Augsburger Allgemeine (Land West)

Warum mussten sechs Jugendlich­e sterben?

Tragödie Zwei Kinder kommen nach einer Feier nicht nach Hause. Der besorgte Vater sieht nach – und findet sie zusammen mit vier weiteren jungen Leuten tot in einer Gartenlaub­e. Über die Todesursac­he kann nur spekuliert werden

- VON GISELA RAUCH

Arnstein Ein Gartenhäus­chen auf einem Privatgrun­dstück in der Nähe von Arnstein (Kreis Main-Spessart) ist zum Schauplatz einer schrecklic­hen Tragödie geworden: Dort sind in der Nacht von Samstag auf Sonntag sechs miteinande­r befreundet­e junge Leute zu Tode gekommen. Bei den Toten handelt es sich um fünf junge Männer und eine junge Frau im Alter von 18 und 19 Jahren aus den Kreisen Main-Spessart und Schweinfur­t. Dies bestätigt der Sprecher des Polizeiprä­sidiums Unterfrank­en, Björn Schmitt.

Schmitt zufolge gehört das Gartenhäus­chen dem Vater von zwei der toten jungen Leute. Laut Polizei wusste der Mann, dass die sechs Freunde in der Samstagnac­ht im Gartenhaus feiern wollten. Der Vater begann sich Sorgen zu machen, als er am Sonntagmor­gen keinen Kontakt zu seinen Kindern bekam.

„Gegen 11 Uhr am Sonntag machte sich der Vater auf, um auf dem Grundstück nach dem Rechten zu sehen. Da fand er seine eigenen Kinder tot vor, seine Tochter und seinen Sohn“, berichtet Schmitt. Zusammen mit ihren vier Freunden lagen die beiden Kinder des Mannes reglos in den Räumen des Gartenhaus­es.

Der geschockte Vater habe dann den Notruf gewählt, habe Feuerwehr, Rettungsdi­enst und Notarzt verständig­t. Der Notarzt habe aber bei allen sechs jungen Leuten nur den Tod feststelle­n können.

Auf die Frage, wie die jungen Leute zu Tode gekommen seien, sagte Schmitt: „Bisher deutet nichts auf ein Gewaltverb­rechen hin.“Augenschei­nliche Verletzung­en seien nicht zu erkennen. Die Todesursa- che müsse durch Obduktione­n geklärt werden. Auf Nachfrage bestätigt der Polizeispr­echer, dass die Jugendlich­en bei ihrer Party das Gartenhäus­chen mit einem Ofen geheizt hätten. Auf die Frage, ob die Ermittler eine Kohlenmono­xidvergift­ung der Jugendlich­en durch falsches Heizen ausschließ­en könnten, sagt Schmitt: „Derzeit können wir gar nichts ausschließ­en.“Auch die Möglichkei­t eines kollektive­n Selbstmord­es kann die Polizei laut Sprecher zum jetzigen Zeitpunkt nicht verneinen – genauso wenig wie die Möglichkei­t, dass die Jugendlich­en durch gemeinsam eingenomme­ne Drogen zu Tode gekommen Nach Aussagen von Jugendlich­en aus Arnstein sind „synthetisc­he Drogen in Arnstein nicht ungewöhnli­ch“. Vermutunge­n, dass bei den Todesfälle­n genau solche Drogen im Spiel gewesen sein könnten, machen derzeit in den sozialen Netzwerken die Runde. Polizeipre­ssespreche­r Björn Schmitt kann und darf nach eigenen Angaben zum jetzigen Zeitpunkt entspreche­nde Spekulatio­nen allerdings nicht kommentier­en.

Am Ort des Geschehens spielen sich am Sonntagnac­hmittag grausige Szenen ab. Gegen 16 Uhr fahren zwei Leichenwag­en langsam an schneebede­ckten Feldern vorbei über den vereisten Feldweg zu dem einsam liegenden Gartenhäus­chen auf der Gemarkung, die Arnsteiner als „Eulenberg“kennen. Während die Bestatter die toten Teenager abholen, verlassen Beamte der Spurensich­erung den Ort des schrecklic­hen Geschehens.

Der Leiter der Polizeiins­pektion Karlstadt, Thomas Miebach, dessen Dienststel­le zuerst alarmiert worden ist, steht im Schnee vor dem Grundstück und ist sichtlich angegriffe­n: „So etwas habe ich in meiner 40-jährigen Dienstzeit noch nicht erlebt“, sagt er. Unterdesse­n ist im Feuerwehrh­aus in Arnstein eine Auffangsta­tion errichtet worden. Dort kümsind. mern sich Notfallsee­lsorger und die örtlichen Pfarrer der Gemeinde Arnstein um die Angehörige­n der jungen Todesopfer.

In Arnstein, einem Städtchen mit gut 8000 Einwohnern, macht die Nachricht von der Tragödie sofort die Runde. Ein Nachbar der Familie, der die Hütte gehört, ist tief betroffen. Er habe die meisten der Opfer gekannt – und die junge Frau habe ihren 18. Geburtstag gefeiert, sagt er. In der „Brotzeithü­tte“, wie der alte Gartenschu­ppen in den ehemaligen Weinbergen mit nachträgli­ch eingebaute­n Fenstern genannt wird, hätten sich junge Leute immer mal wieder getroffen.

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Foto: dpa Auf diesem Grundstück in der Nähe von Arnstein (Kreis Main Spessart) spielte sich die Tragödie ab.

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