Augsburger Allgemeine (Land West)
Milchpreis lässt Bauern keine Luft
Interview Die BDM-Kreisvorsitzende Wally Meitinger weiß, was Landwirten jetzt helfen kann. Ihre Prognose für 2017 ist allerdings nicht gerade rosig
Landkreis Augsburg/Berlin Sie ist die Bühne für die Landwirtschaft und gleichzeitig ein Schaufenster für Verbraucher: die Grüne Woche in Berlin. Tierschutz ist in diesem Jahr ein zentrales Thema der weltgrößten Messe für Ernährung, Landwirtschaft und Gartenbau. Für Landwirte wie Wally Meitinger aus dem Dinkelscherber Ortsteil Ried, die den Bund Deutscher Milchviehhalter im Landkreis vertritt, geht der Schwerpunkt an den eigentlichen Problemen vorbei.
Auf der Grünen Woche wird über das Tierwohl diskutiert oder auch die Ressource Wasser in den Fokus gerückt. Ist das Ihrer Meinung nach gerechtfertigt? Wally Meitinger: Wie wollen wir als Tierhalter denn noch Wasser einsparen? Hierzulande ist Wasser vergleichsweise teuer, da wird doch niemand unsinnig Wasser verbrauchen.
Wo drückt der Schuh dann?
Meitinger: Uns plagen die Löcher, die sich durch die monatelangen schlechten Milchpreise aufgetan haben. Der momentane Milchpreis kann bei Weitem nicht das ausgleichen, was wir 2016 verloren haben.
Was ist der aktuelle Auszahlungspreis?
Meitinger: 30 bis 32 Cent sind es im Durchschnitt.
Reicht das nicht aus? Meitinger: Damit können wir keine Löcher stopfen, geschweige denn etwas investieren. Wir bräuchten über längere Zeit einen ganz anderen Preis. Es müsste auf jeden Fall ein Betrag über 40 Cent sein. Mit den 30 bis 32 Cent lassen sich übrigens auch keine Reparaturen bezahlen oder Schulden begleichen.
Schulden? Meitinger: Ich kenne genügend Fälle von Kollegen, die wegen der Milchpreiskrise Kredite aufnehmen mussten. Das waren auch Betriebe, die nach außen hin sehr gesund wirkten. Von Banken weiß ich, dass auch vie-
le kurzfristige Kredite ausgezahlt wurden.
Am Rande der Grünen Woche gab es Demonstrationen, bei denen darauf aufmerksam gemacht wurde, dass internationale Konzerne die weltweite Nahrungsmittelproduktion dominieren. Bekommen das Bauern auch im Landkreis zu spüren?
Meitinger: Es gibt Großkonzerne, die zum Beispiel deutschlandweit gleiche Milchpreise auszahlen wollen. Die sehen aber nicht, dass im Norden viel günstiger produziert werden kann als im Süden. Noch
dazu haben wir hier eine viel bessere Wertschätzung. Ein anderes Thema ist das Tierwohl. Eine große Molkerei will unter diesem Label jetzt Milch verkaufen. Wie ich erfahren habe, wird den Landwirten genau vorgeschrieben, was sie wie zu machen haben. Die Kollegen begeben sich damit in eine schwierige Abhängigkeit: Erfüllen sie ein Kriterium mal nicht, fliegen sie raus. Ich habe das Gefühl, dass das viele Kollegen noch nicht begriffen haben.
Wie sieht die Prognose für dieses Jahr aus. Was wird passieren?
Meitinger: Der Milchpreis wird sich wahrscheinlich nicht mehr viel bewegen. Klar ist aber: Es wird schon wieder zu viel Milch produziert.
Was halten sie vom Vorstoß von Bundesumweltministerin Barbara Hendricks, die die gesamte EU-Landwirtschaftspolitik grundlegend verändern möchte? Sie hat mehr die Qualität statt der Quantität im Sinn. Geht es nach ihr, dann bekommen Bauern künftig nur noch Beihilfen, wenn sie auch Aufgaben für die Gesellschaft erfüllen – etwa im Landschafts-, Natur-, Tier- und Artenschutz.
Meitinger: Frau Hendricks hat sehr gute Ansätze. Trotzdem gibt es Betriebe in Schwaben, die durch ihre Ideen ins Hintertreffen geraten könnten: Etwa Betriebe im Allgäu, die Anbindehaltung haben und gar nicht umstellen könnten. Mir ist es ein Anliegen, dass auch den kleinen und mittleren Betrieben geholfen wird.