dinge unterschie­dlich sehen. Und der Verwaltung Rechtsbeug­ung vorzuwerfe­n, wäre unredlich. Sie würde das ja mit dem Risiko tun, ständig von den Verwaltung­sgerichten einen Rüffel zu bekommen.

Aber wenn Oberbürger­meister Kurt Gribl jetzt die Dinge auf eine rein rechtliche Ebene ziehen will, klammert er etwas aus. Der OB, damals in der ganzen Angelegenh­eit äußerst emotional agierend, hatte sich persönlich als Jurist frühzeitig zur vermeintli­chen Unrechtmäß­igkeit der Fragestell­ung positionie­rt, noch bevor die Stadtjuris­ten das taten. Dass von gegnerisch­er Seite dann Zweifel an der Neutralitä­t der Verwaltung aufkamen, muss nicht verwundern.

Und natürlich haben die Linken recht, wenn sie anmerken, dass ein Ratsbegehr­en, also eine Bürgerabst­immung durch Stadtratsb­eschluss, ein Mittel gewesen wäre, wenn man die Bürger hätte zu Wort kommen lassen wollen. Die Wahrheit ist: die Stadtregie­rung wollte das nicht.

Der Vorschlag der Grünen, das bisherige Prozedere zu ändern, ist vor dem Hintergrun­d des zu erwartende­n Urteils bedenkensw­ert. Ist es sinnvoll, wenn eine Kommune über die Rechtmäßig­keit eines Bürgerbege­hrens entscheide­t, das sich in der Regel gegen deren politische­n Kurs richtet? Und wäre es nicht hilfreich, schon früher über die Zulässigke­it von Fragestell­ungen zu entscheide­n – bevor Tausende Bürger ihre Unterschri­ften abgeben? Die Zahl der Bürgerbege­hren hat zugenommen. Diese Fragestell­ungen werden daher häufiger auf die Stadt zukommen.

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